Einfache Solar- oder Speicherrechner gibt es mittlerweile fast schon wie Sand am Meer. Nach Eingabe der Solaranlagengröße, des Strombedarfs und der Batteriekapazität lässt sich mit ihnen die erzielbare Eigenstromversorgung abschätzen. Zum einen werden solche Tools zur überschlägigen Speicherauslegung genutzt. Zum anderen unterstützen sie, eingebunden in die eigene Webseite, die Akquise von neuen Kunden.
In Zeiten voller Auftragsbücher können anspruchsvollere Online-Tools, die auch die Elektromobilität und Wärmeversorgung berücksichtigen, noch mit anderen Einsatzmöglichkeiten punkten. Solarteure können interessierte Kunden mit einem geeigneten Online-Tool auf das erste Beratungsgespräch vorbereiten. Auf diese Weise können die Eigenheimbesitzer vorab bereits Ausschau halten, wie sie den gewünschten Autarkiegrad unter Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort erreichen könnten. Das spart Zeit im Beratungsgespräch und hilft insbesondere Handwerksbetrieben mit begrenzten Beratungskapazitäten.
Was kann der „24 Stunden Sonne Simulator“ und worauf baut er auf?
Ziel des von der HTW Berlin gemeinsam mit Fronius entwickelten „24 Stunden Sonne Simulators“ (https://solarsimulator.fronius.com) ist es, die solarelektrische Eigenversorgung von Einfamilienhäusern mit Batterie, Elektrofahrzeug, Wärmepumpe und Heizstab greifbar zu machen. Hierzu kann der solarelektrische Eigenversorgungsanteil nicht nur für den gesamten Strombedarf, sondern auch für die
einzelnen Bereiche Haushaltsstrom, Wärme und Mobilität ermittelt werden.
Die im Tool hinterlegten Ergebnisse basieren auf Simulationsuntersuchungen von knapp 74.000 unterschiedlichen Systemkonfigurationen. Für jede Konfiguration wurden die thermischen und elektrischen Energieflüsse im Haus mit einer Auflösung von einer Minute über ein gesamtes Jahr simuliert. Ein Standardcomputer bräuchte für die 74.000 Jahresdurchläufe etwa 60 Tage. Da die Systemkonfigurationen bereits berechnet sind und der Simulator die Ergebnisse ohne Zeitverzug bereitstellt, kann blitzschnell analysiert werden, ob eine größere Photovoltaik-Anlage oder ein größerer Batteriespeicher den Autarkiegrad merklich steigert.
Zur Simulation des Betriebsverhaltens der untersuchten Systemkonstellationen wurden verschiedene Eingangsdatensätze verwendet. Als Datengrundlage für die Wetterdaten dienen Messwerte des meteorologischen Observatoriums Lindenberg (Brandenburg) des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Die elektrischen und thermischen Lastprofile wurden der Richtlinie VDI 4655 entnommen, die Referenzlastprofile von Wohngebäuden für Strom, Heizung und Trinkwarmwasser enthält. Die Leistungsaufnahme des Elektroautos wurde in einem Haushalt mit einer Wandladestation ermittelt. Das Fahrverhalten entspricht dem eines Pendlers, der überwiegend am Abend das Elektroauto zu Hause lädt. Zusätzlich wurde in den Simulationsrechnungen ein solaroptimierter Einsatz der Wärmepumpe und des Heizstabs berücksichtigt. Diese Annahmen sind oft nahe an der Realität. Will man es genau wissen, muss man jedoch mit professionellen Tools den Einzelfall berechnen. Allerdings benötigt man dazu gute Lastprofile und nicht jedes Tool kann die vollständige Sektorenkopplung.
pv magazine Batteriespeicher-Übersicht
Der Artikel stammt aus der pv magazine Märzausgabe. In der nächsten Ausgabe, die am 14. Juni erscheint, berichten wir unter anderem über die Trends auf dem Batteriespeichermarkt und veröffentlichen Details zu unserer dann aktualisierten Marktübersicht Heimspeicher.
Die Magazinausgaben sind im Shop als Einzelausgabe oder im Abonnement erhältlich.
Wieso steigt der Autarkiegrad, wenn ein Heizstab zur solarelektrischen Trinkwassererwärmung verwendet wird?
Der Simulator zeigt auch auf, wie sich der Einsatz eines Heizstabs zur Trinkwassererwärmung auf die jährliche Energiebilanz auswirkt. Ohne Batteriesystem kann eine Zehn-Kilowatt-Photovoltaik-Anlage zeitgleich etwa 36 Prozent des Haushaltsstrombedarfs eines Dreipersonenhaushalts, der ohne Heizstab mit 4.000 Kilowattstunden pro Jahr angenommen wurde, decken. Das sind immerhin 1.451 Kilowattstunden pro Jahr.
Werden die verbleibenden Solarstromüberschüsse mithilfe eines regelbaren Neun-Kilowatt-Heizstabs vorrangig zur Erwärmung des 300-Liter-Trinkwarmwasserspeichers genutzt, steigt die zeitgleich direkt verbrauchte Photovoltaik-Energie um 1.761 Kilowattstunden pro Jahr. Da der Heizstab ausschließlich Solarstrom verheizt, steigt der Strombedarf um den gleichen Betrag an. In der Folge erhöht der Heizstab den Autarkiegrad, der häufig auch als solarelektrischer Eigenversorgungsanteil oder solarer Deckungsanteil bezeichnet wird, von 36 Prozent auf 56 Prozent.
Die um 20 Prozentpunkte gestiegene Eigenversorgung hat allerdings keinen Einfluss auf die jährlich aus dem Netz zur Versorgung der elektrischen Haushaltsgeräte bezogenen Kilowattstunden. Unverändert werden 2.549 Kilowattstunden pro Jahr aus dem Stromnetz benötigt.
Wie dieses Beispiel zeigt, sollten relative Bewertungsgrößen wie der Autarkiegrad bei der Nutzung regelbarer Verbraucher kritisch hinterfragt werden. So kann etwa auch durch eine schlecht eingestellte Systemregelung das Verheizen von überschüssigem Solarstrom unnötige Wärmeverluste im Pufferspeicher verursachen, die den elektrischen Autarkiegrad ebenfalls erhöhen.
Wie hoch ist die Eigenversorgung in Eigenheimen mit Wärmepumpe und Elektroauto?
Zur Beantwortung der Frage werden im Folgenden die im Simulator hinterlegten Ergebnisse für eine Zehn-Kilowatt-Photovoltaik-Anlage zusammen mit einem Batteriespeicher mit einer nutzbaren Batteriekapazität von zehn Kilowattstunden betrachtet. Ohne Wärmepumpe und Elektroauto kann das Photovoltaik-Batteriesystem den Netzstrombezug des betrachteten Dreipersonenhaushalts von 4.000 Kilowattstunden pro Jahr auf 612 Kilowattstunden pro Jahr senken. Der Autarkiegrad beträgt somit 85 Prozent (siehe Grafik 1).
Kommt zusätzlich eine leistungsgeregelte Luft-Wasser-Wärmepumpe zur Trinkwassererwärmung und Raumheizung des betrachteten Passivhauses zum Einsatz, steigt der Stromverbrauch durch die Wärmepumpe um 1.853 Kilowattstunden pro Jahr an. Trotz der häufig postulierten saisonalen Unterschiede zwischen dem Wärmepumpenstromverbrauch und der Solarstromerzeugung werden davon fast zwei Drittel durch das Photovoltaik-Batteriesystem bereitgestellt. Insbesondere in den Sommermonaten kann die Wärmepumpe zur Deckung des Trinkwarmwasserbedarfs überwiegend mit direkt genutztem Solarstrom betrieben werden. In der Bilanz versorgt sich der Neubau auch mit Wärmepumpe zu 74 Prozent selbst mit Strom aus dem Photovoltaik-Batteriesystem.
Wenn statt der Wärmepumpe ein Elektroauto mit einer jährlich zurückgelegten Strecke von 10.000 Kilometer hinzukommt, ändert sich das Stromverbrauchsprofil. Das betrachtete Pendlerfahrzeug wird überwiegend im Zeitraum zwischen 18:00 Uhr und 22:00 Uhr mit einer elektrischen Leistung von 3,5 kW geladen. Trotz des wenig solaraffinen Ladeverhaltens des Elektroautos kann mehr als jede zweite vom Elektroauto aufgenommene Kilowattstunde durch das Photovoltaik-Batteriesystem bereitgestellt werden. Bei unverändert großem Batteriespeicher geht das allerdings zulasten der solarelektrischen Versorgung der anderen Haushaltsverbraucher, da der Batteriespeicher nachts nun häufiger komplett entladen wird. Folglich sinkt auch der Eigenversorgungsanteil des gesamten Neubaus auf 71 Prozent. Hat der Dreipersonenhaushalt sowohl eine Wärmepumpe als auch ein Elektroauto, kann er sich dennoch zu 65 Prozent selbst mit Solarstrom versorgen.
Das Beispiel widerlegt gleich zwei Behauptungen, die immer wieder zu hören sind: Elektroautos, die tagsüber nicht am Haus geparkt sind, ließen sich kaum mit eigenem Solarstrom betreiben und Batteriespeicher seien im Vergleich zur Elektroautobatterie zu klein, um einen relevanten Beitrag zur Autostromdeckung zu leisten. Man kann sich mithilfe des Simulators ein Bild davon machen, wie der Batteriespeicher den Anteil des eigenen Solarstroms an der Beladung des Elektroautos steigert. Im beschriebenen Fall steigt dieser durch den Speicher von 15 auf 58 Prozent.
Dies zeigt, welchen wichtigen Beitrag Photovoltaik-Batteriesysteme zur Deckung des Energiebedarfs für Strom, Wärme und Mobilität im Wohngebäudebereich leisten können.
Welchen Einfluss hat die Größe der Photovoltaik-Anlage auf den Autarkiegrad?
Grafik 2 zeigt auf, wie die Vergrößerung der Photovoltaik-Anlage den resultierenden Autarkiegrad beeinflusst. Wie bereits Grafik 1 veranschaulichte, können mit einer Zehn-Kilowatt-Photovoltaik-Anlage und einem Zehn-Kilowattstunden-Batteriespeicher je nach technischer Ausstattung 65 bis 85 Prozent des gesamten Strombedarfs des Neubaus im Jahresdurchschnitt versorgt werden. Wird stattdessen eine Photovoltaik-Anlage mit 15 Kilowatt errichtet, steigt der Autarkiegrad sogar auf 70 bis 89 Prozent. Wie die Ergebnisse ausfallen, wenn ein größerer Batteriespeicher eingesetzt wird, lässt sich mit dem Simulator ganz einfach selber herausfinden.
Sofern es die vor Ort verfügbaren Dachflächen zulassen, lohnt es sich daher, eine möglichst große Photovoltaik-Anlage zu errichten. Dazu trägt auch die Abschaffung der EEG-Umlage auf den selbst genutzten Solarstrom für Photovoltaik-Anlagen bis 30 Kilowatt bei. Zudem können größere Photovoltaik-Anlagen zu einem günstigeren Systempreis pro Kilowatt Leistung errichtet werden. Je größer die Photovoltaik-Anlage ist, desto größer sind auch die durch die Solarstromerzeugung vermiedenen CO2-Emissionen, die vom Umweltbundesamt mit 0,6 Tonnen pro 1.000 Kilowattstunden Solarstromertrag angegeben werden. Es spricht also ziemlich viel dafür, dass die mittlere Photovoltaik-Anlagengröße im Privatbereich in nächster Zeit weiter steigen wird.
— Die Autoren Johannes Weniger , Nico Orth und Volker Quaschning forschen zur simulationsbasierten Bewertung von Photovoltaik-Batteriesystemen, Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin. Mehr Infos zu den bisher entwickelten Online-Tools unter: https://pvspeicher.htw-berlin.de/onlinetools —
Link zum Simulator: Der „24 Stunden Sonne Simulator“ steht unter folgendem Link kostenfrei zur Verfügung: https://solarsimulator.fronius.com
Danksagung: Der „24 Stunden Sonne Simulator“ wurde von der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme der HTW Berlin in Kooperation mit Fronius im Projekt „Digitale Werkzeuge für solarstrombasierte Energieversorgungskonzepte (PVplusX)“ entwickelt. Die Autoren danken der Dobeneck-Technologie-Stiftung für die finanzielle Unterstützung des Projekts.
pv magazine Webinar mit Fronius und HTW zum Nachsehen: Am 20. Januar haben Johannes Weniger und Maximilian Neuhaus vom Initiativpartner Fronius den Simulator vorgestellt. Sie können das Webinar mit Antworten auf viele Teilnehmerfragen nachsehen: www.pv-magazine.de/webinare
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Es ist sicher dankenswert, dass es nun ein online Tool für die Auslegung von PV-Anlagen plus Wärmepumpe, E-Auto und Speicher gibt.
Aber macht es denn Sinn, E-Autos aus dem Solarspeicher zu laden?
Wir haben unser Elektroauto erst seit einigen Wochen und eine PV- Anlage 9,6 kWp mit 10kWh Speicher. Zur Zeit gelingt es uns noch, das Fahrzeug ausschließlich tagsüber an den Wochenenden mit einer dem Wetter angepassten Strommenge zu laden. Den Ladestrom stelle ich auf 2 bis 2,6 kW ein, bei bewölktem Himmel auf 0,8 bis 1,6 kW, um zu vermeiden, dass das Auto Strom aus dem Hausspeicher zieht.
Dies sollte man vermeiden. Bei unserer Konstellation reicht der Speicher im Keller gerade aus, um den Verbrauch bis zum nächsten Morgen zu decken. Würde Strom an das Auto abgegeben, stünde der im Haus nicht mehr zur Verfügung und müsste aus dem Netz ersetzt werden.
Man sollte auch bedenken, dass Umwandlungsverluste in größerem Umfang auftreten und zwar je mehr, je öfter umgewandelt wird. Der Gleichstrom vom Dach wird bei unserem System in Wechselstrom umgewandelt, dann vom Batteriewechselrichter wieder in Gleichstrom zum Einlagern in die Batterie.
Um ihn ins Auto zu bringen, müsste er wieder in Wechselstrom umgewandelt werden, wo er dann für die Fahrzeugbatterie wieder in Gleichstrom umgewandelt würde.
Man hätte also zwei zusätzliche Umwandlungen und somit einen doppelt so hohen Verlust. Schon bei der Nutzung des Batteriespeichers im Keller liegen unsere Umwandlungsverluste bei etwa 15 Prozent.
@Thomas aus Marl: Wie bekommt man 10 kWh in der Nacht verbraucht? Wärmepumpe sollte so eingestellt werden, dass sie hauptsächlich tagsüber läuft.
Wir hatten jetzt im Mai das erste Mal nur etwas über 2 kWh Netzbezug für 6 Personen ohne Wärmepumpe. Vor ein paar Tagen hatte es den ganzen Tag nur geregnet und da werden es auch nur 4,6 kWh Bezug (über den ganzen Tag verteilt).
Dank 20 kWp auf dem Dach, Home Office und zwei E-Autos steht der Autarkiegrad für 2021 bei aktuell 68% ohne Speicher.
Und für das Laden des Autos gibt es mit OpenWB oder evcc.io Lösungen um gesteuert nur PV Strom zu verwenden.