„Green Factory 2.0“ im Allgäu kurz vor dem Start

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In Ungerhausen im Allgäu feierte jetzt die Alois Müller Gruppe Richtfest beim Bau der „Green Factory 2.0“. Es sei das größte nahezu energieautarke Produktions- und Bürogebäude der Welt, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Bei den aktuellen Baumaßnahmen wird demnach die bereits seit 2012 bestehende rund 4.000 Quadratmeter große „Green Factory 2.0“ nochmal um 10.000 Quadratmeter an Produktions- und Lagerflächen sowie 4000 Quadratmeter für Büro, Verwaltung, Schulung und Kantine erweitert. In den kommenden Monaten soll die Fabrik schrittweise den Betrieb aufnehmen.

Eine rund 10.000 Quadratmeter große Photovoltaik-Anlage mit 1,1 Megawatt Leistung wird demnach die Fabrik mit 90 Prozent der benötigten Energie für Strom, Kälte, Wärme und Druckluft versorgen. Überschüssige Energie speist die Anlage gegen Vergütung in das Stromnetz. Die letzten zehn Prozent des Energiebedarfs deckt ein Blockheizkraftwerk ab. Die Energiekosten und der CO2-Ausstoß sinken damit nach Unternehmensangaben auf Null. Integriert in das Energiekonzept sei auch eine 200-Kilowatt-Pelletheizanlage. Fragen zum Beispiel im Hinblick auf die Investitionskosten und den Einsatz von Batteriespeichern blieben zunächst unbeantwortet.

Herzstück ist der Alois Müller Gruppe zufolge die Energiezentrale, in der das gesamte Energiemanagement des Werks in Ungerhausen gesteuert wird. Das Energiemanagementsystem komme dabei vom Energie-Dienstleister E-Con. Dabei würde ein intelligentes Stromnetz kontinuierlich den Verbrauch der Maschinen überwachen und die Einschaltzeiten der Anlagen so steuern, dass Belastungsspitzen vermieden werden. Mit Hilfe großer Pufferspeicher für Wärme, Kälte und Druckluft sowie Strom würden die Maschinen künftig zu jeder Zeit zuverlässig mit Energie versorgt. In Zeiten hoher Produktionsbelastung oder an Tagen mit wenig Sonne fließen diese „Reserven“ in das Energie-Netz der „Green Factory“. Das gesamte Gewerbegebiet Ungerhausen soll vom Konzept der grünen Fabrik profitieren, heißt es. So würden überschüssige Kälte- und Wärmeenergie in ein gemeinsames Netz fließen, das die benachbarten Firmen mitversorgt.

Sämtliche Anlagen „Green Factory 2.0“ seien voll auf digitale Wartung und Instandhaltung ausgerichtet und entsprechend mit intelligenten Sensoren ausgestattet, die Störungen automatisch melden. Durch die Vernetzung der gesamten Anlagentechnik sollen Störungen zentral behoben und Wartungsabläufe vollautomatisch gestartet werden. „In unserer Energie- und Management-Zentrale haben wir alle Prozesse im Griff“, sagt Andreas Müller. Durch die volldigitale Gebäudetechnologie würden sich Reaktions- und Ausfallzeiten verkürzen. „Je eher man auf Probleme reagieren kann, desto geringer ist das Schadens- und Kostenrisiko.“ Dieser so genannten Smart-Maintenance-Ansatz sei vor allem auch bei Kunden aus der Industrie von elementarer Bedeutung im Facility Management.

Auf dem Firmengelände in Ungerhausen sollen darüber hinaus acht Ladestationen für Elektrofahrzeuge entstehen, darunter zwei Schnell-Charger mit jeweils 120 Kilowatt für eine Ladung innerhalb von 20 Minuten. „Langfristig wollen wir unseren Fuhrpark auf Elektrofahrzeuge umrüsten. Für diesen Schritt schaffen wir in Ungerhausen bereits jetzt die notwendige Basis“, sagt Müller.

Unternehmenschef Müller will mit dem Bau der Industrie am eigenen Beispiel vorleben, wie sich nachhaltige, ressourcenschonende Produktionsumgebungen in der Praxis realisieren lassen – schließlich ist die Alois Müller Gruppe spezialisiert auf Anlagenbau, Energie- und Gebäudetechnik und fertigt Energiemodulsysteme und weitere versorgungstechnische Komponenten des Anlagenbaus, wie zum Beispiel Rohrleitungssysteme aus Stahl und Edelstahl. „Für viele Unternehmen wird es in Zukunft darum gehen, dezentrale Kraftwärmekopplung und Photovoltaik-Anlagen miteinander zu kombinieren, damit sie den Photovoltaik-Strom bestmöglich selbst nutzen können“, sagt er. „Das ist die neue Art der Nachhaltigkeit, die sich in den kommenden Jahren in der Industrie durchsetzen wird. Unser Konzept der Green Factory geht da bereits zu 100 Prozent auf. Wenn jede Fabrik auf der Welt eine Green Factory wäre, hätten wir die Energiewende längst abgeschlossen“, so Müller.

Bereits ab April soll die Fertigung in den neuen Produktionsflächen starten. Bis spätestens Anfang 2019 soll der Umzug der Verwaltung von Memmingen nach Ungerhausen folgen. Der Ausbau der „Green Factory“ wird von der Europäischen Union finanziell gefördert.

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