Die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien steht kurz vor einer Aufwertung. Das derzeitige Ziel ist es, 32 Prozent der Energie in der EU bis 2030 aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, will die Europäische Kommission auf 38 bis 40 Prozent erhöhen. Vorschläge dafür sollen am 14. Juli vorgelegt werden.
Das wirft die Frage auf: Wird die aktualisierte EU-Erneuerbaren-Richtlinie lediglich die erhöhten Ziele oder wird sie irgendwelche Maßnahmen zur Förderung von Innovationen – und insbesondere der Entwicklung neuer erneuerbarer Energiequellen – enthalten? Die Antwort ist schon klar: Es wird zu wenig sein.
Aber zuerst die gute Nachricht. Die 2020-Strategien für die Integration von Energiesystemen und Offshore-Energie werden die Richtlinie prägen. Erwartet werden also Vorschläge für einen offenen Zugang zu Daten über den Ladezustand und andere kritische Eigenschaften von Batterien sowie zu Maßnahmen zur Förderung der thermischen Energiespeicherung. Darüber hinaus wird es eine Unterstützung für erneuerbare Offshore-Energiequellen wie Windkraft auf See geben, um sie besser in das europäische Stromnetz zu integrieren.
Diese Maßnahmen konzentrieren sich auf die Installation und Nutzung erneuerbarer Energien. Die Innovation im Vorfeld,also Mittel zur Bereitstellung dieser Energie, wird weitaus weniger unterstützt. Vorgeschlagen wird ein Ziel für fortschrittliche Biokraftstoffe und (neue) erneuerbare Kraftstoffe „nicht-biologischen Ursprungs“, wie solche auf Wasserstoff-Basis.
Kein Geld ist vorgesehen für fortschrittliche Technologien zur Stromerzeugung, Heizung oder Kühlung.
An dieser Stelle muss nachgebessert werden. Vergangenen September hat die Europäische Kommission die Nationalen Energie- und Klimapläne der Mitgliedsstaaten kritisiert, weil sie „dem Forschungs- und Innovationsbedarf für das Erreichen der Klima- und Energieziele nicht genügend Aufmerksamkeit schenken“.
Insgesamt zeigten die Pläne einen „Rückgang der nationalen Budgets für Forschung und Energie bei sauberen Energietechnologien und einen gravierenden Mangel bei nationalen Zielen und Finanzierungsvorgaben, die konkrete und relevante Pfade bis 2030 und 2050 aufzeigen“, so die EU-Kommission.
Eine riesige Menge
Hier ist die Lösung: Die Festlegung eines Ziels für fortschrittliche Kraftstoffe ist gut, aber es sollte bindend vorgeschrieben sein. Das Ziel von 38 bis 40 Prozent könnte eine riesige Menge an neuen Kapazitäten schaffen. Ein kleiner Teil davon sollte mit innovativer Erneuerbaren-Technologie produziert werden müssen.
Neue Technologien brauchen sowohl einen Zugang zum Markt als auch einen Schub aus dem Labor. Die Bereitstellung eines Bruchteils der Gesamtausgaben für diese Kategorie, 0,5 bis 2 Prozent, würde die Regierungen der Mitgliedsstaaten dazu veranlassen, spezifische Strategien für die Kommerzialisierung neuer Technologien zu entwickeln, ohne dabei etablierten Technologien im Wege zu stehen, die den Großteil der Arbeit leisten und sicherstellen, dass das Gesamtziel erreicht wird:
- Die Mitgliedsstaaten sollten selbst entscheiden können, welche Technologien sie einsetzen, um das 0,5 bis 2 Prozent-Ziel zu erreichen. Sie könnten die Aktualisierungen der Nationalen Energie- und Klimapläne, die 2023 fällig sind, nutzen, um den geplanten Einsatz fortschrittlicher Technologien für erneuerbare Energien festzulegen;
- Die Kommission könnte die Entscheidungen der Mitgliedsstaaten bewerten, in demsie die Kriterien des Innovationsfonds des Emissionshandelssystems (ETS) als „Gradmesser für Innovation“ zugrunde legt. Ein Vorbehalt: Die Qualifikation als „innovativ“ in Bezug auf die Erneuerbare-Energien-Richtlinie könnte niedriger sein als die Qualifikation für den ETS-Innovationsfonds, was eine größere Freiheit ermöglicht;
- Die Mitgliedsstaaten könnten ihre Nationalen Energie- und Klimapläne auf der Grundlage der Bewertung der Kommission aktualisieren;
- Wenn das 2030-Ziel auf EU-Ebene für den Einsatz innovativer erneuerbarer Energien Gefahr läuft, nicht erreicht zu werden, kann die Kommission einzelne Mitgliedstaaten auffordern, zusätzliche Maßnahmen zur Unterstützung von Erneuerbaren-Projekten zu ergreifen. Die Kommission könnte sogar selbst eine Förderung für innovative Projekte ausschreiben, und zwar auf Grundlage des in Artikel 33 der Governance-Verordnung beschriebenen zusätzlichen Finanzierungsmechanismus.
Anreize zur gemeinsamen Nutzung von Daten
Verbesserte und günstigere Datenerfassungsmethoden, Big Data und künstliche Intelligenz verändern alle Aspekte des Geschäfts mit erneuerbaren Energien. Aber so wie es aussieht, unterschätzt die überarbeitete EU-Richtlinie die Rolle, die sie bei der Senkung der Kosten für das Erreichen der Ausbauziele spielen könnten.
Eine Möglichkeit, Verbesserungen der Technologieleistung voranzutreiben, ist die Analyse von Daten von Maschinen, die in der Praxis eingesetzt werden. Das geschieht natürlich schon: Unternehmen analysieren Daten von ihren eigenen Geräten oder Systemen. Aber sie behalten die Daten für sich. Insgesamt könnte die europäische Erneuerbaren-Industrie schneller vorankommen, wenn diese Daten mit Gleichgesinnten oder vertrauenswürdigen externen Forschern geteilt würden. Je mehr qualitativ hochwertige Daten den Analysetools zur Verfügung stehen, desto bessere Erkenntnisse können diese Tools liefern.
Es muss ein Anreiz für Unternehmen geschaffen werden, damit sie qualitativ hochwertige Daten teilen können, wenn sie dies wünschen. Dies könnte im Aktionsplan zur Digitalisierung des Energiesystems skizziert werden, der von der EU-Kommission im Jahr 2022 veröffentlicht werden soll. Aber die Direktive (und auch die Klima-, Energie- und Umweltbeihilfe-Leitlinien – die 2021 überarbeitet werden sollen) braucht einen Text, der es ermöglicht, die Empfehlungen aus dem Plan zu übernehmen.
Die Notlage der globalen Erwärmung zwingt uns, härter und schneller nach neuen Technologien zu suchen und Daten besser zu nutzen, um dieses Problem anzugehen. Eine weitere Gelegenheit, innovationsfördernde Maßnahmen in der wichtigen EU-Erneuerbaren-Richtlinie oder in staatlichen Vorschriften zu verankern, könnte sich erst wieder in einigen Jahren bieten. Die Gesetzgeber müssen aber jetzt handeln.
— Der Autor Greg Arrowsmith ist Generalsekretär von EUREC, die Vereinigung der europäischen Forschungszentren für erneuerbare Energien. —
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Zusammenarbeit wird gefordert um die Zielerreichung zu optimieren.
Gerade wurde diese Vorgehensweise durch die EU bei den bekannten Autoherstellern in Punkto Add-Blue verurteilt und sehr stark sanktioniert!
Differenziert betrachtet – Was soll man davon halten?
Nur Regierungen sind aufgefordert, den „Notstand“ in der Klimabewältigung zu beherrschen.
Firmen könnten auch nur aufgeben und eben „dicht machen“!
Nicht vorstellbar ?????
Da ist schon eine besondere Weitsicht der am Entscheidungsprozess Beteiligten erforderlich!