Analyse: EEG-Umlage könnte bis auf 8,25 Cent pro Kilowattstunde 2021 steigen

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Eigentlich sollte der Kostenscheitel bei der EEG-Umlage demnächst erreicht werden. Ab 2021 fallen die ersten Anlagen aus der Förderung, die von den anfänglich sehr hohen Vergütungssätzen profitiert haben. Zudem hat die Bundesregierung eine Entlastung der EEG-Umlage durch die Einnahmen aus dem neuen Brennstoffemissionshandel ab 2021 beschlossen. Doch nun könnte die aktuelle Entwicklung an der Strombörse alle diese Effekte konterkarieren.

Derzeit sinkt die Stromnachfrage wegen der Eindämmungsmaßnahmen für die Corona-Krise massiv. Dazu kommen viele Stunden mit hohen Einspeisungen der bestehenden Photovoltaik- und Windkraftanlagen. All dies führt dazu, dass die Strompreise an der Börse in den Keller gehen und wiederholt sogar stundenlang im negativen Bereich liegen. Da die EEG-Vergütung als Differenz zu den aktuellen Marktwerten für den Strom gezahlt wird, steigen damit die Gesamtkosten für die Förderung. Dies lässt sich deutlich an der Entwicklung des EEG-Konto ablesen, dass Ende März weniger als 1,9 Milliarden Euro Überschuss ausweist – dies sind mehr als 4 Milliarden Euro weniger als noch vor Jahresfrist.

Die Analysten von Enplify gehen von einem weiteren rapiden Abschmelzen des Überschusses aus. Zum Jahreswechsel werde dies in einem milliardenschweren Defizit des EEG-Kontos müden. „Dafür verantwortlich ist der geringere Strompreis am Spotmarkt, der – wesentlich durch die Corona-Krise bedingt – seit Jahresbeginn bei durchschnittlich 25,27 Euro/Megawattstunde und in der ersten Aprilhälfte sogar nur bei 17,34 Euro/Megawattstunde für das Base-Produkt lag“, so die Analysten von Enplify.

In die Berechnungen von Enplify fließen unter anderem die Annahme ein, dass der Letztverbrauch zwischen 5 und 20 Prozent in diesem Jahr zurückgehen wird. Der durchschnittliche Börsenpreis werde wohl zwischen 20 und 30 Prozent unterhalb der Kalkulationen der Übertragungsnetzbetreiber liegen, die sie für die Berechnung der EEG-Umlage 2020 angenommen haben. Daraus werde dann ein Defizit zwischen 3,3 und 7,8 Milliarden Euro auf dem EEG-Konto zum Jahresende resultieren.

Die „Mechanik der Ökostromförderung“ könnte dann dazu führen, dass die EEG-Umlage von derzeit 6,765 auf bis zu 8,25 Cent pro Kilowattstunde im kommenden Jahr steigen werde. Die Effekte durch den niedrigen Börsenstrompreis und die Unterdeckung des EEG-Kontos fallen dabei stärker ins Gewicht bei der Berechnung der EEG-Umlage als die geplante Entlastung durch die Einnahmen aus dem Brennstoffemissionshandel, wie es weiter heißt. Ohne diese Entlastung könnte die EEG-Umlage sogar auf bis zu 9,75 Cent pro Kilowattstunden steigen. Dies wäre ein Anstieg um 44 Prozent gegenüber dem derzeitigen Niveau. Daher warnen die Analysten auch vor einer krisenbedingten Verschiebung der Einführung der CO2-Bepreisung.

Die Analyse fokussiert sich dabei weniger auf die steigenden Kosten für die Privathaushalte, sondern auf die Auswirkungen auf die energieintensiven Industrieunternehmen. Diese zählten zu den „großen Verlierern des angedachten Kompensationsmechanismus“, da sie von der Senkung der EEG-Umlage nicht groß profitieren, doch sofern sie „erdgaskostenintensiv“ arbeiten, stark von den Zusatzbelastungen durch den Brennstoffemissionshandel betroffen seien. Auch von den derzeit niedrigen Strompreisen würden sie erst 2022 profitieren können, da die Beschaffung des Stroms in der Regel weit im Voraus erfolgt. Neben der steigenden EEG-Umlage erwarten die Analysten auch eine Erhöhung der KWK- und Offshore-Netzumlage sowie der Netzentgelte um voraussichtlich 10 bis 15 Prozent im kommenden Jahr.

„Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Entwicklung der EEG-Umlage bringen die Bundesregierung in die Bredouille“, erklärte Dennis Becher, Vorstandschef von Enplify. In jedem Fall wären Milliarden-Zuschüsse notwendig, um die Umlage stabil zu halten oder zu senken. „Hält die Bundesregierung an der Einführung des nationalen Emissionshandelssystems zum 1. Januar 2021 fest, werden weitere Zuschüsse in Milliardenhöhe erforderlich sein, um die EEG-Umlage überhaupt auf dem aktuellen Niveau zu halten.“ Er hält weitere Mittel für erforderlich, um die Mehrbelastungen für die Industrie – gerade in Krisenzeiten – zu kompensieren und eine Senkung der EEG-Umlage zu erreichen.

Bei einer Verschiebung der Einführung des Brennstoffemissionshandels würden der Bundesregierung allerdings die Einnahmen fehlen. Dann besteht nach Ansicht von Becher sogar die Gefahr, dass sich wegen der ausbleibenden Zuschüsse die EEG-Umlage auf knapp 10,00 Cent pro Kilowattstunde erhöhen. „Milliardenschwere Zuschüsse wären auch hier erforderlich, um die EEG-Umlage 2021 überhaupt zu stabilisieren. Zusätzliche Mittel müssten freigegeben werden, um die EEG-Umlage zu reduzieren“, so Becher weiter.

Jann Binder, stellvertretender Geschäftsführer des Solar Cluster Baden-Württemberg, ist dagegen überzeugt, dass der Effekt der derzeit durch die Corona-Krise sinkenden Börsenstrompreise die steigende EEG-Umlage mindestens kompensieren wird. So profitierten die industriellen Abnehmer bereits aktuell von den stark gesunkenen Börsenstrompreisen, die inbesondere in Zeiten hoher Einspeisung aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen zu verzeichnen sind, sagt Binder weiter. Und auch für Privathaushalte ist er optimistisch, dass sich in Summe sinkende Strompreise im kommenden Jahr ergeben werden. In einer Überschlagsrechnung legt er dar, dass sofern der Börsenstrompreis in diesem Jahr bei 3,0 Cent pro Kilowattstunde – statt der im Referenzfall der Übertragungsnetzbetreiber angenommenen 5,2 Cent pro Kilowattstunde – liegt, dann würde die EEG-Umlage 2021 um 1,34 auf rund 8,2 Cent pro Kilowattstunde steigen. Gleichzeitig würde in Summe der Strompreis plus Umlage um knapp 0,9 Cent pro Kilowattstunde sinken.

Anmerkung der Redaktion: Das Statement von Jann Binder wurde am 23.4.2020 zum Artikel ergänzt.

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