pv magazine award für Elektroauto mit Solardach

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Nur noch 3.500 Reservierungen trennen den Sion von der Serienproduktion. Wenn es nach den Gründern geht, bietet das Elektroauto Lösungen für die drei Probleme, die den Durchbruch der neuen Mobilität bisher verhindert haben: „Bei der Ladeinfrastruktur, bei der Reichweite und beim Preis“, erklärt Laurin Hahn, Mitgründer und Geschäftsführer des Herstellers Sono Motors. Für das Vorhaben bekommt das Unternehmen den pv magazine award in der Kategorie „top innovation“.

Zwei Prototypen des Sion fahren bereits auf den Straßen und touren für Testfahrten, die man über die Sono-Motors-Homepage buchen kann, durch Deutschland. Wenn am Ende 5.000 Reservierungen für den Kauf zusammenkommen, soll die Serienproduktion im Jahr 2019 als Auftragsfertigung starten. Potenzielle Kunden ködern Hahn und seine Mitstreiter nicht nur damit, dass man bei einer Reservierung auch tatsächlich sicher sein kann, ein Exemplar geliefert zu bekommen, sondern auch mit Rabatten. Diese sind gestaffelt, je nachdem, wie viel Reservierungsgebühr man vorab zahlt. Einen Rückzieher kann man dann übrigens immer noch machen, wenn man sich die ersten Serienautos anschauen kann.

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Seit der letzten Runde im Juni bewarben sich acht Unternehmen mit ihren Ideen neu für den
pv magazine award. Zwei Bewerbungen haben die Juroren Volker Quaschning,
Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, Hans Urban, Berater im Auftrag der Schletter Gruppe, und Winfried Wahl, Solarexperte, der unter anderem Leiter des Produkt Managements bei Suntech und Hanwha Solar war, in der Septemberrunde besonders überzeugt.

Sono Motors – Garagenauto mit Solarkarosserie

Während die altehrwürdige Automobilindustrie sich mit Innovationen bei der Elektromobilität schwer tut, gründen drei junge Menschen während ihres Studiums ein Unternehmen, entwerfen ein Elektroauto und bauen zwei Prototypen, mit denen sie jetzt auf Deutschlandtournee sind. Das alles innerhalb weniger Jahre. Gute Voraussetzungen dafür, dass sie auch den nächsten Meilenstein schaffen und die E-Mobile wirklich in Serie produzieren können. Außerdem ist das Konzept sehr innovativ: Die Art, wie sie in der Branche vorhandenes Know-How nutzen, dass sie Solarmodule in die gesamte Karosserie integrieren, und dass sie bidirektionales Laden von Anfang an vorsehen. Wenn das Produkt erfolgreich ist, wird es die Energiewende voran bringen. Daher verdient Sono Motors den pv magazine Award in der Kategorie „top innovation“.

Mehr Informationen zu den Kriterien, zu den bisherigen Preisträgern, zu den Juroren und alles Nötige, falls Sie sich auch bewerben wollen, finden Sie hier.

Der Einsendeschluss für die nächste Award-Runde ist am 10. Oktober 2017

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Essenziell für das Konzept sind die Solarmodule, die nicht nur auf dem Dach, sondern auch auf der Fronthaube, an der Heckklappe, an den Türen und Kotflügeln angebracht sind. Die Zellen werden zugekauft, aber die Verschaltung und die Lamination in die Karosserieteile aus Polycarbonat hat Sono Motors selbst entwickelt beziehungsweise teilweise in Auftrag gegeben. Die Alterungstest zeigten außerdem, dass durchaus eine Lebensdauer von 20 Jahren zu erwarten sei.

Vorteil solare Reichweite

Mit siebeneinhalb Quadratmetern, 1,2 Kilowatt Leistung, kann man bei den teilweise senkrecht ausgerichteten Modulen vielleicht einen Ertrag von 700 Kilowattstunden im Jahr erzielen. Damit kann das Auto 7.000 Kilometer weit fahren. Offiziell spricht Sono Motors von vermutlich 4.000 Kilometern. „Wir wollen nicht zu viel versprechen“, so Hahn. Klar, auch wenn es an einem guten Sommertag um die 30 Kilometer sind, an einem durchschnittlichen vielleicht knapp über 20, sind es an einem Januartag im Durchschnitt nur vier Kilometer zusätzliche Reichweite durch die Solarkarosserie. „Doch für viele reicht das neun Monate lang im Jahr, um autark zu sein“, sagt Hahn. Nämlich für die Pendler, die am Tag oft nicht mehr zurücklegen. Zudem würden sich für das Auto aber auch viele andere interessieren. Etwa Camper, denen die Möglichkeit gefällt, ihre Geräte an die Steckdose anzuschließen, die sich an dem Auto befindet. Die Vision der Gründer ist, bidirektionales Laden zu ermöglichen. Allerdings sei das bei der herrschenden Regulierung noch schwierig. Speicher müssten nämlich angemeldet werden, sobald diese ins Netz einspeisen. Auch sonst ist beim Sion vieles anders: Die Wartungs- und Reparaturanleitungen werden veröffentlicht, sodass jede Werkstatt aktiv werden kann, Sions können sich gegenseitig laden, und Moos filtert den Feinstaub aus der Luft. Nachhaltig, denn es kann alle zwei Jahre in der Biotonne entsorgt werden.


Das Moos im Innern steht auch für Nachhaltigkeit. Es filtert Feinstaub und kann alle zwei Jahre im Biomüll entsorgt werden. Foto: Sono Motors

Kein Klischee – eine echte Garagenfirma

Die Gründer haben alles gemacht, was dem Klischee einer Garagenfirma entspricht. Laurin Hahn und sein Mitgründer Jona Christians kennen sich noch aus der Schulzeit. Manche gehen in diesem Alter gerne demonstrieren. „Doch das lag uns nicht so“, bemerkt Hahn. Stattdessen entwickeln sie ihre Idee weiter, um, wie sie sagen, etwas zu tun, das die Ressourcen schützt. Nach dem Schulabschluss 2013 wählen sie ihre Studienfächer mit Elektrotechnik und Physik so, dass die ihnen bei der Umsetzung helfen. Parallel fangen sie an, in der elterlichen Garage das erste Auto zu bauen. In dieser Zeit stößt Navina Pernsteiner als Gründerin dazu, die Design studierte und dem Auto sein Äußeres gab. Das Studium wird schnell nebensächlich. „Das Autoprojekt war ein viel größeres Studium“, erinnert sich Hahn.

Der Bau des ersten „Garagen“-Prototyps hat zwei Jahre gedauert. Danach hätten sie das erste Mal das Gefühl gehabt, dass es wirklich klappen könne, sagt Hahn. Ein Auto zu bauen ist ja etwas Großes. Dass sie trotzdem so weit gekommen sind, liegt daran, dass sie sich das Baukastensystem der etablierten europäischen Zulieferer zunutze machen. „Wir haben viele Bauteile genutzt, die es schon gibt“, so der Gründer. Das gilt allerdings nicht für alle Elemente. Das Solardach ist zum Beispiel eine Eigenentwicklung. Das lassen sie bei einem der Zulieferer fertigen. „Carry-over-Part-Strategie“ nennt sich im Fach­slang die Vorgehensweise, viele bereits existierende Bauteile von Zulieferern zu übernehmen. Diese hätten sich im Übrigen gerne mit ihnen befasst, sagt Hahn. „Sie sind offen für Veränderungen und sehen darin eine große Chance.“ Die Böllinger Group, die unter anderem Karosseriezulieferer ist, hat bereits in Sono Motors investiert und unterstützt mit Know-how. Ein weiterer Investor, Matthias Willenbacher, ist in der Solarbranche nicht unbekannt. Er ist einer der Gründer von Juwi.

Das erste Crowdfunding nach der Fertigstellung des Prototyps hat letztes Jahr dann mit rund 850.000 Euro geholfen, innerhalb eines Jahres die zwei Exemplare zu bauen, die man jetzt Probe fahren kann.

Inzwischen ist das Unternehmen wieder auf Investorensuche und sammelt mit den Reservierungen weiter Geld ein. Wenn genug zusammenkommt, soll die Produktion starten. Nicht alle Autoexperten sehen das Projekt so zuversichtlich wie die Gründer. „Ein Auto ja, auch 10 oder 25 Autos, aber danach dürfte es schwer werden“, sagt etwa Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Universität Duisburg-Essen auf die Frage, ob das der 25-Mitarbeiter-Betrieb stemmen kann. Es geht, sagt dagegen Sono-Motors-Gründer Hahn, da sie so stark mit den Zulieferern zusammenarbeiten. Ihr Auftragsfertiger würde sogar die nötigen Crashtests machen. Der Ansatz sei in dieser Hinsicht ähnlich zum Elektroauto e.GO, das unter anderem Günther Schuh von der RWTH Aachen mitentwickelte.


Solardach von innen. Foto: Sono Motors

Auch die Preisklassen sind ähnlich, auch wenn Hahn sich nicht als Wettbewerber sieht. Dazu hätten die Autos zu unterschiedliche Profile. 16.000 Euro soll der Sion exklusive Batterie kosten. Dudenhöffer verweist bei der Frage nach seiner Einschätzung zur Realisierbarkeit auf den indischen Kleinwagen Tata Nano. „Tata hatte ihn für 2.000 Euro vor Steuern gebaut. Das Problem waren die fehlenden Kunden.“ Der Markttest der Käufer bringe die Entscheidung.

Hahn ist optimistisch, dass es die Käufer geben wird. Schon die Reservierungen würden gut laufen. Derzeit hätten rund 1.800 vorab angezahlt. Ein weiteres Indiz: Diejenigen, die bei der ersten Finanzierungsrunde Autos haben reservieren lassen, können jetzt nach den ersten Probefahrten einen Rückzieher machen. „Von dieser Möglichkeit hat fast niemand Gebrauch gemacht“, sagt Hahn. Die Facebook-Kommentare der Probefahrer sprühen vor Begeisterung. Bei der Präsentation der zwei Prototypen im Juni, Start-up-stilsicher mit Headset in einer mit jubelnden Anhängern gefüllten Münchner Industriehalle, sagt Hahn: „Wir sind heute hier zusammengekommen, weil wir alle an die gleiche Zukunft glauben.“ Wer mag da nicht an die großen Vorbilder Tesla und Apple denken und Mut für die deutsche Autoindustrie fassen, deren Vorzeigeunternehmen sich derzeit am Diesel abarbeiten. Auch mit vergleichsweise wenig Aufwand scheint es möglich zu sein, weit zu kommen. Sono Motors ist in den Augen der Investoren, die derzeit die 1,65 Prozent Anteile erwerbern, die zum Verkauf anstehen, auch schon 60 Millonen Euro wert.

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