Solarstrom wirtschaftlich in Wasserstoff umwandeln

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Brennstoffzellen und Wasserstoff werden in den Energie- und Verkehrssystemen der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Potenzielle Kostensenkungen hängen in diesem Bereich zum einen von einer steigenden Anzahl an Brennstoffzellen-Fahrzeugen ab. Aber auch die weltweiten Bemühungen, günstige Rahmenbedingungen für diese Technologie schaffen, werden eine wichtige Rolle spielen. Die Wasserstoff- und Brennstoffzellenindustrie hat bereits mit der Entwicklung größerer und flexiblerer Elektrolyseure begonnen, die Wasserstoff mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Photovoltaik erzeugt.

Bjørn Simonsen, Vizepräsident für Marktentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit beim norwegischen Unternehmen NEL Hydrogen wird als Redner beim pv magazine-Roundtable „Future PV“ auf der SPI in Las Vegas sprechen. Im Vorfeld sprach er mit pv magazine inwiefern der Erfolg des Energieträgers Wasserstoff von Kostensenkungen bei den Erneuerbaren abhängt.

pv magazine: Sie werden in Las Vegas über die Wirtschaftlichkeit der Wasserstoff-Herstellung aus Solarstrom in großem Maßstab sprechen. Haben Sie konkrete Projekte, von denen Sie uns erzählen können?

Bjørn Simonsen: Wenn wir uns die Vorteile der Herstellung von Wasserstoff aus Solarstrom anschauen, sprechen wir in erster Linie von Wasserstoff als Brennstoff. Derzeit sind wir vor allem in Kalifornien aktiv, wo wir verschiedene Projekte auswerten. Der Preis, bei dem Wasserstoff konkurrenzfähig zu Benzin wird, liegt für den Endkunden an der Tankstelle bei etwa sieben US-Dollar pro Kilogramm. Um ein Kilogramm Wasserstoff zu produzieren, benötigen Sie etwa 50 Kilowattstunden Strom. Und wir gehen davon aus, dass wir mit einem Preis von weniger als fünf US-Cent pro Kilowattstunde Strom ein brauchbares Geschäftsmodell aufstellen können – inklusive aller Investitionen, die für die Produktion und Verteilung des Wasserstoffs nötig sind.

Entnehmen Sie den Strom direkt aus Photovoltaikanlagen oder aus dem öffentlichen Netz?

Das hängt alles vom jeweiligen Anlagen-Design und auch von den vorhandenen Netznutzungsgebühren und verfügbaren Einspeisetarifen ab. Wir sehen daher sowohl netzgebundene als auch netzunabhängige Systeme. Wenn Sie einen Netzanschluss haben, steht Ihnen auch nachts Strom zur Verfügung, wodurch der Elektrolyseur besser ausgenutzt werden kann. Das ist aber gegebenenfalls auch möglich, wenn man eine Solaranlage mit ein oder mehreren Windrädern kombiniert. Zudem kann eine Verbindung zum öffentlichen Netz die Dinge auch komplizierter machen. Denn dann muss man sich auch mit den vor Ort geltenden Gebühren befassen, die solche Nutzungen oft eher bestrafen als anreizen, obwohl Stromnetz stark vom Einsatz von Elektrolyseuren profitieren könnten.

Möchten Sie mehr über solche Geschäftsfälle und neuen Technologien hören? Beim pv magazine-Roundtable „Future PV“ während der SPI in Las Vegas wird Bjørn Simonsen seine Ideen präsentieren, genauso wie First Solar, Hanwha Q Cells, Strata, NREL und weitere. Die zweistündige Veranstaltung besteht aus interessanten und unterhaltsamen Fünf-Minuten-Pitches. Jeder Präsentation folgt eine lebhafte Diskussion mit den Teilnehmern und eine Abstimmung darüber, ob das präsentierte Modell überzeugend ist oder nicht.

Zu weiteren Informationen und zur kostenlosen Registrierung für den Future PV Roundtable “Pushing the boundaries – the latest steps to decrease LCOE” gelangen Sie unter folgendem Link: https://www.pv-magazine.com/future-pv

Ist der Strom billiger, wenn die Elektrolyseure direkt neben Photovoltaik-Anlagen stehen oder können sie einfach von überall an das Netz angeschlossen werden?

Einige Solarparks, die heute errichtet werden, erreichen Levelized Costs of Energy (LCOE-Kosten) von bis zu drei US-Cents pro Kilowattstunde. Die LCOE-Kosten und der Nutzungsgrad des Elektrolyseurs sind für uns die wichtigsten Parameter. Wenn wir unter fünf US-Cents pro Kilowattstunde liegen, haben wir ein attraktives Geschäftsmodell. Und je weiter wir darunter liegen, desto besser. Bei einem sehr großen System wird das Projekt dann auch sehr profitabel.

Können Sie mit Leistungsschwankungen arbeiten und den Elektrolyseur gegebenenfalls auch nutzen um das Erzeugungsprofil eines Solarparks zur glätten?

Um Wasserstoff zu erzeugen, braucht die Erzeugung nicht stabil zu sein. Wir können die Elektrolyseure jederzeit flexibel bedienen. Mit Wolkendecken, Wetterschwankungen und solche Dingen können wir daher gut umgehen. Außerdem haben wir sowohl alkalische Elektrolyseure als auch Elektrolyseure mit Polymerelektrolytmembran (PEM). So können wir jeden Solar- und Windstrom nutzen und damit auch Dienstleistungen erbringen, wenn die Anlage netzgekoppelt ist.

Gibt es noch technische Herausforderungen zu überwinden?

Die Technik ist da. Natürlich gibt es auch kontinuierliche Verbesserungen bei dieser Technologie. Das betrifft zum Beispiel die Flexibilität und die Effizienz. Es geht aber nun vor allem darum, die Kosten weiter zu senken und passende Marktmechanismen zu schaffen. Dabei geht es einerseits um Anreizsysteme und andererseits darum, einen Markt für erneuerbaren Wasserstoff zu entwickeln.

Welche weltweiten Märkte halten Sie für besonders interessant?

Wir haben Elektrolyseure in der ganzen Welt installiert und Wasserstoff-Tankstellen in acht europäischen Ländern. Bald folgt die erste Tankstelle in Kalifornien. Mit den Strompreisen, die wir in Norwegen, Dänemark, Island und in zunehmendem Maße auch in Deutschland haben, sehen wir, dass wir Wasserstoff aus erneuerbaren Energien zu einem konkurrenzfähigen Preis produzieren können. Natürlich kommt der Strom dabei nicht immer aus Photovoltaik-Anlagen. In Norwegen nutzen wir zum Beispiel überwiegend Wasserkraft. Und es werden auch viele Windkraftanlagen zugebaut. Eine Kombination von Photovoltaik und Windkraft halten wir für ideal, da dann auch Nacht Strom produziert wird.

In Deutschland haben wir LCOE-Kosten für Solarstrom aus Großanlagen zwischen fünf und sechs Eurocent pro Kilowattstunde. Ist das in Verbindung mit Elektrolyseuren attraktiv?

Ja, wenn Sie bei fünf Eurocent pro Kilowattstunde sind, ist das wirklich interessant. In diesem Bereich sind wir konkurrenzfähig. Da die Benzinpreise in Europa viel höher sind als in den USA, ist erneuerbar erzeugter Wasserstoff, der als Treibstoff genutzt wird, hier auch früher wettbewerbsfähig – auch wenn die Strompreise hier höher sind als in den USA.

Ihr Geschäftsmodell bezieht sich auf die Nutzung von Autos mit Elektromotoren, die mit Brennstoffzellen angetrieben werden. In diesem Bereich gab es seit 20 Jahren keinen Durchbruch und im Bereich der Elektromobilität konzentriert sich die Diskussion derzeit sehr stark auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Sie denken, dass Brennstoffzellen-Autos eine große Zukunft haben werden?

Sie sagen, dass es bereits vor 20 Jahren die ersten Wasserstoff-Autos auf den Straßen gab. Es ist aber bereits 100 Jahre her, dass das erste batteriebetriebene Elektroauto auf die Straße kam. Ich denke, dass die Entwicklung in den letzten 20 Jahren enorm war. Sie hat in den Medien aber nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdient hätte. Es ist viel zu früh, um zu schlussfolgern, welche Technologie besser geeignet ist, um weiter nach vorne zu kommen. Im Moment gibt es ungefähr zwei Millionen batteriebetriebene Elektroautos auf den Straßen, im Vergleich zu etwa zehntausend Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen. Ich bin davon überzeugt, dass Brennstoffzellen und Wasserstoff zu integralen Bestandteilen des zukünftigen Transport- und Energiesystem werden. Auch deshalb, weil Wasserstoff-Systeme auch in anderen Transport-Arten zum Einsatz kommen können, zum Beispiel in Schwerlastfahrzeugen, Bussen, Zügen und Fähren.

Ein Vorteil von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen sind weniger Umwandlungsverluste und damit eine höhere Effizienz.

Mit dem Energieregime, in das wir hineingehen, verliert die gesamte Effizienzfrage an Bedeutung. Wir sind es gewohnt, über Energie als eine begrenzte Ressource nachzudenken. Wenn Sie zum Beispiel ein Fass Öl haben, dann sollten sie diese begrenzte Menge an Rohstoff effizient nutzen. Sie müssen das Fass aber nicht komplett sofort verbrauchen sondern können einen Teil davon auch erst in mehreren Jahren nutzen. Was Sie heute nicht verbrauchen, haben Sie später übrig. Bei erneuerbaren Energien ist das anders. Die muss man nutzen, wenn sie da sind. Daher müssen wir Energie mit neuen Augen betrachten. Die Kosten sind dabei interessanter als die Effizienz. Wenn die Kosten für erneuerbaren Strom niedrig genug ist, kann es sich rechnen, damit Wasserstoff zu produzieren und diesen dann zu den Tankstellen zu bringen. Wenn Sie ihre Fahrzeugbatterie mit der Solaranlage vom eigenen Hausdach aufladen können, ist das natürlich effizienter. Aber sie werden es nicht erleben, dass Leute mit ihrem Elektroauto zu einem weit entfernten Solarpark fahren, um dort bei sonnigem Wetter ihre Batterien aufzuladen. Deshalb werden die beiden Technologien nebeneinander existieren und sich im Idealfall gegenseitig ergänzen.

Die Fragen stellte Michael Fuhs.
Bearbeitet von Brian Publicover und Mirco Sieg.

Bjørn Simonsen, Vizepräsident für Marktentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit bei NEL Hydrogen, wird beim pv magazine-Roundtable „Future PV“ auf der SPI in Las Vegas über die Speicherung von Solarenergie durch die Produktion von Wasserstoff sprechen. NEL Hydrogen war auch auf der Ausstellung Wasserstoff + Brennstoffzellen + Batterien auf der Hannover Messe vertreten. Die Organisatoren setzen ihre Arbeit auf der SPI mit der Ausstellung „Hydrogen + Fuel Cells North America“ fort. Dort werden rund 40 Aussteller und Partner erwartet.

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