Senec will gedrosselte Leistung der Speicher in nächsten Tagen auf altes Niveau zurückbringen

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Die Wiederinbetriebnahme der in Stand-by versetzten Photovoltaik-Heimspeicher von Senec läuft. Nach Angaben des Leipziger Unternehmens sind die meisten Systeme wieder 100 Prozent nutzbar. Doch nach dem letzten Bericht im pv magazine meldeten sich unzählige Senec-Kunden, die mehr als unzufrieden mit dem jetzigen Zustand ihrer Speicher sind – denn Lade- und Entladeleistung stehen ihnen nur sehr eingeschränkt zur Verfügung.

Nicht wenige Kunden von Senec fürchten, dass der Hersteller die Wiederinbetriebnahme für abgeschlossen hält, obwohl die Systeme noch weit entfernt vom Zustand vor der Fernabschaltung sind. Aktuell können die Speicher nur zu 100 Prozent geladen werden, weil die Tage so lang sind, was Senec auch einräumt. An einer Erhöhung der Lade- und Entladeleistung werde kontinuierlich weitergearbeitet, betonte das Unternehmen am Mittwoch. „Durch sukzessive Software-Updates wird die Leistung wieder auf das bekannte ursprüngliche Niveau gebracht. Zusätzlich unterstützen wir mit der neuen Optimierung des Ladeverhaltens die Lebensdauer der Batteriezellen maßgeblich“, heißt es bei Senec. Wann genau die Speicher wieder ihre alte Leistungsfähigkeit erreichen, kann noch niemand genau sagen. Doch für viele Betreiber solle dies bereits in den nächsten Tagen der Fall sein, verspricht Senec.

Dazu kommt die tägliche Konditionierung der Batterien, die aktuell vormittags stattfindet und währenddessen die Systeme nicht geladen werden können. „Unser Plan ist, diese wichtige Batterieoptimierung in für die Kunden idealere Zeiten zu verlegen und zu verkürzen. Auch um dieses Thema kümmern wir uns zurzeit mit Hochdruck“, sagt Aurelie Alemany, CEO von Senec.

Viele Senec-Kunden wandten sich wegen der aktuellen Leistungsdrosselung beim Be- und Entladen der Heimspeicher auch direkt an pv magazine. Exemplarisch ein Szenario, was uns erreichte. Der Heimspeicher sei vor der Fernabschaltung in etwa fünf Stunden voll beladen gewesen, aktuell brauche es dafür acht bis neun Stunden, schreibt der Betreiber. Das Entladen wiederum sei nach dem Wiederanfahren der Speicher so schlecht, dass kaum noch Energie aus dem voll geladenen Batteriespeicher komme.

Konkret gibt der Betreiber an: „Ich habe einen 5 Kilowattstunden Akku. Dieser soll mit einer Leistung von bis zu 1.250 Watt laden und 2.500 Watt entladen. Bis März 2022 wurde der Akku von 0 bis 90 Prozent mit 1.250 Watt geladen, danach nahm die Ladeleistung bis zum Erreichen der 100 Prozent ab. Beim Entladen standen von 100 bis 10 Prozent die volle Entladeleistung an. Unterhalb von 10 Prozent lässt sich die Leistung nicht mehr genau beschreiben.“ Dann kam die Versetzung des Systems in Stand-by. „Seit letzter Woche lädt der Akku bis circa 55 Prozent mit den angegeben 1.250 Watt; von 55 bis 65 Prozent mit circa 650 Watt und zwischen 65 und 90 Prozent mit 450 Watt. Die letzten 10 Prozent werden mit abnehmende Ladekurve geladen. Entladen kann man bis circa 70 Prozent nur mit 900 Watt; von 70 bis 50 Prozent mit circa 1.300 Watt und unterhalb von 50 Prozent wieder mit den angegeben 2.500 Watt“, beschreibt der Senec-Kunde den aktuellen Zustand seines im kühlen Keller stehenden Systems. Die Gefahr einer Überhitzung der Batteriezellen, mit dem die gedrosselte Leistung der Speichersysteme begründet wird, sieht er nicht.

Johannes Weniger, Forscher an der HTW Berlin und Mitautor der alljährlichen Stromspeicher-Inspektion, hat sich bereits in der Vergangenheit mit dem Thema „Verluste durch limitierte Batteriewechselrichterleistung“ befasst. Nach seiner Einschätzung waren die Lade- und Entladeleistung der Senec-Systeme laut Datenblättern schon vor der Fernabschaltung sehr gering. „Bei Standardhaushalten ohne elektrische Großverbraucher gehen bei maximalen Batterieleistungen von unter 1 Kilowatt gegenüber dem Optimum mindestens 10 Prozent verloren. Der Batteriespeicher gibt also mindestens 10 Prozent weniger Energie ab, als dies im unlimitierten Betrieb der Fall wäre“, sagt Weniger.

Wenn der Speicher größer sei und üblicherweise im Sommerhalbjahr nachts nicht komplett entladen werde, seien die Verluste auch noch höher. „Der Energiedurchsatz durch den Batteriespeicher wird bei einer maximalen Ladeleistung und Entladeleistung von unter einem Kilowatt also stark beeinträchtigt“, erklärt der HTW-Berlin-Forscher.

Den aktuellen Ärger der Senec-Kunden kann auch Rechtsanwalt Andreas Kleefisch nachvollziehen. Es sei ja für viele Käufer schon ein Ärgernis, wenn sie nach dem Kauf eines 10-Kilowattstunden-Speichers im Datenblatt feststellen müssen, dass sie in Wahrheit nur vier bis fünf Kilowatt „netto“ haben. Nun mit der offenbar gedrosselten Leistung stehe den Kunden nicht mal mehr das zur Verfügung. Kleefisch bringt es mit einem Vergleich auf den Punkt: „Stellen Sie sich vor, sie kaufen sich einen Sportwagen. Und dann sagt der Hersteller, bitte fahren Sie nur maximal 30 Kilometer pro Stunde! Dann müssen Sie nicht so viel bremsen und die Bremsbeläge halten einfach länger und sie können das Auto länger nutzen.“

Der Rechtsanwalt von der Kanzlei Baumeister Rechtsanwälte Partnerschaft sieht zwei Optionen für die Kunden von Senec. „Die Kunden können gegenüber ihrem direkten Vertragspartner einen Mangel wegen Abweichung von der Beschaffenheitsvereinbarung geltend machen“, sagt er. Dabei verweist Kleefisch auf die üblicherweise bestehenden fünf Jahre Gewährleistung, in denen sich die meisten der betroffenen Kunden befänden. Bis zum Ablauf dieses Zeitraums kann der Betreiber gegen den Lieferanten, also in der Regel einen Senec-Fachpartner, wegen der Mängel Ansprüche stellen. Die Verkäufer der Speicher sollten dann gegebenenfalls gemeinsam gegen Senec vorgehen, um die Situation für die Kunden zu verbessern, so ein Rat von Kleefisch.

Einige Senec-Speicherbetreiber scheinen diesen Weg bereits gegangen zu sein. Dies bestätigt Mathias Hammer, seines Zeichens Gründer von Senec und mittlerweile Generalbevollmächtigter von Energiekonzepte Deutschland (EKD). Der Installationsbetrieb verbaut bei seinen Kunden vornehmlich Senec-Speicher zu den Photovoltaik-Anlagen und dies habe sich auch nach den Zwischenfällen im März nicht geändert. „Ich weiß aus sicherer Quelle, dass Senec in Kürze das Hauptladefenster wieder hochsetzen wird und die nach Datenblatt zugesagten Lade- und Entladeleistungen bei den Speichern wieder erreicht werden“, bestätigt auch er die Angaben des Leipziger Unternehmens. Nach seinen Erfahrungen sei die überwiegende Mehrheit der Kunden mit dem aktuellen Vorgehen von Senec einverstanden. Ihnen sei die Sicherheit momentan wichtiger als die schnelle Rückkehr der Systeme zum Normalbetrieb, so Hammer weiter.

Neben der individuellen Klage wegen der Beschaffenheitsvereinbarung hält Rechtsanwalt Andreas Kleefisch als zweite Option eine Musterfeststellungsklage gegen Senec für den besseren Weg, wenn das alte Leistungsniveau bei den Speichersystemen nicht wieder erreicht werde. Sören Demandt von der Verbraucherzentrale NRW bestätigt pv magazine, es gebe diesbezüglich interne Abstimmungen, ob man diesen Weg gehe. Final entschieden sei es aktuell noch nicht.

Wenngleich die meisten, so sind doch noch nicht alle Speichersysteme komplett wieder in Betrieb. Von den Speichern in Stand-by gehe keine Gefahr für die Betreiber aus, beruhigt Alemany. Dass die Speicher noch in Fernabschaltung sind, heiße auch nicht, dass diese zwingend defekt sind. Hier braucht Senec einfach noch mehr Zeit für die Prüfungen. Zudem habe der Hersteller vereinzelte Speicher identifiziert, bei denen ein Modultausch erforderlich sein wird.  Mit diesem Austausch hat Senec nach eigenen Angaben bereits begonnen. Dieser Vorgang könne jedoch etwas andauern.

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