Quaschning: Der 52-Gigawatt-Deckel für die Photovoltaik ist absurd

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Volker Quasching ist Professor für Regenerative Energien an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin.

Foto: Silke Reents

pv magazine: Es sieht danach aus, dass Deutschland in diesem Jahr wieder einen Photovoltaik-Zubau von mindestens 2,5 Gigawatt erreicht. Sind wir wieder auf dem richtigen Weg?
Volker Quaschning (Foto): Ganz klar nein. Dieser Dürresommer hat gezeigt, wie dringend wir erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen bräuchten. Mit dem niedrigen Zubau haben wir aber keine Chance, das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten. Aber immerhin scheint das große Sterben der Photovoltaik-Branche in Deutschland beendet zu sein.

Wieviel Photovoltaik-Zubau brauchen wir?
Wenn wir im Mittel von 20 bis 30 Jahren Lebensdauer bei Photovoltaik-Anlagen ausgehen, werden wir bei 2,5 Gigawatt Zubau pro Jahr insgesamt nicht mehr als 50 bis 75 Gigawatt installierte Leistung erreichen können. Für ein klimaneutrales Deutschland bräuchten wir aber eine installierte Leistung von 400 Gigawatt und einen jährlichen Zubau von deutlich über 10 Gigawatt.

Sind die versprochenen Sonderausschreibungen ein richtiger Schritt in diese Richtung?
Sie sind zumindest mal ein Anfang, wenn sie denn kämen.

Glauben Sie, dass die Sonderausschreibungen für Photovoltaik und Windkraft wirklich noch einen Einfluss auf das Klimaziel 2020 entwickeln können?
Nein, dafür sind die Mengen zu gering und die Ausschreibungen kommen zu spät.

Sie haben im Frühjahr gefordert, dass die Menschen ihre Photovoltaik-Anlagen nicht länger auf Eigenverbrauch optimieren sollen, sondern die Dächer wieder voll machen müssten. Was müsste dazu am EEG geändert werden, denn bisher sind die immer kleineren Anlagen ja auch den politischen Vorgaben geschuldet, oder?
Wenn man richtig rechnet, haben größere Anlagen durchaus ökonomische Vorteile gegenüber Kleinanlagen. Das müsste die Branche nur richtig kommunizieren. Aber hier wird lieber ein Speicher verkauft als eine große Anlage, weil da die Margen größer sind. Die Politik sollte schnellstmöglich die Eigenverbrauchsabgabe streichen. Dann würde zumindest der 10-Kilowatt-Deckel fallen und wir würden auch wieder Anlagen mit Leistungen zwischen 10 und 20 Kilowatt sehen.

Wenn wir jetzt aber schnell den Photovoltaik-Ausbau wieder erhöhen, sind wir 2019 oder 2020 am 52-Gigawatt-Deckel und die Solarförderung läuft nach derzeitigem EEG aus. Bricht der Markt dann nicht wieder zusammen oder ist die Photovoltaik dann so wettbewerbsfähig, dass es keine Einspeisevergütungen mehr braucht?
Da wir 400 Gigawatt für den Klimaschutz brauchen, ist der 52-Deckel absurd, ja eine reine Klimaschutzverhinderungsmaßnahme. Natürlich muss der Deckel weg, da sonst die Anlagengrößen und damit der Markt wieder schrumpfen würde. Zwar würden sich Anlagen immer noch durch den Eigenverbrauch rechnen, doch ohne Einspeisevergütung werden große Anlagen wieder unattraktiv.

Sie haben ihr Buch „Erneuerbare Energien und Klimaschutz“ neu aufgelegt. Gibt es wichtige Aktualisierungen, die Sie zuvor nicht berücksichtigt hatten?
Ja. Die nötigen Maßnahmen und Ausbauziele für die deutsche Energiewende zum Erreichen der Klimaschutzziele werden klar und deutlich dargestellt. Auch neuste Trend und Entwicklungen der verschiedenen regenerativen Technologien werden erklärt. Insofern erhält man ein perfektes und gut verständliches Update zur Energiewende und zum Klimaschutz.

Was sehen Sie als wichtigsten neuesten Trend der jüngsten Vergangenheit in Sachen Klimaschutz?
Die größte Hoffnung habe ich nach wie vor durch die niedrigen Preise für die Photovoltaik. Damit gelingt es in vielen Ländern auch ohne Förderung konkurrenzfähige Photovoltaik-Systeme aufzubauen. Damit kommt die Energiewende weltweit allein durch ökonomische Überlegungen und nicht durch Klimaschutzerwägungen voran. Und der Trend zu höheren Wirkungsgraden und niedrigen Preisen scheint ungebrochen. Damit ist das Einhalten des Pariser Klimaschutzabkommens durchaus noch im Bereich des Möglichen.

Volker Quaschning: Erneuerbare Energien und Klimaschutz. Hintergründe – Techniken und Planung – Ökonomie und Ökologie – Energiewende. Das Buch ist nun in der vierten, aktualisierten Ausgabe erschienen.

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