IASS-Studie: Dezentrale Erzeugung von Solar- und Windstrom nur wenig teurer als zentralisiertes System

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Riesige Photovoltaik-Freiflächenanlagen in den sonnenreichen Anrainer-Staaten des Mittelmeers sowie große Windparks vor und an den Küsten von Atlantik, Nord- und Ostsee – oder doch besser eine dezentrale Erzeugungsstruktur mit Anlagen in Nähe der Verbraucher? Letzteres Modell verursacht nur relativ geringe Mehrkosten, wie eine neue Studie des Potsdamer Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS Potsdam) jetzt zeigt – ermöglicht aber eine deutlich bessere Bürgerbeteiligung.

Die Wissenschaftler haben mit ihrer Studie die technische und finanzielle Machbarkeit der Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien auf kontinentaler, nationaler und regionaler Ebene untersucht. So wollten sie herausfinden, ob kleinere Versorgungssysteme tatsächlich deutlich teurer sind als ein kontinentales Versorgungssystem, erläutert Leitautor Tim Tröndle (IASS Potsdam /ETH Zürich): „Befürworter eines kontinentalen Systems argumentieren mit niedrigen Kosten, guten Ausgleichsmöglichkeiten für Fluktuationen und effizienter Nutzung der Ressourcen unabhängig von ihrem Ort.“ Diese Argumente seien nicht von der Hand zu weisen. Allerdings ist die Energiewende ja sehr stark von politischen Interessen und Bürgerbeteiligung geprägt, sagt Tröndle. „Deshalb müssen auch die Möglichkeiten kleinerer Systeme gründlich geprüft werden.“

Die Modellierungen bestätigten die Annahme, dass es am kostengünstigsten ist, wenn sich alle Länder in einem europäischen Verbundnetz mit Strom aus Anlagen versorgen, die an Standorten mit der höchsten Sonneneinstrahlung und den besten Windbedingungen installiert sind. Jedoch sind die Mehrkosten kleinerer Systems gering, solange Fluktuationen zwischen Ländern und Regionen ausgeglichen werden. Dann können die Netzbetreiber mit nationalen oder regionalen Partnern handeln, um ihre lokale Versorgung auszugleichen: Statt Wind- und Solaranlagen zu drosseln oder deren Strom teuer zu speichern, können sie diesen an ihre Nachbarn weiterleiten, bei denen der Himmel gerade bedeckt ist und zugleich kein Wind weht.

Europäische Kooperation durch einen leistungsstarken Strommarkt kann so selbst in einem kleinteiligen System den Kostennachteil gegenüber dem kontinentalen Versorgungssystem auf unter 20 Prozent senken. Dieses Ergebnis stützt laut den Autoren die aktuellen Bemühungen um die Errichtung eines europäischen Strommarktes und des Ausbaus der Grenzkuppelstellen zwischen den Ländern, die für den Ausgleich der Fluktuationen notwendig sind.

Der Standort der Stromerzeugung hat laut der Studie nur wenig Einfluss auf die Kosten einer vollständig erneuerbaren Stromversorgung. „Er definiert aber maßgeblich die Infrastruktur – besonders, ob mehr Erzeugungs- oder mehr Netzinfrastruktur nötig ist. Für eine schnelle Energiewende sollte die Frage der gewünschten Größe des Stromerzeugungssystems daher rasch geklärt werden“, empfiehlt Co-Autor Johan Lilliestam (IASS Potsdam/Uni Potsdam). Machbar seien mehrere Lösungen, von einem eher kontinentalen System, bei dem die Erzeugung an den besten Standorten konzentriert ist, bis hin zu vielen kleineren, lokalen Systemen, in denen der Strom nah an den Verbraucherinnen und Verbrauchern erzeugt wird.

Vor wenigen Tagen hatte das IASS eine andere Studie vorgelegt, die untersucht, wie sich der Flächenbedarf der Erneuerbaren reduzieren lässt. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass der gezielte Ausbau von Offshore-Wind und Photovoltaik effektive Optionen bietet, den Flächenbedarf an Land für eine vollständige Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Quellen bei geringen Mehrkosten zu reduzieren.

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