Im Rahmen der jährlichen Klimakonferenz COP24 stellte ich heute gemeinsam mit der Energy Watch Group und der finnischen Universität LUT unsere neue gemeinsame Studie zur Machbarkeit einer europäischen Energiewende basierend auf 100 Prozent Erneuerbaren-Quellen vor (http://energywatchgroup.org/neue-studie-100-erneuerbare-energie-in-ganz-europa).
Die neue wissenschaftliche Studie zeigt, dass die Wende hin zu 100 Prozent erneuerbaren Energien mit dem heutigen, konventionellen fossil-nuklearen System wirtschaftlich konkurrenzfähig ist und die Treibhausgasemissionen noch vor 2050 auf Null reduziert würden. Noch deutlicher wird der finanzielle Vorteil einer Energiewende unter Berücksichtigung des prognostizierten Beschäftigungswachstums.
Die von der LUT University unter Leitung von Prof. Dr. Christian Breyer und der Energy Watch Group durchgeführte wissenschaftliche Modellierungsstudie ist die erste ihrer Art, die eine vollständige Energiewende in Europa in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr bis 2050 simuliert. Der europäische Energiebedarf wird in der Studie vollständig zu jeder Stunde des ganzen Jahres gedeckt.
Die Veröffentlichung der Studie erfolgte nach etwa viereinhalb Jahren Forschung und Analyse von Datenerfassungen und technischen und finanziellen Modellierungen durch 14 Wissenschaftler. Die Europastudie ist das erste Ergebnis der globalen Studie, die Anfang nächsten Jahres fertig sein wird.
Der Bericht bestätigt, dass eine Wende hin zu 100% Erneuerbaren Energien in allen Sektoren möglich und nicht teurer ist als das heutige Energiesystem. Es wird gezeigt, dass Europa auf ein emissionsfreies Energiesystem umstellen kann. Deshalb können und sollten die europäischen Politiker viel mehr für den Klimaschutz tun als derzeit anvisiert.
Einige Schlüsselerkenntnisse der Studie:
- Die Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien erfordert eine Massenelektrifizierung in allen Energiesektoren. Die gesamte Stromerzeugung wird das Vier- bis Fünffache der Stromerzeugung von 2015 ausmachen. Dadurch wird der Stromverbrauch im Jahr 2050 mehr als 85 Prozent des Primärenergiebedarfs betragen. Gleichzeitig wird der Verbrauch fossiler Energierohstoffe und Kernkraft in allen Sektoren vollständig eingestellt.
- Die Stromerzeugung im 100 Prozent Erneuerbare-Energien-System wird aus folgendem Mix an Energiequellen bestehen: Solarenergie (62 Prozent), Windkraft (32 Prozent), Wasserkraft (4 Prozent), Bioenergie (2 Prozent) und Geothermie (<1 Prozent).
- Wind- und Solarenergie machen bis 2050 94 Prozent der gesamten Stromversorgung aus. Etwa 85 Prozent der erneuerbaren Energien werden aus dezentraler lokaler und regionaler Erzeugung stammen.
- 100 Prozent Erneuerbare Energien sind nicht teurer: Die Energiekosten für ein vollständig nachhaltiges Energiesystem in Europa bleiben stabil und liegen 2050 bei 50-60 Euro pro Megawattstunde.
- Die jährlichen Treibhausgasemissionen in Europa sinken durch die Umstellung in allen Sektoren kontinuierlich von rund 4.200 Mio. t CO2-Äq. im Jahr 2015 auf Null bis 2050.
- Ein zu 100% erneuerbares Stromsystem wird 3 bis 3,5 Millionen Menschen beschäftigen. Die rund 800.000 Arbeitsplätze im europäischen Steinkohlebergbau aus dem Jahr 2015 werden bis 2050 komplett eingestellt. Diese werden durch mehr als 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbare-Energien-Branche überkompensiert.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die aktuellen Ziele des Pariser Klimaabkommens beschleunigt erreicht werden können und sollten. Eine Wende hin zu 100% sauberen, Erneuerbaren Energien ist sehr realistisch – schon jetzt, mit den heute verfügbaren Technologien.
Die Studie legt politische Empfehlungen zur raschen Einführung erneuerbarer Energien und emissionsfreier Technologien fest. Zu den wichtigsten in der Studie aufgeführten Maßnahmen zählen die Förderung von Sektorenkopplung, privaten Investitionen, Steuervergünstigungen und rechtlichen Privilegien bei gleichzeitiger Einstellung von Subventionen für Kohle und fossile Brennstoffe. Mit der Umsetzung starker politischer Rahmenbedingungen, so die Studie, ist eine Wende hin zu 100 Prozent erneuerbaren Energien bereits vor 2050 möglich.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
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Leider werden diese Herrn, da noch eine ganze Weile mit allen Mitteln dagegen steuern.
Siehe hier:
Einer breiteren Öffentlichkeit wurden Personalaustauschprogramme, und die Mitarbeit Externer in Bundesministerien, durch das Fernsehmagazin Monitor am 19. Oktober 2006 bekannt. Der Beitrag wurde anmoderiert mit den Worten:„Lobbyisten versuchen, die Politik zu beeinflussen, um ihrem Arbeitgeber Vorteile zu verschaffen. Dazu sprechen sie auch in Ministerien vor. Manche Lobbyisten haben das gar nicht mehr nötig – sie sind nämlich schon da. Ja, richtig, das ist neu: Lobbyisten haben in unseren Ministerien mittlerweile eigene Büros – Tür an Tür mit Regierungsbeamten und […] mit eigener Durchwahl, und schreiben an Gesetzen mit. Bezahlt werden sie von ihren Unternehmen. Leihbeamte – gut für die Wirtschaft, schlecht für Bürger. “
Vielen Dank für diesen interessanten und motivierenden Artikel. Es wäre schön zu verstehen vieviele Tage es bei dieser Rechnung windstill und/oder bewölkt sein darf, das diese Rechnung aufgeht.
In dem Bericht gibt es einen weiteren interessanten Kommentar. Es wird geschrieben das diese Wende mehr Arbeitsplätze generiert als vernichtet. Ich hoffe das die Einsparungen an importierten Rohstoffen so groß ist, das die Energie dadurch nicht teurer wird. Für gewöhnlich sind die Personalkosten ein wesentlicher Bestandleil der Gesamtkosten.
Die Herausforderung wird dann nur noch sein genügend Fachkräfe anzulernen um die Wende exekutieren und ggf. beschleunigen zu können.
👍
Sehr interessant, dich leider bleiben viel zu viele Fragen offen. Nach einer anderen Studie geht man davon aus daß man die momentane benötigte Energiedichte bei einer vollständig bedeckten Oberfläche von Deutschland z.B. mit PV nur 60% des Bedarfes abdeckt und da haben wir noch keine Industrie oder Landwirtschaft berücksichtigt. Wenn dann der Energiebedarf auch noch steigen soll, wo sollen denn die ganzen PV-Anlagen stehen. Mit Windrädern würde man nur rund 20% erreichen. Mir scheint es also eine rein wirtschaftliche Betrachtung zu sein. Stehen da also vielleicht doch andere also Klimaziele im Vordergrund? Das es eine Klimaveränderung gibt ist glaube ich vielen klar. Was tun wir aber wenn CO2 gar nicht der Verursacher ist? Es ist für mich einfach nur das am einfachsten Greifbare. Warum heißt CO2 Treibhausgas? Richtig weil es im Treibhaus angewendet wird um die Pflanzen besser gedeihen zu lassen und nicht um das Treibhaus künstlich aufzuheizen. Andere Studien zeigen auch das die Windanlagen zu einer Veränderung des Miniklimas führen. Was wenn die Anlagen zu einer der Hauptenergiequellen wird? Haben wir dann saubere Luft und keine Singvögel mehr und trotzdem eine Erwärmung? So viele Fragen die sich komplex sind das man bei der Weltklimakonferenz sich auf eine gemeinsame Forschung an einem Berechnungsmodell einigen sollte. Und ich glaube aber auch nicht daß die Kosten nicht steigen. Das zeigen einfach die Entwicklungen in allen Bereichen bei denen Geld verdient werden muss. Und und und….
Deutschland hat eine Fläche von 357.376 Quadratkilometer.
Auf einen Hektar passen 0,5-1,5 MWp – also bei 1MWp/ha insgesamt 35737600 MWp = 35737,600 GWp = 35,737600 TWp die dann ca. 35 PWh/a erzeugen.
Wollen wir die ganze Erde aus Deutschland versorgen?!
2000 TWh Energieverbrauch Elektrizität sind realistisch, also nur 2 PWh bzw. 5,7 % der „Oberfläche Deutschlands“ bei „nur PV“.
Aber nur PV macht ja keinen Sinn, Windkraft on-offshore.
Wir haben also kein Flächenproblem sondern ein Verständnisproblem.
Ich frage mich nur, ob das errechnete Szenario auch den Irrsinn des ständig ansteigenden Luftverkehrs beinhaltet…der Rest mag wohl, rein theoretisch, möglich sein. Ich glaube jedoch nicht daran, dass Regierungen gewählt werden, die das zum Ziel haben.
Alle vorherigen Kommentare sind ………..interessant zu lesen und bei einigen ist ein Stückchen Wahrheit verpackt.
Aber :
Egal ob man es optimistisch oder pessimistisch betrachtet, wir dürfen nicht vergessen, dass der Zeitpunkt, an dem das Ende der fossilen Energieträger erreicht ist, unaufhaltsam näher rückt. Davor die Augen zu verschließen und darauf zu hoffen dass die Energieversorgung durch überirdische Kräfte stattfindet ist der falsche Weg. Ständig nur an der künftigen Energieerzeugung herumzunörgeln und substanzlose Kritik zu üben, ist ebenso falsch, wie an der kohlendioxidfreien Energieversorgung zu zweifeln.
Im Übrigen müssen wir endlich damit beginnen, die künftige Energieversorgung durch eine globale Brille zu sehen. Die internationalen Bemühungen zur Eindämmung der Erderwärmung, die gemeinsame Entwicklungsarbeit an effizienten Energiegewinnungsanlagen und Speichertechnologien, sowie die Eindämmung des Energieverbrauches sind der Beweis dafür, dass wir in anderen Dimensionen denken müssen, anstatt unser geliebtes Deutschland als das Maß der Dinge zu sehen. Klimaschutz, Energieeinsparung, saubere und bezahlbare Energiegebereitstellung, all das passiert nicht von heute auf morgen und bedarf der Unterstützung und Mithilfe von uns allen. Fossile Kraftwerke und Kernkraftwerke sind für eine sichere und klimaverträgliche Elektrizitätsversorgung spätestens bis zum Jahr 2040 nicht mehr erforderlich und werden bereits vorher abgeschaltet weil hinderlich und gefährlich. Mit Ausnahme von Gaskraftwerken können sie nicht wie oft behauptet eine Brückenfunktion übernehmen. Speziell Braunkohle- und Kernkraftwerke sind schlecht regelbar und behindern den intelligenten Betrieb in Netzen mit hohen Angebotsschwankungen. Gaskraftwerke lassen sich hingegen wesentlich schneller regeln. Das fossile, klimaschädliche Erdgas lässt sich schließlich schrittweise durch Biogas und regenerativ erzeugten Wasserstoff oder Methan ersetzen.
Der Energiemix im Jahr 2040 muss dazu auf einem breiten regenerativen Portfolio basieren. Aufgrund der geografischen Lage sind dabei die Potenziale der Wasserkraft am geringsten. Neben heimischen regenerativen Energien kann aber auch der Import von preiswertem Solar- und Windstrom aus sonnen- und windreichen Auslandsregionen in geringerem Umfang zu einer sicheren und kostengünstigen Energieversorgung beitragen.
Alles in allem rate ich denen, die dafür sind gegen alles zu sein, die Füße stillzuhalten und sich besser darauf zu konzentrieren die Energiewende aktiv mitzugestalten und sich auf das 2. Energiezeitalter vorzubereiten. Denn es wird kommen – mit oder ohne politisches Verstehen und Zutun. Die Politik ist übrigens die einzige Schwachstelle beim Gelingen der Energiewende:
Unsere verantwortlichen Politiker, allen voran der Energieminister und sein treues Gefolge, leben abseits von der Realität im Tal der Ahnungslosen, und haben die Energiewende ebens wenig verstanden, wie den dringend erforderlichen Ausbau der erneuerbaren Energiequellen. Während sich Wissenschaftler, Techniker und Entwickler um das Gelingen der Energieziele bemühen, tut unsere Politik das was sie am besten kann: ihre gut bezahlten Schwätzer an die Bürgerfront zu schicken, damit sie mit geistig inhaltlosem Gerede versuchen, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen und ihr die heile Welt vorzugaukeln; Frei nach dem Motto- „alles gut“!
Das schlimme daran ist: Es gibt immer noch welche unter uns, die den salbungsvollen Reden folgen ohne sie zu verstehen, aber trotzdem für gut finden.
Wie auch immer:
Ich habe mich dafür entschieden alles zu tun was ich kann, um auf dem Weg in eine lebenswerte, saubere Welt teilzunehmen und unseren Kindern etwas gutes (oder besseres?) zu überlassen.
God, grant me the serenity to accept the things I cannot change,
Courage to change the things I can,
And wisdom to know the difference