Solarworld-Chef: Chinesische Überproduktion und Dumping haben uns das Wasser abgegraben

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Vorstandschef Frank Asbeck äußerte sich erstmals im „Spiegel“ nach dem Insolvenzantrag der Solarworld AG und ihren deutschen Tochtergesellschaften vor rund zehn Tagen. Er erklärte, dass ihn die ungewisse Zukunft seines Unternehmens persönlich sehr belaste. Den Grund für die Insolvenz sieht er in der chinesischen Konkurrenz. „Die Chinesen haben ja bereits 2003 die Solarindustrie als strategisch wichtige Schlüsseltechnologie definiert. Darauf wurden dann die Betriebe angesetzt. Mit Staatsbankkrediten wurde eine Kapazität aufgebaut, die heute die weltweite Nachfrage 1,3-mal bedienen kann“, sagt Asbeck. Er habe bis zuletzt an den „testierten Businessplan“ geglaubt, bei dem sich Solarworld auf die monokristallinen Photovoltaik-Produkte fokussieren wollte. Bis 2019 sollte damit der Umschwung bei dem verschuldeten Photovoltaik-Hersteller gelingen. „Der Preisverfall seit vergangenem Jahr, ausgelöst durch die extreme chinesische Überproduktion und deren Notverkäufe zu Dumpingpreisen, hat uns dann aber das letzte Wasser abgegraben. Da geht es am Ende um Cent-Beträge: Jeder Cent, den wir am Markt nicht erzielen, bedeutet zig Millionen Euro weniger Ertrag. Nicht Umsatz, Ertrag! Auch in der Vorschau hatte sich das noch mal verschärft. Da haben wir die Nase nicht mehr hochbekommen“, erklärt Asbeck im Interview.

Solarworld habe lange Zeit versucht, durch die Aufstockung seiner Forschungsabteilung auf mehr als 100 Mitarbeiter auf den Druck aus China zu reagieren. 25 bis 40 Millionen Euro habe der Photovoltaik-Hersteller jährlich in diesen Bereich investiert. „Wir haben frühzeitig an Alternativen gearbeitet. Bei der Photovoltaik geht es heute aber nicht mehr um Revolution, sondern um Evolution“, erklärt Asbeck im Interview weiter. Technologisch sei Solarworld den Chinesen stets rund zwei Jahre voraus gewesen. Allerdings habe man mit den dortigen Arbeitsbedingungen und Löhnen nicht auf Dauer konkurrieren können. „Unser Problem war die an allen Ecken und Enden in China subventionierte Produktion, das ist Doping.“ Asbeck sagt weiter: „Fabriken, die auf Überproduktion angelegt sind, sind ja weder sinnvoll noch nachhaltig und in einer Marktwirtschaft völlig irrational. Bei den Einkaufspreisen unterscheiden wir uns nicht groß von den Chinesen. Wenn Sie allerdings subventionierten Strom bekommen und subventionierte Rohstoffe und immer neue Staatskredite, dann können wir eben irgendwann nicht mehr mit.“ Als möglichen eigenen Fehler sieht Asbeck, dass es vielleicht zu lange gedauert habe, die Perc-Technologie an den Markt zu bringen. Diese habe Solarworld seit 2012 entwickelt.

Mit Blick auf die bestehenden Anti-Dumping-Maßnahmen sagt Asbeck, dass sie von den chinesischen Photovoltaik-Herstellern – auch mit Hilfe deutscher Komplizen – seit Jahren umgangen worden seien. Dies zeigten auch die laufenden Ermittlungen von Staatsanwaltschaften und Zollfahndern. „Viele haben mir in dem Zusammenhang ja Alarmismus vorgeworfen, aber fairer Handel sieht für mich anders aus: Wir sind mit illegalen Mitteln zur Strecke gebracht worden“, erklärt er.

Den Rückgang der Photovoltaik-Nachfrage in Deutschland in den vergangenen Jahren sieht Asbeck vor allem in der deutschen Politik begründet. „Fünf Jahre Schlechtreden hat der Solarenergie zugesetzt. Hinzu kamen die sinkende Vergütung, Zubaugrenzen und Eigenverbrauchsabgabe. Gleichzeitig haben wir aber Kosten gesenkt: Die Module sind heute so günstig, dass sie problemlos mit konventionellem Strom konkurrieren können“, so seine Einschätzung. Seine Zukunft sieht Asbeck aber durchaus noch in der Solarbranche. „Ich hab was im Kopf, was jeder braucht. Erneuerbare Energien natürlich. Der Markt wird auf 100 Gigawatt steigen. Da wird die eine oder andere sonnige Idee wohl noch reinpassen.“

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