Bayerns Ministerpräsident Markus Söder macht eine große und überraschende Ankündigung: „Die Politik steht vor der Aufgabe, ein fossiles Zeitalter abzulösen und ein neues Zeitalter zu begründen“. Der CSU-Politiker stellt einen „neuen Klimafahrplan“ vor und kündigt zugleich für die Waldbewirtschaftung in Bayern einen „Paradigmenwechsel“ an. Aus einem reinen „Wirtschaftswald“ soll ein „Klimawald“ werden.
Der Wald sei „unser Erbe“, ihn zu erhalten sei die wichtigste Aufgabe. Der bayerische Staatswald soll künftig nicht mehr die Staatskasse füttern, sondern CO2-Speicher sein. 30 Millionen Bäume will Söder in den nächsten fünf Jahren pflanzen lassen.
Plötzlich ist der Wald wieder ein großes Thema. Können wir mit den Wäldern gar das Weltklima retten?
Die neue Wald-Diskussion begann mit einer wissenschaftlichen Studie der ETH Zürich. Darin heißt es: „Wälder können zwei Drittel der menschengemachten CO2-Belastung ausgleichen“. Mit dem Pflanzen von Milliarden Bäumen sei die Klimaerhitzung noch aufzuhalten. Die Erde habe noch Platz für 900 Millionen Hektar zusätzlichen Wald, sagen die Züricher Wissenschaftler. Damit stünde ein Gebiet von der Größe der USA zum Aufforsten von Wald zur Verfügung.
Wenn diese Wälder einmal herangewachsen seien, dann könnten sie 205 Milliarden Tonnen Kohlenstoff speichern, das entspreche rund zwei Drittel der 300 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, die von Menschen seit Beginn der Industrialisierung in die Atmosphäre emittiert wurden.
Und wo sollen diese Bäume gepflanzt werden?
Die Studie schlägt hauptsächlich sechs Länder vor:
- In Russland mit 151 Millionen Hektar
- In den USA mit 103 Millionen Hektar
- In Kanada mit 78 Millionen Hektar
- In Australien mit 58 Millionen Hektar
- In Brasilien mit knapp 50 Millionen Hektar und
- In China mit rund 40 Millionen Hektar.
Skeptiker werden sagen, das sei reine Theorie, zu schön, um wahr zu sein. Machen die genannten Länder überhaupt mit? Diese Frage muss die Politik beantworten, das ist nicht Aufgabe der Wissenschaft. Wissenschaft muss zunächst vorschlagen, was grundsätzlich – und auch theoretisch – möglich ist. Am wichtigsten ist, dass schnell gehandelt wird. Bei der Klimaerhitzung läuft uns die Zeit davon.
Bedacht werden muss auch, dass Bäume einige Jahrzehnte wachsen müssen bis sie ihr Potential als Kohlenstoffspeicher ausschöpfen können. Noch wichtiger als das Pflanzen von Bäumen ist, dass sich die Menschheit rasch verabschiedet vom Verbrennen fossiler Rohstoffe. Wir Verbrennen heute an einem Tag so viele Kohle, Gas, Öl und Benzin wie die Natur in einer Million Tagen angesammelt hat.
England und Schweden haben bereits beschlossen, schon in wenigen Jahren aus der Kohle auszusteigen, Deutschland will das erst im Jahr 2038. Wissenschaftlicher Fakt ist, dass die CO2-Emissionen rasch reduziert und in wenigen Jahrzehnten auf null gebracht werden müssen, wenn wir das Schlimmste noch verhindern wollen.
Wieso wird noch immer Wald abgeholzt?
Wichtig ist auch zu bedenken, dass zurzeit weltweit mehr Wald abgeholzt wird als nachwächst, vor allem in Brasilien, in Zentralafrika und in Südostasien. Das Pflanzen von Milliarden Bäumen allein wird unser Klima nicht unter 1.5 Grad Erwärmung halten können. Aber massives Aufforsten statt bisheriger Kahlschlag wäre ein ganz wichtiger Beitrag, das Klima halbwegs noch erträglich zu halten.
Aufforsten und die Begrünung der Wüsten allein sind nicht die Lösung des Klimaproblems, aber sie sind ein wichtiger Teil der Lösung. Bäume schaffen in vielen Regionen ihr eigenes Klima und mildern die Temperaturen.
Wie sieht die Realität in Europa aus?
Die traurige Realität in Europa sieht zurzeit allerdings so aus: Je heißer die Sommer werden und je weniger es regnet, desto mehr brennen die Wälder und desto brutaler schlägt der Borkenkäfer zu. Außerdem ist Wald nicht gleich Wald – die Hitze macht Nadelbäumen viel mehr zu schaffen als den Laubwäldern.
In Brandenburg zum Beispiel sind noch immer fast 80% der Bäume Kiefern. Kluge Förster steuern das Nachwachsen der Wälder. Vielfalt ist im Wald gefragt, nicht Einfalt. Eine intelligente Waldwirtschaft und eine klimagerechte Waldpolitik werden immer wichtiger.
- Kontroverse um Schweizer Studie: Bäume als Bewahrer des Weltklimas | Bäume können einen großen Beitrag dazu leisten, das Weltklima zu stabilisieren. Doch viele Berichte über eine neue Studie zur Aufforstung sind übertrieben. Schuld daran ist auch die ETH Zürich, die ihre Studie in einer Pressemitteilung fehlerhaft dargestellt hat. Von Hanno Böck
- Waldsterben 2.0 durch Klimakrise | Der BUND Naturschutz in Bayern (BN) macht auf die dramatischen Ausmaße aufmerksam, die das Sterben von Bäumen und teileweise ganzer Wälder in verschiedenen Waldgebieten Bayerns angenommen hat.
- Hitzewellen: „Wir brechen immer schneller Rekorde“ | Egal, ob die Hitzewelle so lang wird wie im vergangenen Jahr: In Zukunft wird sie zum Normalfall werden.
— Der Autor Franz Alt ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte auf www.sonnenseite.com. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
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Sie fragen auch selbst danach und möglicherweise steckt im Text bereits die Risikobewertung eines vergrößerten Kohlenstoffreservoirs, explizit wie in der Pressemitteilung „Bis ins Regierungsviertel in Berlin sind die Rauchzeichen der Waldbrände in Brandenburg zu riechen. “ jedoch so nicht.
Mäßigung wäre eine Empfehlung, welcher sich die jungen Wilden etwas zuwenden könnten, wenn sie von den Alt-Ehrwürdigen Buße für deren jahrzehntelange Versorgungstätigkeit im Kraftwerksbereich der fossilen Sparten, dafür Rente für die Lebensleistung erhalten, fordern?
Die Entscheidung ist nicht zwischen der Empfehlung für moderne Holzarchitektur und dem Wiederaufforsten in dafür geeigneten Klima- und Sozialsituationen zu entscheiden, sondern beides in vernünftige Gesamtkonzepte zu verändern, welche den Anforderungen gerecht werden.
Die Probleme sind durch technische Nutzung der fossilen Brennstoffe entstanden und sind, in diesem Maßstab, durch Menschen, vermutlich eher durch technische Maßnahmen oder Verzicht zu begleichen?
Die technische Alternative zum (ohnehin möglichen) Aufforsten nennt sich CCS (auch durch Erneuerbare Energien möglich).
https://de.wikipedia.org/wiki/CO2-Abscheidung_und_-Speicherung
Also…
Wald ist nicht nur ein CO2 Speicher.
Ein Baum gibt auch 1/3 des von ihm gezogenen Wassers gereinigt wieder ab!
Ebenfalls ist er gut für das Microklima.
s. Erwin Thoma