IEA-Szenarien führen zu billionenschweren Fehlinvestitionen

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Der „World Energy Outlook“ der Internationalen Energieagentur (IEA) ist seit Jahren umstritten. Dabei hält sich der Vorwurf, dass in der Agentur vor allem die Interessen der öl- und gasexportierenden Industrien vertreten werden. Am Donnerstag zeigen das Beratungsunternehmen Oil Change International und das Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) in einem Bericht, wie die Szenarien der IEA dazu führen, dass Regierungen energiepolitische Entscheidungen entgegen den Zielen des Pariser Klimaabkommens treffen.

Demnach wird im Hauptszenario, dem New Policy Scenario (NPS) noch so viel fossiler Brennstoff verbrannt, dass das CO2-Budget für das 1,5 Grad-Ziel schon bis 2022 und für das 2 Grad-Ziel bis 2034 erschöpft wäre. Das Szenario diene oft als Fahrplan für Energiepolitik sowie Investitionen der einzelnen Länder und sehe dabei einen weiter steigenden Verbrauch von Öl, Gas und Kohle, heißt es in dem Bericht. Von den im Szenario empfohlenen Öl- und Gasinvestitionen seien zwischen 78 und 96 Prozent mit den Pariser Klimazielen nicht vereinbar (siehe Grafik). Im Zeitraum zwischen 2018 und 2040 wäre das ein fehlgeleitetes Investitionsvolumen von 11,2 bis 13,8 Billionen US-Dollar.

Quelle: IEA, Rystad Energy, Oil Change International analysis, IPCC, Global Carbon Project
Kumulative Investitionen in die Öl- und Gasförderung nach den IEA-Szenarien bis 2040 im Hinblick auf die Pariser Klimaziele

Quellen: IEA, Rystad Energy, Oil Change International analysis, IPCC, Global Carbon Project

„Wir müssen dieses Kapital dringend in saubere Energie umleiten“, sagt Greg Muttitt, Forschungsdirektor bei Oil Change International. Er warnt dabei auch vor sogenannten Stranded Assets, wie wir sie zum Teil schon jetzt in Deutschland beim Bau von neuen Gaskraftwerken erleben. Anstatt die Pariser Klimaziele ins Zentrum der Szenarien zu stellen, fördere die IEA eine Zukunftsvision, bei der die Welt weiterhin von fossilen Brennstoffen abhängig ist, sagt Muttitt. „Als Grundlage für Politik- und Investitionsentscheidungen droht dies zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu werden.“ Selbst beim Sustainable Development Scenario (SDS) im „World Energy Outlook“ wäre das CO2-Budget für das 1,5 Grad-Ziel bis 2023 und das für das 2 Grad-Ziel bis 2040 erschöpft, trotz ehrgeizigerer Emissionspfade.

Der neue Bericht kritisiert auch die im World Energy Outlook angegebenen unterschiedlichen Emissionsminderungen je nach Region. Die Studienautoren haben dabei zwei Interessenskonflikte ausgemacht: Den größten Teil der Emissionsreduktionen veranschlagt die IEA in Nicht-OECD-Ländern, in den IEA-Mitgliedländern fielen die Reduktionen der Treibhausgase hingegen geringer aus. So müsse zum Beispiel Indien seines größeren Entwicklungsbedarfs zum Trotz im SDS seine 2040-Emissionen um 46 Prozent im Vergleich zum NPS senken, während die Europäische Union die Emissionen nur um 40 Prozent reduzieren müsste. Der zweite Interessenkonflikt bestehe darin, dass mindestens zwei der Autoren des jüngsten World Energy Outlook von Ölgesellschaften abgeordnet wurden, die während der Erstellung weiterhin ihre Gehälter bezahlten, so die Autoren der Analyse.

Photovoltaik-Potenzial wird dagegen von der IEA konsequent unterschätzt

Während die Rolle der fossilen Energieträger von der IEA im World Energy Outlook stets überbewertet wird, ignoriert sie die reale Entwicklung der Photovoltaik seit Jahren konsequent. Auke Hoeksra hat mit einer beeindruckenden Grafik aufgezeigt, wie sehr Realität und Erwartungen hierbei auseinanderklaffen und stur fortgeschrieben werden.

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