BSW-Solar: Zusätzlich 10 Gigawatt Photovoltaik-Zubau jährlich bis 2030 notwendig

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Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) regiert enttäuscht auf die Pläne von CDU, CSU Und SPD. Die Energiepolitiker der Regierungsfraktionen hatten sich am Donnerstag über weitere Punkte aus dem Entschließungsantrag zum EEG 2021 verständigt. Unter anderem wollen sie für das kommende Jahr das Photovoltaik-Ausschreibungsvolumen 2020 von 1,9 auf 6 Gigawatt erhöhen. „Mit einem Feuerlöscher lässt sich ein verheerender Waldbrand nicht löschen, mit vier Gigawatt mehr Photovoltaik nicht der Klimakollaps verhindern“, erklärte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. Nach Ansicht des Verbands muss die installierten Photovoltaik-Leistung vor dem Hintergrund des schärferen EU-Klimaziels auf mehr als 200 Gigawatt bis 2030 vervierfacht werden. Entsprechend seien zusätzliche Ausbaumengen von jährlich zehn Gigawatt erforderlich, nicht einmalig vier Gigawatt mehr.

Das EEG müsse daher entsprechend überarbeitet werden. Grundsätzlich sei das Ziel, noch in dieser Legislaturperiode die Photovoltaik-Ausbaumengen anheben zu wollen, zu begrüßen. „Die geplanten Sonderausschreibungen entsprechen einer homöopathischen Dosis, mit der man gegen den Klimawandel nichts ausrichten kann“, so Körnig. „Statt endlich den Solarturbo zu zünden, soll lediglich eine weitere Masche in einem fluglahmen Energiewende-Teppich geknüpft werden. Bliebe es dabei, so wäre dies nur verantwortungslose Wahlkampftaktik.“

CDU, CSU und SPD wollen 2022 jeweils 2 Gigawatt mehr für die Ausschreibungen von Photovoltaik-Freiflächen- und großen Dachanlagen. 100 Megawatt zusätzlich sind für die Innovationsausschreibungen von schwimmenden und Agro-Photovoltaik-Anlagen gedacht. Mit Blick auf diese Vereinbarung moniert der BSW-Solar, dass keine Anhebung des Ausbaupfades für kleine und mittelgroße Photovoltaik-Anlagen im Entwurf vorgesehen sind. Gerade bei Eigenheimbesitzern und im Kleingewerbe bestehe eine hohe Investitionsbereitschaft.

Die Ankündigung, die Rahmenbedingungen für Speicher im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) zu verbessern, begrüßte des BSW-Solar. Er habe der Politik bereits Vorschläge dafür unterbreitet, wie Marktbarrieren abgebaut werden könnten. In der Einigung der Energiepolitiker von Union und SPD standen noch keine konkreten Maßnahmen. Die EnWG-Novelle will die Regierung auch nutzen, um die Änderungen im EEG 2021 zu implementieren. Für die kommende Woche ist die Vorlage einer Formulierungshilfe angekündigt, über die das Bundeskabinett entscheiden soll.

Stimmen aus der Wissenschaft

„Die aktuell erfolgte Anpassung der Ausbauziele im EEG ist zu begrüßen. Um aber die Zielsetzungen beim Klimaschutz zu erreichen, ist es deutlich zu wenig. Eine weitere Anpassung sollte daher so bald wie möglich erfolgen und noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden“, kommentierte Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE, die Entscheidung der Regierungskoalition. Für die Klimaziele sei nach Studien der Freiburger Forscher eine installierte Photovoltaik-Leistung von 200 Gigawatt und bei der Windkraft von 140 Gigawatt bis 2030 notwendig.

Die leichte Anhebung der Ausbauziele sei überfällig, verhindere jedoch nur das Schlimmste, erklärte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. „Und doch laufen wir noch immer sehenden Auges in eine Ökostromlücke, da die Ausbauziele erneuerbarer Energien noch immer nicht ausreichen. Die Regierung rechnet noch immer mit einem zu geringen Strombedarf, sodass auch diese erhöhten Ausbauziele nicht ausreichen, um eine Ökostromlücke zu verhindern.“ In einer neuen Studie des DIW zeigt sich, dass mindestens 20 Gigawatt Photovoltaik und knapp 10 Gigawatt Windkraft pro Jahr zugebaut werden müssten, um die Ökostromlücke zu vermeiden und gleichzeitig die Klimaziele zu erreichen.

„Per Dreisatz hat das Wirtschaftsministerium ausrechnen lassen, dass man das selbstgesteckte Ziel von 100 Gigawatt installierter Photovoltaik-Leistung nur dann erreichen kann, wenn man ab sofort jedes Jahr fünf Gigawatt netto zubaut. Die jetzt angestrebten sechs Gigawatt beinhalten dann schon eine kleine Reserve für die zwangsläufig anzuhebenden Ausbauziele infolge der neuen europäischen Klimaziele“, kommentiert Uwe Leprich von der Universität des Saarlandes. Vor dem Hintergrund eines steigenden Stromverbrauchs durch Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen bis 2030 sowie einem verschärften EU-Klimaziel sei die Zielvorgabe allerdings unzureichend. Bei einer Steigerung des Stromverbrauchs von zehn Prozent müssten gegenüber dem aktuellen EEG 70 Gigawatt Photovoltaik und 10 Gigawatt Windkraft an Land noch zusätzlich ausgebaut werden. „In der Summe würde der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch 2030 dann 70 Prozent betragen, was als Minimalziel angesehen werden muss, wenn man die strikte EU-Vorgabe der Erneuerbaren Richtlinie II einhalten will. Es wäre schon einigermaßen beschämend, wenn ausgerechnet Deutschland als vermeintlicher Vorreiter des Ausbaus erneuerbarer Energien dann von der EU wegen Zielverfehlung zur Kasse gebeten würde“, so Leprich.

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