Öko-Institut empfiehlt beim Netzausbau stärkeren Fokus auf Optimierung bestehender und neuer Leitungen

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Nicht der Rechtsrahmen, sondern die Praxis der Netzbetreiber müsse sich ändern, um das Stromnetz für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren zu rüsten. Das empfiehlt das Öko-Institut in einem Policy Brief zum Netzausbau.

Die Fachleute raten dazu, die bestehende Struktur bei den Abläufen der Netzausbauplanung unangetastet zu lassen. Eine Änderung des rechtlichen Rahmens würde Zeit kosten, die beim Netzausbau aber fehle. Stattdessen gelte es, das Netz besser auszulasten. „Neubauprojekte als auch das bestehende Netz müssen höchsten technischen Anforderungen genügen, damit möglichst viel Strom in möglichst wenig Leitung passt – um es mal herunterzubrechen“, sagt Silvia Schütte, Projektleiterin am Öko-Institut.

Potenzial sehen die Experten des Öko-Instituts zum Beispiel in der Einführung eines Echtzeit-Erfassungssystems des Netzzustands. Damit könnte die Sicherheitsmarge auf die maximale Übertragungsfähigkeit einer Leitung reduziert und eine höhere Auslastung zugelassen werden. Für die Realisierung dieser „reaktiven Betriebsführung“ müssten die Netzbetreiber die Leitwarten modernisieren. Auch das Monitoring der Witterungsbedingungen auf den Leitungen („Witterungsabhängiges Leiterseilmonitoring“) erlaube, Wind oder kühlere Lufttemperaturen vorausgesetzt, eine höhere Auslastung.

Eine weitere Möglichkeit, das Stromnetz besser auszulasten, sieht das Öko-Institut in einer aktiven Steuerung der Stromflüsse durch Phasenschiebertransformatoren. Sie machen es möglich, bisher wenig ausgelastete Leitungen höher zu belasten. Auch stünden moderne Technologien wie temporär einsetzbare, per Lkw bewegliche statisch-synchronen Serienkompensatoren zur Verfügung, die bei der Ausbauplanung in Betracht gezogen werden sollten.

Franziska Flachsbarth, Energieexpertin am Öko-Institut, verweist jedoch darauf, dass den deutschen Netzbetreibern der ökonomische Anreiz fehle, Technologien zur Höherauslastung des Stromnetzes einzusetzen. „Dabei läge hier ein enormes Potenzial, deutlich mehr Strom in bestehenden Stromleitungen zu transportieren.“

Bessere Bürgerbeteiligung

Nach Ansicht der Experten des Öko-Instituts hat die Bürgerbeteiligung am Netzausbau in seiner derzeitigen Form Schwächen. Häufig fänden lediglich reine Informationsveranstaltungen statt, die wenig Raum für echte Beteiligung böten. Zudem seien diese oft zu spät im Prozess angesetzt. Anregungen könnten dann nicht mehr aufgegriffen werden.

Das Öko-Institut schlägt hier konkrete Verbesserungen vor. So sollte mit den aufwendigen Netzberechnungen erst gestartet werden, nachdem die Eingangsdaten öffentlich diskutiert und gegebenenfalls überarbeitet wurden. Die Ergebnisse der Netzberechnungen durch die Übertragungsnetzbetreiber sollten in einer gesonderten Beteiligungsveranstaltung diskutiert werden.

Zudem plädiert das Öko-Institut dafür, dass bei Veranstaltungen Entscheidungsträger aller beteiligten Akteure – insbesondere von Bundesnetzagentur und von den Übertragungsnetzbetreibern – anwesend sind. So könnten Sachverhalte direkt geklärt werden, ohne dass auf abwesende Parteien verwiesen wird, was heute häufig der Fall sei.

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