Die EEG-Umlage abschaffen, das Unsinnigste und Unwirksamste was zur Eindämmung der aktuell hohen Energiepreise gemacht werden kann

Teilen

Erneut hat der scheidende Wirtschaftsminister Peter Altmaier heute die Abschaffung der EEG Umlage gefordert und das obwohl die EEG-Umlage aufgrund der hohen Erdgas- und Kohlepreisen selbst massiv sinkt. So hat er angekündigt, dass die EEG-Umlage 2022 bei 3,723 Cent je kWh nach 6,5 Cent im Jahr 2021 liegen wird. Neben der teuren konventionellen Stromerzeugung spielen auch die Einzahlungen aus dem Staatshaushalt eine Rolle, sowie die Entlastung, dass frühe EEG-Anlagen mit hoher Vergütung seit 1.1.2021 aus der Modell aussteigen.

Wie immer hat er das begründet als wichtige Maßnahme zur Eindämmung der Energiepreissteigerungen. Genau das war in den letzten Jahren schon falsch und ist erst recht momentan angesichts der massiven Preissteigerung der Energierohstoffe wie Erdgas Erdöl und Kohle eine wirkungslose Forderung.

Die ganze Debatte um die EEG-Umlage hat nur einen Hintergrund: die Besitzstandswahrung der fossilen und atomaren Energiewirtschaft. Sie fürchten seit Jahren einen steilen Ausbau der erneuerbaren Energien, da damit Ihre Geschäftsmodelle massiv gefährdet sind. So haben Sie Kampagnen gefahren, in denen die EEG-Umlage als Sündenbock für steigende Energiepreise dargestellt wurde und daraus wurde ihre Abschaffung gefordert.

In Wirklichkeit ging es Ihnen um das Zurückdrängen der exponenziellen Wachstumsgeschwindigkeiten die das EEG seit 2000 bis etwa 2012 angestoßen hatte. Wäre diese Wachstumsgeschwindigkeit weitergeführt worden, hätte Deutschland längst um 2020 herum 100 Prozent Ökostrom im gesamten Stromnetz verwirklichen können. Ein alles entscheidender Beitrag zum Klimaschutz wäre gelungen.

Dagegen traten die Konzerne der fossilen und atomaren Wirtschaft massiv an und haben im letzten Jahrzehnt unter den verschiedenen Regierungen von Kanzlerin Merkel mit den zuständigen Ministern Gabriel, Rösler und Altmaier willfährige Vollstrecker gefunden.

Schon immer wurde die EEG-Umlage aufgebauscht als hauptsächlicher Energiepreistreiber, was sie aber nie war. So betrugen im Jahre 2019 die Energiekosten für einen typischen Vierpersonenhaushalt circa 370 Euro monatlich. Darin machten die Spritkosten für das Autofahren etwa 134 Euro, die Heizkosten etwa 135 Euro und die Stromkosten „nur“ etwa 100 Euro aus. Die EEG-Umlage innerhalb der Stromkosten betrug etwa 20 Euro. Ein vergleichsweise kleiner Betrag, der aber in allen Debatten aufgebauscht wurde als der alles entscheidende Preistreiber.

Nun sind in den letzten Monaten die weltweiten Rohölpreise stark angestiegen.  Wegen der Corona-Wirtschaftskrise lag der Ölpreis im Oktober 2020 noch bei niedrigen etwa 40 US-Dollar pro Barrel. Er hat sich auf heute über 80 US-Dollar pro Barrel in Jahresfrist in etwa verdoppelt. Daher sind die Spritpreise an den Tankstellen und die Heizölpreise in den Letzten Monaten stark nach oben gestiegen.

Die Erdgaspreise haben sich von Juli 2020 mit 2402  Euro/TJ bis Juli 2021 auf 5931 Euro/TJ binnen Jahresfrist ebenfalls mehr als verdoppelt. Auch die Steinkohleimportpreise sind stark gestiegen. Auf die internationalen Rohstoffpreise für Erdöl, Erdgas und Kohle hat die EEG-Umlage überhaupt keinen Einfluss. Daher ist die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, Klimaschutz mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien wäre der aktuelle Preistreiber vollkommen unhaltbar. Selbst die CO2-Steuer hat einen relativ kleinen Einfluss auf die jüngste Preisentwicklung bei Benzin, Diesel, Heizöl, Heizgas und Strom.

Die Strompreise sind vor allem gestiegen wegen steigenden Erdgas- und Kohlepreisen. Sie haben die Stromerzeugungskosten der konventionellen Kraftwerke nach oben getrieben und damit auch die Börsenstrompreise. Genau diese hohen Börsenstrompreise wirken aber nun preisdämpfend auf die EEG-Umlage.

Die mit der EEG-Novelle 2009 unter Umweltminister Gabriel eingeführte neue Berechnung der EEG-Umlage führte ja zu folgendem Paradoxon: Die billigen Solar- und Windstrommengen an der Strombörse führten zum Verfall der Börsenstrompreise häufig unter 3 Cent/Kilowattstunde. Dies führte zu einem Anstieg der EEG-Umlage auf über 6,5 Cent/Kilowattstunde. Nun ist aber wegen steigender Erdgas- und Kohlepreise der Börsenstrompreis zeitweise auf über 8 Cent/Kilowattstunde gestiegen, was automatisch zur Senkung der EEG-Umlage auf unter 4 Cent/Kilowattstunde führt.

Diese Senkung der EEG-Umlage könnten die Stromversorger nun als Strompreissenkung an die Kunden weitergeben, so wie sie die Strompreise in den letzten Jahren stets mit dem Argument der steigenden EEG-Umlage erhöhten. Doch genau dazu gibt es keine Ankündigung durch Stromversorger, sie argumentieren, dass ja die Strombezugskosten an der Strombörse gestiegen seien. Welch unredliches Spiel: Mit der Steigerung der EEG-Umlage waren ja in den letzten Jahren die Strombezugskosten an der Börse stets gesunken, weshalb die Stromkonzerne nie die Strompreise hätten erhöhen müssen. Stattdessen haben sie ihre Gewinnmarge kräftig erhöht.

Daher ist es absurd mit der Abschaffung der EEG-Umlage irgendeinen nennenswerten Einfluss auf die massive Steigerung der Energiepreise ausüben zu wollen, so wie es Altmaier nun erneut vorschlägt.

Als Wirtschaftsminister hatte er stets bei allen Strompreiserhöhungen mit der Begründung der steigenden EEG-Umlage versagt, den Stromkonzernen die Leviten zu lesen, dass dies doch wegen den deutlich gesunkenen Strombeschaffungskosten an der Börsen gar nicht nötig sei.

Genauso versagte er heute als bald scheidender Wirtschaftsminister erneut mit der Forderung zur Abschaffung der EEG-Umlage, was in Wahrheit ja nur einer Steuerfinanzierung der EEG-Umlage entspricht.

Dass die Steuerfinanzierung aber sehr große Probleme für den Ausbau der wrneuerbaren Energien bereitet, hatte ich mehrfach beschrieben. So führt dies zu einer erheblichen Anhebung der Staatsverschuldung und gibt den Ausbau der erneuerbare Energien in die Hände der EU-Kommission, die die steilen Ausbaugeschwindigkeiten in der EU immer gedrosselt hat.

Altmaier bleibt sich also treu: In Missachtung der realen Verhältnisse schiebt er erneut dem Ausbau der erneuerbare Energien den schwarzen Peter in der jetzigen Energiepreissteigerung zu, obwohl sie keine Schuld tragen. Wie sollten sie auch, denn die Erneuerbaren sind heute konkurrenzlos billig gegenüber der fossilen und atomaren Stromerzeugung. Doch auch das hat Altmaier heute geflissentlich in seiner Pressemitteilung ignoriert. Der schnelle Umstieg auf erneuerbare Energien wäre tatsächlich sogar die beste Antwort auf die mit den Rohstoffpreisen gestiegen Strompreise. Doch genau auch das verschweigt Altmaier. Zudem ist der Umstieg auf solare Heizungen und ökostrombetriebene Elektromobile die beste Antwort auf die Energiepreissteigerungen.

Er macht sich dafür ein letztes Mal zum Erfüllungsgehilfen der Interessen der fossilen und atomaren Wirtschaft. Es bleibt abzuwarten, welchen hochbezahlten Job er nach seinem Ministeramt in der fossilen oder atomaren Wirtschaftswelt als Dank dafür bekommen wird.

— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.