IBC Solar sieht sich als „Opfer eines groß angelegten Betrugs“

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Am Freitag gaben die Staatsanwaltschaft Hof und der Zoll Ermittlungen gegen IBC Solar bekannt. Das Photovoltaik-Unternehmen aus Bad Staffelstein reagierte umgehend und erklärte noch am selben Tag, es sei „vom Betrug mit Solarmodulen betroffen, die zwischen März 2015 und August 2016 mit gefälschten Herkunftsnachweisen nach Deutschland eingeführt wurden». Zu der Zeit galten Mindestimportpreise oder auch Anti-Dumping- und Anti-Subventionszölle für kristalline Solarmodule, die in China gefertigt und in die EU eingeführt wurden.

«Wir sind eines der Opfer dieses groß angelegten Betrugs. Wir haben stets ausschließlich Solarmodule von Importeuren in der Europäischen Union zu angemessenen Marktpreisen erworben, die bereits ordnungsgemäß verzollt waren», erklärte IBC Solar-Vorstandschef Udo Möhrstedt noch am Freitag. «Dabei haben wir alles in unserer Macht Stehende getan, die korrekte Deklaration der Warenherkunft sicherzustellen. Das wurde uns auch mehrfach durch den Zoll bestätigt.»

IBC Solar selbst hat den Zusammenhang der Ermittlungen zu einem Verfahren der Staatsanwaltschaft Hof gegen den chinesischen Photovoltaik-Hersteller Risen hergestellt. Am Montag gab Stefan Golla, Leiter Recht und Personal sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei IBC Solar, im Gespräch mit pv magazine weitere Antworten. So handelt es sich nach seinen Aussagen bei den Modulen um Produkte des chinesischen Herstellers. Diese habe das Systemhaus über einen britischen Importeur nach Europa eingeführt und DDP, also ordnungsgemäß verzollt, erworben, wie Golla erklärt. Auch habe IBC Solar die Zertifikate zum Ursprung und Bezugsweg der Module eingesehen und erworben. Demnach sollen die Module, deren Volumen bei rund 75 Megawatt liegt, nicht-chinesischem Ursprungs gewesen sein, wie Golla weiter ausführt. IBC Solar will nun selbst Ansprüche gegen die Importeure und Lieferanten geltend machen, die ihre Ware falsch deklariert hätten, wie Golla bestätigte. Die Vorbereitungen dafür würden demnächst beginnen.

Das Unternehmen werde die Staatsanwaltschaft bei der vollumfänglichen Aufklärung des Falles unterstützen. Die Staatsanwaltschaft Hof erklärte auf Anfrage von pv magazine, dass sie insgesamt gegen zehn Beschuldigte ermittle. Golla bestätigte, dass es sich dabei um acht aktive und ehemalige Mitarbeiter von IBC Solar handele und zwei weitere Personen aus dem Risen-Umfeld, gegen die nun ein Anfangsverdacht geprüft werde. Wann genau eine erste Bilanz in dem Fall zu erwarten ist, konnte der Sprecher der Staatsanwaltschaft noch nicht sagen. „Die Auswertung der Unterlagen wird einige Zeit in Anspruch nehmen.“

Die Durchsuchungen bei IBC Solar und den verdächtigen Mitarbeitern führten die Fahnder bereits Ende Oktober durch. Während der Zoll und die Staatsanwaltschaft meldeten, es seien „noch am Tag der Durchsuchung sechs Millionen Euro Firmenvermögen“ bei dem Unternehmen gesichert worden, betont IBC Solar, es habe „freiwillig und ohne Zwang eine Sicherheit von sechs Millionen Euro geleistet“. Es handelt sich dabei um die Hinterlegung einer Sicherheitssumme für einen möglicherweise eintretenden Schaden, wie Golla sagt, der bereits seit 2011 für das Photovoltaik-Systemhaus tätig ist.

Die hinterzogenen Einfuhrabgaben, die IBC Solar in dem Fall strafrechtlich angelastet werden, belaufen sich immerhin auf rund 23 Millionen Euro. Die Vorwürfe gegen die Firmenverantwortlichen lauten auf Verdacht der Steuerhehlerei. In knapp 60 Fällen zwischen März 2015 und August 2016 sollen den Ermittlungsbehörden zufolge bei der Zollabfertigung zuvor falsch deklarierte Module, vorgeblich mit Ursprung in Indien, Taiwan, Malaysia oder Vietnam, erworben worden sein. Diese sogenannten Transshipments nutzten Importeure von Solarmodule, um die Zölle oder Mindestpreise für die chinesischen Solarmodule zu umgehen.

Golla beteuert jedoch, IBC Solar habe sich immer an die geltenden Rechtsvorschriften gehalten. „Wir machenn ur sauberes Geschäft“, sagt er, auch wenn damit mögliche Nachteile gegenüber Wettbewerbern verbunden seien. Die Module der Eigenmarke IBC Solar seien von den derzeitigen Ermittlungen nicht betroffen, so Golla weiter.

Mindestimportpreise in der EU

IBC Solar war während der Zeit der Mindestimportpreise auch als sogenannte interested party an der Entscheidungsfindung der EU-Kommission beteiligt. Risen hatte bei der EU-Kommission im Spätsommer 2016 seinen Rückzug aus dem Undertaking beantragt, dem Brüssel wenig später nachkam. Für chinesische Unternehmen, die nicht mehr Teil der Mindestimportpreisregelung waren, galten dann die Anti-Dumping- und Anti-Subventionszölle von rund 47 Prozent, wenn sie in China gefertigte Module in die EU einführen wollten. Während der Jahre des Undertakings schloss die EU-Kommission bereits zahlreiche chinesische Photovoltaik-Unternehmen wegen Verstößen gegen die Vorschriften aus. Es endete nach rund fünf Jahren im September 2018.

Auf und um die Intersolar Europe in München im Mai 2019 waren drei Vertreter chinesischer Photovoltaik-Unternehmen vom Zoll festgenommen worden. Auch in diesen Fällen geht es um Ermittlungen wegen der Umgehung von Mindestimportpreisen. Der Verdacht lautet auf banden- und gewerbsmäßigen Schmuggel von Solarmodulen. Unter den Festgenommenen, die auch direkt in Untersuchungshaft genommen wurden, befindet sich auch eine Führungskraft von Risen, wie der Zoll pv magazine bestätigte. Gegen den chinesischen Photovoltaik-Hersteller laufen bereits seit einigen Jahren am Landgericht Nürnberg-Fürth Ermittlungen, bei denen etwa 110 Millionen Euro an Zollabgaben hinterzogen worden sein sollen. Erste Urteile ergingen bereits im Herbst 2017, allerdings konnte das Verfahren gegen den Hauptverdächtigen bislang nicht stattfinden, da er für die Ermittlungsbehörden nicht greifbar war.

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel ist am 26.11.2019, 17:15 Uhr, nochmal nachträglich bearbeitet worden. IBC Solar stellte klar, dass es sich um einen britischen, nicht einen holländischen Importeur handelte. Zudem ist die Menge der möglicherweise falsch deklarierten Solarmodule mit 75 Megawatt nochmals präzisiert worden.

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