Bundesrat will „Photovoltaik ohne Finanzamt“

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Bereits am 9. Oktober hat der Bundesrat eine Beschlussvorlage des Finanzausschusses angenommen, nach der kleine Photovoltaik-Anlagen künftig von der Einkommenssteuer freigestellt werden sollen. Eingebracht hatte den Vorschlag die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann von den Grünen.

Noch ist die Regelung nicht Gesetz, denn abgestimmt wurde im Bundesrat über dessen Stellungnahme zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 2020, das der Bundestag derzeit berät. Konkret sollen in Paragraf 3 des Einkommensteuergesetzes die Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaik-Anlagen bis 10 Kilowatt, die ab dem Jahr 2020 auf Gebäuden errichtet wurden, steuerfrei gestellt werden.

In Verbindung mit der Wahl der Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer könnten Betreiber kleiner Photovoltaik-Anlagen damit erstmals auf klarer gesetzlicher Grundlage ihre Anlage „ohne Finanzamt“ betreiben

Bürokratie und teure Beratungsfehler

Anders als in früheren Jahren ist aktuell nicht mehr davon auszugehen, dass kleine Photovoltaik-Anlagen ertragssteuerlich noch eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. In der Praxis führt das bei vielen Finanzämtern zu Problemen, weil Steuerpflichtige aufgrund der Photovoltaikanlage als Gewerbetreibende erfasst werden und in der Folge Steuererklärungen und weiterer Bürokratieaufwand entsteht, ohne dass damit ein Nutzen für die Verwaltung oder die Anlagenbetreiber verbunden ist. Es werden lediglich Kosten und Verunsicherung auf beiden Seiten erzeugt.

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Viele Anlagenbetreiber sind damit überfordert oder unterlassen sogar den Kauf einer Photovoltaik-Anlage, weil sie kostenträchtige Fehler fürchten. Bei einem besonders krassen Fall in Köln entstand durch Falschberatung und fehlerhafter Umsetzung der Steuerberatung ein Schaden von mehreren Tausend Euro bei einer vergleichsweise kleinen Investition auf dem privaten Reihenhaus.

Finanzämter können schon jetzt umsetzen

Über die im Gesetzesvorschlag definierten Anlagengröße ließe sich noch diskutieren: Auch auf Einfamilienhäusern mit Ost-West-Dächern entstehen heute aufgrund der immer leistungsstärkeren Module immer häufiger Anlagenleistungen bis 20 Kilowatt, ohne dass sich daraus ein steuerlicher Gewinn ergeben würde. Angelehnt ist die 10-Kilowatt-Grenze vermutlich an die bereits im Vorjahr im Gewerbesteuergesetz verankerte Steuerbefreiung im Hinblick auf die IHK-Mitgliedschaft.

Schon heute können Finanzämter nach eigenem Ermessen und aufgrund entsprechender Wirtschaftlichkeitsprognose der Anlagenbetreiber kleine Photovoltaik-Anlagen steuerlich nicht erfassen, indem sie bei Wahl der Kleinunternehmerregelung und Nachweis der Liebhaberei in der Verwaltungssoftware „das U- und G-Signal nicht setzen“, so der Steuerexperte Johann Erwin Graf von Steuerseminare Graf.

Die Initiative Baden-Württembergs ist ein wichtiger Schritt zur Entbürokratisierung von privaten Photovoltaik-Anlagen und würde den Kaufinteressenten die Angst vor dem Finanzamt nehmen. Genau darum geht es dem Ministerium. „Damit wollen wir die Errichtung kleiner Anlagen attraktiver machen, um den Anteil an regenerativen Energien im Gebäudesektor zu erhöhen und so den Klimaschutz voranzubringen“, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums. „Der bisherige bürokratische Aufwand für die Bürger und die Finanzämter ist angesichts der sehr geringen zu erwartenden Gewinne aus diesen Anlagen viel zu hoch.“

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