Händeringend wird überall nach Wegen gesucht, wie die Anlagen weiter betrieben werden können, die nach 20-jähriger Vergütungszahlung ab 2021 aus der EEG-Förderung fallen (Post-EEG Anlagen). Zu Recht wird allseits von der Bundesregierung gefordert, eine gesetzliche Anschlussregelung umzusetzen. Doch die ist nicht in Sicht. Eigeninitiativen sind also gefragt. Während der Hausbesitzer die oft kleineren Anlagen auf seinem Hausdach, am besten mit einer Speicherinvestition in die Eigenstromversorgung überführen kann, sind bei größeren Photovoltaik-, Wind- und Biogasanlagen bisher kaum Perspektiven in Sicht gewesen. Zwei Lösungsansätze lassen aufhorchen.
Lösungsansatz 1: Gründung kommunaler Energieversorgung
15 Kommunen im Südosten Bayerns haben sich zusammengeschlossen und einen eigenen kommunalen Energieversorger gegründet, das Regionalwerk Chiemgau-Rupertiwinkel. Anlass war, wie oben genannt, das Herausfallen vieler Photovoltaik- und Biogasanlagen aus dem EEG und deren Weiterbetrieb.
Der neu gegründete Energieversorger soll nun diese 15 Kommunen mit Strom und Wärme versorgen, mit dem Ziel einer lokalen und erneuerbaren Energieproduktion. Für die Verantwortlich spielen hierbei auch viele zusätzliche Aspekte eine Rolle: Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit, Wertschöpfung vor Ort und Daseinsvorsorge.
Die Idee eines nachhaltigen, lokalen Energieversorgers existierte schon länger in der Region, doch erst nach dem positiven Befund einer Machbarkeitsstudie vom Sommer 2019, entschied man sich, das Thema wirklich anzugehen. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, mussten sich auch der Gründungsversammlung im Januar 2020 mindestens 5-7 der insgesamt 23 Kommunen vor Ort anschließen, dieses Ziel wurde mit 15 um das Dreifache übertroffen.
Neben der Versorgung über Photovoltaik- und Biogasanlagen sieht das Unternehmenskonzept auch Quartierskonzepte vor, die Geothermie nutzen und die Einrichtung virtueller Kraftwerke. Insgesamt betrachtet sich der Energieversorger eher als Kooperationspartner und nicht als Konkurrenz zu bestehenden Stadt- oder Gemeindewerken.
Es zeigt, dass und wie Bürgerenergie immer noch gelingen kann und auch, dass das Interesse in vielen Kommunen nach wie vor existiert ihre Energieversorgung erneuerbar und dezentral zu gestalten – die Energiewende, wie sie sein sollte. Der Initiator dieses Projektes ist übrigens ein Bürgermeister der CSU, der damit mithilft, das Defizit seiner Parteikollegen im Bundestag eine gesetzliche Lösung zu finden, auszugleichen.
Lösungsansatz 2: Power Purchase Agreements (PPA)
Auch private Unternehmen bieten den Aufkauf von Ökostrom aus Post-EEG Anlagen an, damit der Weiterbetrieb gelingen kann. Neben der Möglichkeit von Eigengründungen kommunaler wie regionaler Unternehmen zur zukünftigen und sicheren erneuerbaren Energieversorgung gibt es für Betreiber von Erneuerbaren-Anlagen, die aus der EEG-Förderung fallen, auch noch weitere Möglichkeiten: Power Purchase Agreements (PPA). Dies sind mehrjährige Verträge, die sowohl feste als auch flexible Vergütungsmodelle zum Aufkauf des Ökostromes außerhalb der EEG-Umlage ermöglichen. Anbieter diese PPA sind unter anderem Baywa re (1) und Naturstrom (2). (1: https://www.baywa-re.de/de/
rethink-energy/weiterbetrieb/; 2: https://www.naturstrom.de/ueber-uns/presse/
news-detail/neuanlagen-ppa-naturstrom-ag-liefert-sonnenstrom-aus-ungefoerderten-solarparks/)
Aufgrund solcher neuartiger Vergütungsmodelle schreibt nun auch das Handelsblatt „Solarstrom schafft den Durchbruch – ohne Subventionen“. Denn insbesondere Photovoltaik-Anlagen sind mittlerweile so günstig, dass sie rentabel betrieben werden können, auch ohne die Förderung durch das EEG. Nicht zuletzt deswegen ist der nach wie vor nicht abgeschaffte Photovoltaik-Deckel von 52 Gigawatt eine Blockade des Ausbaus der erneuerbaren Energien und damit auch eine Blockade des Klimaschutzes.
Solange die Unterstützung der Bundes- und Landespolitik ausbleibt, sind es genau solche Initiativen und Unternehmensgründungen, die wir brauchen, um Deutschland auch ohne Regierungsbeschlüsse auf 100 Prozent Erneuerbare umzustellen. Lassen Sie sich inspirieren von diesen Geschichten, vielleicht ist dies ja auch in Ihrer Stadt/Kommune möglich und vielleicht sogar für Ihre eigene Anlage.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
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Wenn die obige Aussage von Herrn Fell „Denn insbesondere Photovoltaik-Anlagen sind mittlerweile so günstig, dass sie rentabel betrieben werden können, auch ohne die Förderung durch das EEG“ stimmen würde ,dann bräuchte es doch keine Aufhebung des 52-GW-Deckels bei dem die Förderung von PV-Anlage bis 750 KW mit auf 20 Jahren garantierten Vergütungsätzen über das EEG geförderten werden zu Lasten der Endverbraucher. Es ist eine andere Sache ob große Freiflächenanlagen an günstigen Standorten sich Förderung rechen können, aber die machen den „Kohl“ nicht fett in Deutschland
Es lohnt sich auch über folgende Lösungsansätze nachzudenken:
1. Die Anlagen off-grid zur Wasserstoffproduktion nutzen – power to gas.
2. Ein Repowering der Anlagen vornehmen. In der PV zeichnet sich eine ähnliche Diskussion im Flächenverbrauch ab – wie in der Windkraft. Die alten Paneele dürften pro Stück bei unter 100 Wp liegen, so dass auf der vorhandenen Fläche der mehr als dreifache Ertrag produziert werden.
Das ist es doch!
Herr Fell bringt im zweiten Teil zwei Dinge durcheinander: Die Finanzierung von Neu-Projekten durch PPAs (heute wirtschaftlich ohne das EEG darstellbar) einerseits und andererseits die Vermarktung von Strom aus Anlagen, deren EEG-Förderungshöchstdauer erreicht ist. Letzterer ist sowieso konkurrenzlos günstig, weil die Abschreibungsdauer ebenfalls auf 20 Jahre berechnet war. Danach fallen keine Abschreibungskosten, die vorher den wesentlichen Kostenblock darstellten, mehr an. Die einzigen Kosten sind Opportunitätskosten (weil man ja auch etwas anderes mit den beanspruchten Flächen anfangen könnte), Wartung, Versicherung und möglicherweise Pacht- und Abrechnungskosten. Das sind aber weniger als 1ct/kWh. Jede Einnahme darüberhinaus ist purer Gewinn. Damit lässt es sich auch verkraften, wenn nur ein Teil des Stroms am Markt absetzbar ist.
Ich finde, diesen Gewinn sollten sich die Stromverbraucher, die ja die vorzeitige (d.h. schneller, als es der Lebensdauer entspricht) Abschreibung der Anlagen über die EEG-Umlage bezahlt haben, und der Anlagenbesitzer teilen. Damit wäre es möglich, die EEG-Umlage in Zukunft deutlich schneller zu senken, und früher auf 0 zu bringen. Damit würde auch deutlich, dass sich die Erneuerbaren ohne Subventionen rechnen.
Den 52-GW-Deckel muss man trotzdem so schnell wie möglich aufheben, weil 3/4 des Zubaus der vergangenen Jahre gerade auf das Segment der Anlagen unter 750kW entfallen ist. Diese Anlagen werden in ihren ersten 20 Betriebsjahren auch in Zukunft wegen ihrer Kleinheit auf den vergleichsweise unbürokratischen Verkaufsmechanismus des EEG angewiesen sein, weil sonst die Vermarktungskosten jeden möglichen Gewinn auffressen. Je nach Erfahrung mit der typischen Lebensdauer der Anlagen wird man die Abschreibungsdauer auch erhöhen und damit den kWh-Preis weiter senken können. Das wird aber nur von einer Regierung zu erwarten sein, die den Erneuerbaren wohlgesonnen ist, und das nicht nur in Worten, sondern auch in Taten.
@JCW
sie haben sicher Recht dass der Zubau von Anlagen unter 750kW bei Fortbesten des 52-GW-Deckel massiv einbrechen würde bei Überschreiten dieses Deckels. Wird der Deckel aber aufgehoben wie es im in der GROKO im Koalitionsausschuss zum Klimaschutzgesetz vereinbart wurde, dann hat eine höhere Abschreibungsdauer aber keinerlei Auswirkung auf den kWh-Preis solange die in der Förderung über das EEG sind und eine feste Vergütung nach §49 EEG bekommen.
Naja, es wäre ziemlich dämlich, wenn man die Abschreibungsdauer erhöht (und damit die Abschreibungskosten/Jahr senkt) und das nicht gleichzeitig zum Anlass nähme, die Einspeisevergütung entsprechend der Kostenreduktion abzusenken. Damit würde dann auch der kWh-Preis für die Stromverbraucher geringer. Bisher kommt der außerordentliche Gewinn, den der Betreiber erzielt, wenn eine abgeschriebene Anlage weiter Strom produziert, vor allem ihm und seinem Vermarkter zu Gute. Das muss nicht sein – der Stromverbraucher sollte auch etwas davon haben, und das nicht nur über gesenkte Börsenstrompreise, die vor allem den EEG-Umlagebefreiten Großverbrauchern zu Gute kommen. Auf den richtigen Ausgleich kommt es allerdings an, denn für den Betreiber steckt auch ein erhöhtes Risiko darin, wenn seine Anlage länger als bisher laufen muss, um das geplante Renditeziel zu erreichen. Und ohne Rendite gibt es in diesem Land kaum jemanden, der bereit wäre, Risiken einzugehen – außer ein paar Idealisten, von denen es aber viel zu wenige gibt, als dass man eine Volkswirtschaft darauf gründen könnte. Die meisten Versuche, solche idealistischen Projekte wenigstens im kleinen Kreis zu realisieren, sind auch früher oder später gescheitert, auf Staatsebene funktioniert es mit dem Typ Mensch, den wir nun mal haben, erst recht nicht.
„das geplante Renditeziel“
Für StromkundInnen und NormalverbraucherInnen sollte man dazu die Zinsentwicklung für Kredite und Guthaben auch erwähnen. Gleichzeitig mit dem aufgebauten Anspruch erweiterter privater Altersvorsorge.
Dazu sollten Photovoltaikanlagen einen Beitrag leisten, durch Entlastung bei den Stromkosten (oder teils sogar durch positive Erträge während der nominalen Anlagenlaufzeit, inclusive einer gewünschten Nachfolgeinvestition in Anlagen 2. Generation, welche sich bereits rentabel refinanzieren können, auch durch Marktpreisbereinigung im globalen Handel durch chinesische Staatskonzerne mit deren geförderten Produktionsprioritäten für Erneuerbare Energien, auch auf im Mittelstand in Deutschland gefertigten, hochwertigen Fertigungsstrassen).
@JCW:
die Einspeisevergütung hing doch noch nie von den tatsächlichen Kosten einer PV-Anlage ab, sonst hätte man die Vergütungen nach dem starken Preisverfall durch den Markteintritt chinesischer Anbieter sehr viel stärker senken müssen . Seit Mitte 2012 gilt eine Zubau-abhängige Degression für die Vergütung von PV-Anlagen, die zunächst vom Zubau der vorangegangen 12 Monate abhing und mittlerweile vom Zubau der letzten 6 Monate abhängt