Wie viel Photovoltaik braucht Deutschland, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen. Auf diese Frage gibt es unterschiedliche Antworten, doch weitgehende Einigkeit: Der Zubau muss schnell beschleunigt und deutlich erhöht werden. Die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat so schon einmal das bisher geltende Ausbauziel auf 200 Gigawatt bis 2030 verdoppelt. Damit müssten in den kommenden neun Jahren etwa 16 Gigawatt Photovoltaik jährlich brutto neu installiert werden, was nahezu eine Verdreifachung des für dieses Jahr zu erwartenden Ausbaus entspricht.
Nach einer am Dienstag erschienen Studie „Solarstromausbau für den Klimaschutz“ der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin wird dies aber bei weitem nicht ausreichen, um den 1,5-Grad-Pfad der Pariser Klimaziele zu erreichen. Die Berliner Forscher sehen die Notwendigkeit, den Photovoltaik-Zubau in den nächsten sechs Jahren auf mindestens 45 Gigawatt jährlich zu heben. Bereits bis 2030 müsste Deutschland eine installierte Photovoltaik-Leistung von 400 Gigawatt erreichen, wie Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin und Mitautor der Studie, erklärt. Bis 2035 müssten dann mindestens 590 Gigawatt installiert sein, um die Klimaziele noch zu erreichen. Sie wären dann die Grundlage für eine dann notwendige CO2-neutrale Energieversorgung in Deutschland. Verglichen mit der aktuell installierten Leistung entspricht das einer Verzehnfachung bis 2035.
Doch nicht nur für Photovoltaik, sondern auf für Windkraft an Land und auf See halten die Berliner Wissenschaftler einen wesentlich stärkeren Ausbau für notwendig. Er müsse bis 2035 auf 200 Gigawatt onshore und 70 Gigawatt offshore gesteigert werden. Auch in diesem Punkt seien die Ziele der neuen Ampel-Koalition unzureichend. Zugleich sei klar, dass die Energiewende ohne grünen Wasserstoff nicht zu realisieren sei. Gerade mit Blick auf die CO2-neutrale Energieversorgung sei eine rasche Elektrifizierung des Verkehrs- und Wärmesektors unumgänglich, so die Forscher. Sie fordern daher ein Verkaufsverbot für neue Benzin- und Dieselautos sowie Öl- und Gasheizungen ab 2025.
Je länger Verbrennungsmotoren genutzt und Gebäude fossil beheizt würden, umso höher werde der Bedarf an grünem Wasserstoff sein. In der Studie nehmen die HTW-Wissenschaftler an, dass 31 Millionen Elektroautos über deutsche Straße im Jahr 2035 rollen und 12 Millionen Wärmepumpen installiert sind. Sie gehen auch davon aus, dass der Importanteil von grünem Wasserstoff bei 60 Prozent 2035 liegen wird. Zudem müsse es eine intelligente Verknüpfung der Sektoren geben sowie viele effiziente Kurzzeitspeicher, die gemeinsam mit wasserstoffbasierten Langzeitspeichern eine stabile Energieversorgung garantieren.
Ausbildungsoffensive erforderlich
Den HTW-Forschern ist auch klar, dass ein Markthochlauf auf 45 Gigawatt Photovoltaik jährlich von zahlreichen Rahmenbedingungen abhängig ist. Neben dem Abbau von bürokratischen Hürden müsse sich die neue Bundesregierung auf die Qualifizierung von Fachkräften fokussieren. „Allein in der Photovoltaik-Branche erwarten wir mehr als 250 000 Arbeitsplätze. Um einem massiven Fachkräftemangel vorzubeugen, muss die Regierung umgehend eine breit angelegte Ausbildungsoffensive starten“, forderte Quaschning. Die Wissenschaftler haben dabei angenommen, dass jährlich 170 Vollzeitäquivalente für die Wartung je Gigawatt bestehender Photovoltaik-Anlagen gebraucht würden sowie etwa 4100 pro Gigawatt beim Zubau sowie etwa 1700 je Gigawatt für die Herstellung der Photovoltaik-Komponenten.
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Gelesen! Was mich wundert, ist die undifferenzierte Behandlung von Photovoltaik, während immerhin die Windkraft nach On- und Offshore unterschieden wird. Gerade wenn es um Lebensdauer, Fachkräftebedarf für Bau-Betrieb-Wartung-Recycling, Vollaststunden, Kosten / KWp geht, wünsche ich mir eine saubere Differenzierung nach PV-Dach und PV-Freifläche. Die PV-Freifläche würde ich noch weiter unterscheiden:
Oberbegriff PV-Freifläche-Süd (Standard: fest aufgeständert, Südausrichtung. 1.100 Megawattpeak je Hektar, Installations-Kosten unter 500 Euro je Kilowattpeak, Lebensdauer prinzipiell unendlich, Kosten des grünen Energie für die Abschreibungsdauer 4 Cent / Kilowattstunden, danach unter 2 Cent / Kilowattstunde, Volllaststunden 1.000 / Jahr),
Subsegment: Biodiv-PV (Erhöhung der Artenvielfalt plus Stromerzeugng, PV-Freifläche-Süd, festaufgeständert, 20 cm höher aufgeständert, Reihenabstand so groß, dass mindestens 2,5 M besonnte Streifen im Sommerhalbjahr zwischen 9 und 15 Uhr vorhanden sind, 1.000 Megawattpeak je Hektar, Installations-Kosten ca. 500 Euro je Kilowattpeak, Lebensdauer prinzipiell unendlich, Kosten des grünen Energie für die Abschreibungsdauer 4,5 Cent / Kilowattstunden, danach unter 2 Cent / Kilowattstunde, Volllaststunden 1.000 / Jahr) (Details: http://www.gemeinsameinfachmachen.de )
Subsegment: Agri-PV (Landwirtschaftliche Produktion im Vordergrund plus Stromerzeugung), aufgrund der Abhängigkeit von der zu berücksichtigenden Fruchtart keine Standardlösung, sondern sehr individuell zu betrachten. Aufgrund von ökologischen und ökonomischen Betrachten eigentlich völlig sinnlos. Eigentlich müsste man Agri-PV unter Experimental-Photovoltaik wie z.B auch Floating-PV einordnen.
Die vermissten Hauptunterschiede zwischen DACH-PV und Freiflächen-PV:
– Dach PV Stromkosten ca. 50-100 % teurer (dauerhaft!)
– Dach PV Lebensdauer einer Anlage max. 30-40 Jahre (Abhängig von der Lebensdauer der Dachkonstruktion), PV – Freifläche prinzipiell unbegrenzt („Kraftwerke werden solange betrieben, wie sie sich lohnen“)
– Fachkräftebedarf je Kilowattpeak PV Dach ca. 15 mal höher als bei PV-Freifläche
Es stellt sich also die Frage: Warum differenziert die Studie nicht genauer?
Klar ist, dass der Koalitionsvertrag alleine nicht den Weg zur Erfüllung des Pariser Abkommens bis 2030 liefert.
Man muss sich aber auch vergegenwärtigen, dass die von der neuen Koalition geplanten 15GW PV pro Jahr etwa einer Verdreifachung des gegenwärtigen Niveaus darstellen – auch das zu stemmen wird eine gewaltige Herausforderung sein.
Aufgrund der zu erwartenden Verbrauchssteigerung durch mehr Elektromobilität, zunehmenden Einsatz von Wärmepumpen und die Verwendung von Strom in der Chemie und Stahlindustrie werden wir beides brauchen, Dach- und Freiflächenanlagen. Da macht es wenig Sinn, abzuwägen und diese beiden Alternativen gegeneinander auszuspielen.
Als Betreiber einer Dachanlage mache ich doch heute schon die Erfahrung, dass jedes kW mir auf der jährlichen Stromrechnung bares Geld spart, auch wenn die Anlage mehr gekostet hat. Im übrigen ist die Fläche auf den Gebäuden doch bereits vorhanden und bietet sich durch die kurzen Wege und somit geringeren Leitungsverluste zwischen Erzeuger und Verbraucher geradezu an.
Was ich ebenfalls als großen Störfaktor empfinde ist dieser ganze Regulierungswahn.
Etwa die 70-Prozentregel die verhindern soll, dass von den Dachanlagen zu viel Strom ins Netz gelangt, wobei dieses Problem bislang überhaupt nicht zum tragen kommt. Bei so wenigen Anlagen, wie es vielerorts der Fall ist, würde es reichen, das Vorhandensein dieser Möglichkeit für die Zukunft vorzuschreiben. Die modernen Wechselrichter sind eh praktisch alle dafür vorbereitet.
Oder etwa die kWp- Grenzen die gefühlt alle Nase lang geändert werden. Die alte 10kW- Regel etwa ab der man bis vor kurzem EEG-Umlage auf selbst verbrauchten Strom entrichten musste, jetzt ab 30kW, gilt aber nicht für die Umsatzsteuererklärung, die muss weiter ab 10kW abgegeben werden.
Dabei dürfte der Aufwand in Form der erforderlichen Finanzbeamten die möglichen Einnahmen bei weitem übersteigen, da solche Anlagen vornehmlich für den Eigenverbrauch genutzt werden.
Die Grenze für die 70-Prozentregel, ehemals 10kWp, neu 25kWp, warum nicht auch hier 30kWp fragt man sich.
Meines Erachtens hat dieser ganze Wirrwarr nur dazu beigetragen, die Menschen zu verunsichern und sie davon abgehalten, ihre Dächer vollzupacken.
Betrachtet man die hier aufgeführten, für die Energiewende notwendigen Ausbauzahlen, kann man doch nur zu der Erkenntnis kommen, dass dieser Dschungel mal gründlich ausgelichtet werden muss.
Thomas aus Marl sagt:
Meines Erachtens hat dieser ganze Wirrwarr nur dazu beigetragen, die Menschen zu verunsichern und sie davon abgehalten, ihre Dächer vollzupacken.
@ Thomas aus Marl.
So ist die Energiewende schon seit Beginn an konzipiert.
Schauen Sie mal das Folgende, . https://www.sfv.de/sob98440
Abwehraspekte grüner Angebote
Auszug aus: Zeitschrift für Energiewirtschaft, Heft 1/98; S. 59: „Green Pricing: kundenorientierte Angebote in der Elektrizitätswirtschaft“ von Thyge Weller
]In erster Linie, wenn auch weniger stark öffentlich verkündet, sind indes unternehmenspolitische Zielsetzungen entscheidend für die Initiatoren Grüner Angebote.
Schließlich ist nicht zu übersehen, daß in einem Grünen Angebot durchaus auch Abwehr-Aspekte enthalten sein können: in diesen Fällen wird das Gegenteil dessen angestrebt, was vordergründig als Ziel vorgegeben ist. Vergleichbar mit dem Konzept industrieller Selbstverpflichtung soll ein solches Grünes Angebot im Einzelfall weitergehende staatliche Vorschriften zur Förderung erneuerbarer Energien verhindern helfen oder dem gesellschaftlichen Druck etwa zur Einführung kostendeckender Vergütung entgegenwirken. Ferner können derartige Abwehr-Projekte daraufhin konzipiert werden, daß dem Kunden die Beschränkungen (Kosten, Verfügbarkeit etc.) der erneuerbaren Energien deutlich werden und damit die Notwendigkeit einer fossil-nuklearen Erzeugung betont wird.[…]“
Anmerkung der Redaktion: Konkret formuliert. Sicher ausgesprochen. Entlarvung pur! Zitat Ende.
Das habe ich mit eigenen Augen 1998 in dem Fachblatt der konventionellen Energiewirtschaft gelesen, wurde in einem Solarbrief des Solarförderverein in Aachen, wiedergegeben, und in deren Archiv aufgehoben.