Die EU-Kommission hat am Mittwoch über ihren Vorschlag für die Anti-Dumping-Maßnahmen für chinesische Photovoltaik-Hersteller beraten. Sie wolle nun eine „Verlängerung von 18 Monaten mit einem stufenweisen Ausstieg“ den Mitgliedsstaaten vorschlagen, erklärte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans auf einer Pressekonferenz am Nachmittag. „Es gibt keinen Zweifel, dass wir das Recht haben, unsere Industrie vor unfairen Wettbewerbsbedingungen mit gedumpten und subventionierten Importen zu schützen.“
Zugleich müsse die EU auch die Interessen anderer Unternehmen beachten, die von diesen Importen abhingen, um ihre Endprodukte zu entwickeln und tausende Menschen in Europa beschäftigten, so Timmermans. Zudem sei Solarenergie essenziell für die europäischen Umwelt- und Klimaziele. „Das ist der Grund, warum das Kollegium sich heute Zeit genommen hat, um sorgfältige und gründliche Abwägung der Optionen vorzunehmen, die die verschiedenen Interessen der beteiligten Parteien und Mitgliedsstaaten berücksichtigen, inklusive der Meinung der Mitgliedsstaaten“, sagte Timmermans weiter. Daraus sei nun der Vorschlag erwachsen, die Verlängerung der seit 2013 bestehenden Maßnahmen um 18 Monate vorzuschlagen.
Hintergrund ist, dass vor rund zwei Wochen die EU-Mitgliedsstaaten, den ursprünglichen Vorschlag aus Brüssel mit einer Verlängerung der Anti-Dumping-Maßnahmen um zwei Jahre mit einfacher Mehrheit ablehnten. 18 EU-Länder stimmten dagegen, die allerdings nicht 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, weshalb es sich nicht um eine qualifizierte Mehrheit handelte. Als Folge der Abstimmung hat sich die EU-Kommission nun zur Änderung ihres Vorschlags entschlossen, was nicht zwingend erforderlich gewesen wäre. Sie wird in den kommenden Tagen mit den EU-Ländern verhandeln, die dann erneut über den Vorschlag abstimmen müssen. Bei einer erneuten einfachen Mehrheit gegen den Kommissionsvorschlag wäre dieser trotzdem angenommen. Im Gegensatz zu den Anti-Dumping-Maßnahmen haben die EU-Mitgliedsstaaten der Verlängerung der Anti-Subventionsmaßnahmen bereits zugestimmt. Dabei stimmten 14 Länder dafür oder enthielten sich, während 14 Staaten gegen den Vorschlag votierten.
Auf Nachfrage erklärte Timmermans, was die Kommission unter dem Ausstieg aus den Anti-Dumping-Maßnahmen versteht. Es solle sichergestellt werden, dass die Solarmodulhersteller in der EU genug Zeit hätten, um sich der neuen Lage anzupassen. „Die präzisen Bedingungen werden Gegenstand von künftigen Diskussionen, auch mit den Mitgliedsstaaten sein“, so Timmermans weiter.
Innerhalb der europäischen Solarbranche hat der neue Vorschlag unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. „Die Kommission hat heute klargestellt, dass die Maßnahmen in jedem Fall verlängert werden. Das ist gut. Allerdings wäre eine längere Laufzeit dringend notwendig gewesen, um endlich wieder fairen Wettbewerb und Planungssicherheit für Investitionen zu schaffen“, erklärte Milan Nitzschke, Präsident von EU Prosun, das die Auslaufprüfung des Undertakings in Brüssel beantragt hat, auf Anfrage von pv magazine. Die Pläne, den Mindestimportpreis künftig degressiv zu gestalten, begrüßte er. Wenn er damit planbar und besser kontrollierbar werde, helfe dies allen.
Bei der Vereinigung SAFE, die ein Ende der Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen gegen die chinesischen Photovoltaik-Hersteller erreichen will, zeigte man sich ermutigt, dass sich die Kommission in der Sache endlich bewegt. „Aber die Vorschläge sind aus unserer Sicht noch nicht ausreichend und bieten zu viel Interpretationsspielraum. Eine Neuregelung muss sicherstellen, dass ein wie auch immer gearteter Preis für chinesische Solarmodule und -zellen die realen Verhältnisse am Weltmarkt widerspiegelt“, erklärte SAFE-Sprecher Holger Krawinkel auf Anfrage von pv magazine.
Solarpower Europe zeigte sich enttäuscht, dass die Maßnahmen für Solarzellen aus China weiter in Kraft bleiben sollen. „Die Kommission hat die Wünsche der europäischen Solarindustrie nach einer gewissen Verlängerung erkannt – die Reduzierung der Dauer der Anti-Dumping-Maßnahmen ist dabei wichtig“, hieß es von Solarpower Europe auf Anfrage von pv magazine. In den Verhandlungen zwischen EU-Kommission und Mitgliedsstaaten wird es nun vor allem darum gehen, ob oder wie die Auslauf- oder Verlängerungsregelung konkret ausgestaltet wird. Dabei gehen die Ansichten zwischen EU Prosun auf der einen und SAFE und Solarpower Europe auf der anderen Seite auseinander.
„Der Schlüssel ist, dass wir verstehen müssen, was der graduelle Ausstieg genau meint: Wenn es bedeutet, dass eine Einstellung der Anti-Dumping-Maßnahmen absehbar ist, würden wir das unterstützen, wenn nicht, dann würden wir sagen, dass es nicht weit genug geht“, sagte Kristina Thoring von Solarpower Europe weiter. Der Verband hat sich neben SAFE in den vergangenen Monaten immer wieder für das Auslaufen der Importbeschränkungen für die chinesischen Photovoltaik-Hersteller stark gemacht. Ähnlich auch die Einschätzung bei SAFE. „Außerdem muss klar gestellt sein, dass mit Abschluss dieses Verfahrens keine weiteren mehr erforderlich oder zulässig sind – weder was eine erneute Verlängerung der Maßnahmen anbelangt noch eine Ausweitung auf andere Länder“, forderte Krawinkel.
EU Prosun-Präsident Milan Nitzschke betont dagegen: „Wichtig ist, dass das in der europäischen Anti-Dumping-Richtlinie festgeschriebene Recht auf weitere Prüfungen und Verlängerungen am Ende nicht wie von der Kommission heute angedeutet eingeschränkt wird. Dies wäre sonst ein klarer Fall für den Europäischen Gerichtshof.“
Die Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten über den angepassten Kommissionvorschlag werden nun in den kommenden Tagen stattfinden. Anfang März muss Brüssel dann seine endgültige Entscheidung zur Auslaufprüfung veröffentlichen. Die vorgesehenen Anti-Subventionszölle für die chinesischen Hersteller liegen bei 11,5 Prozent und die Anti-Dumping-Zölle bei 64,9 Prozent. Der im Undertaking vorgesehene Mindestimportpreis für in China gefertigte kristalline Solarmodule beträgt seit Jahresbeginn 46 Eurocent pro Watt. Viele große chinesische Photovoltaik-Hersteller waren im vergangenen Jahr aus dem Undertaking ausgetreten. Sie wollen den europäischen Markt mit Produkten ihrer Produktion außerhalb Chinas beliefern. Überdies hatte die EU-Kommission zahlreiche weitere chinesische Photovoltaik-Hersteller wegen verschiedener Verstöße aus dem Undertaking ausgeschlossen. (Sandra Enkhardt)
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