Deutschland reduziert Abhängigkeit von russischen Öl- und Kohlelieferungen „mit hohem Tempo“ bei Öl und Kohle – nur beim Gas klemmt es noch

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs vor rund einem Monat viel unternommen, um Alternativen zu russischen Energielieferungen zu eröffnen. Am eindrücklichste dabei wahrscheinlich sein Besuch bei den Scheichs in Katar, mit denen er eine Einigung über LNG-Lieferungen nach Deutschland erzielte. Am Freitag nun veröffentlichte das Ministerium den aktuellen „Fortschrittsbericht Energiesicherheit“, in dem die Anstrengungen dokumentiert sind.

Erste wichtige Etappenziele sind erreicht, um uns aus dem Klammergriff der russischen Importe zu lösen“, sagte Habeck zur Veröffentlichung. Es geht darum, die Versorgung auf eine breitere Basis zu stellen. Dies sei vor allem bei Öl und Kohle bereits gelungen. „Unternehmen lassen Verträge mit russischen Lieferanten auslaufen, verlängern sie nicht und stellen auf andere Lieferanten um. Und das in einem Wahnsinns-Tempo“, so seine Einschätzung. Mit den Vertragsumstellungen werde die Abhängigkeit von russischen Öllieferungen in absehbarer Zeit auf etwa 25 Prozent gesenkt. Bis zur Jahresmitte sei eine Halbierung der russischen Ölimporte nach Deutschland angestrebt, bis zum Jahresende dann auf nahezu null.

Ähnlich hoch sei das Tempo bei der Kohle. Die Unternehmen hätten ihre Verträge neu auf- und umgestellt. Bereits in den nächsten Wochen sinke so die Abhängigkeit von 50 auf 25 Prozent, der die neuen Verträge bereits ab April schrittweise wirksam würden. Bis zum Frühsommer würden ein Großteil der Kraftwerksbetreiber gänzlich auf russische Steinkohle-Lieferungen verzichten und ab Herbst komplett unabhängig sein.

Die Umstellung bei der Gasversorgung sei hingegen „anspruchsvoll“, doch auch diesbezüglich gebe es Fortschritte. Nach dem Bericht lag der Anteil der russischen Gaslieferungen in der Vergangenheit durchschnittlich bei 55 Prozent. Zum Ende des ersten Quartals sei er auf 40 Prozent gesunken. „Es liegt noch ein Weg vor uns und wir werden den Abschied von russischem Gas nur mit einem gemeinsamen Kraftakt schaffen – Bund, Länder, Kommunen, Unternehmen und private Haushalte zusammen“, erklärte Habeck.

Es gelte, auf einen Mix aus Maßnahmen zu setzen. „Es braucht den Ausbau der Erneuerbaren, die konsequente Senkung des Verbrauchs auf allen Ebenen, Diversifizierung und den schnellen Hochlauf von Wasserstoff“, so der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz weiter. Dann könnte der Anteil russischem Gas bis Sommer 2024 auf zehn Prozent gesenkt werden. Die Bundesregierung unternehme „alles“ dafür. Habeck verwies dazu unter anderem auf ein geplantes, groß angelegtes Energieeffizienzprogramm. Zudem sollen ab 2024 alle neu eingebauten Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Verhandlungen zu drei schwimmenden LNG-Terminals mit Uniper und RWE befänden sich ebenfalls auf der Zielgeraden. Die Bundesregierung suche derzeit noch nach geeigneten Standorten in Nord- und Ostsee, die bereits im kommenden Winter genutzt werden könnten.

Diskussionen, ein Embargo für russische Energielieferungen zu verhängen, erteilte Habeck aktuell eine Absage. „Wir gehen konsequent voran und wägen zugleich besonnen ab. Auch wenn wir unabhängiger von russischen Importen werden, ist es für ein Energieembargo zum jetzigen Zeitpunkt zu früh“, so Habeck. „Noch wären die ökonomischen und sozialen Folgen zu gravierend. Aber jeder Liefervertrag, der beendet wird, schadet Putin.“

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