Warnung vor der Eigenverbrauchsfalle

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„Es liegt an uns, ob der Solarmarkt wächst“, sagt Daniel Brandl, Gründer und Geschäftsführer von Orange Solar. Die Preise sind gefallen, die Zinsen verharren auf einem historischen Tief. „Die Einzigen, die uns im Wege stehen können, sind wir selbst“, sagt er. Auch die Schwierigkeiten in der Vergangenheit seien teilweise hausgemacht.

In dieser Hinsicht machte er sich schon in der Vergangenheit Sorgen, was er bei Kunden mitbekommen hat. Oft seien sie so beraten worden, dass sich Photovoltaikanlagen nur mit Eigenverbrauch lohnen und dass Photovoltaikanlagen klein gebaut werden müssten. Brandl geht sogar noch einen Schritt weiter und vertritt die These, dass 70 bis 80 Prozent des potenziellen Marktes am Eigenverbrauch recht wenig Interesse haben. Auch bei der Bewertung des Eigenverbrauches fallen ihm oft Fehler auf, wenn bereits vor ihm ein Betrieb auf Akquise war. Bei Privatkunden würden häufig Bruttopreise statt der Nettopreise in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen eingetragen. Bei Industriebtrieben würden oft nicht nur die variablen Stromkosten betrachtet. „Wenn der Kunde merkt, dass der Fokus auf Eigenverbrauch nicht seine Bedürfnisse trifft, ist der Kunde für zwei Jahre für Photovoltaik verloren“, sagt Brandl.

Er wird dieses Jahr mit seinem Unternehmen, gelegen zwischen Heilbronn und Ludwigsburg, vermutlich mehr als vier Megawatt installieren, sagt er. Er hat sich mit seinem mittelgroßen Betrieb ausschließlich auf Photovoltaik konzentriert und baut vor allem auf Gewerbebetrieben.

„Der totale Fokus auf den Eigenverbrauch behindert uns“, ist er sich sicher. Bei Kollegen beiße er mit dieser Einstellung allerdings oft auf Granit. Dabei sagen auch diese, dass der Markt durch die „Komplexität“ gebremst werde. Weil sich Kunden nicht mit Direktvermarktung, Eigenverbrauch, Abrechnung der EEG-Umlage auf Eigenverbrauch beschäftigen wollten.

Daniel Brandl zieht daraus den Schluss, dass man die Komplexität eben reduzieren müsse. Das sei möglich und er verkauft eben anders. Er rechnet vor, dass Photovoltaikanlagen wirtschaftlich sind, rein mit Einspeisung. Bei vielen Dächern gerade auf Gewerbebetrieben sei das der Fall. Die Kapitalrücklaufzeiten lägen unter zehn Jahren.

Anlagen absichtlich klein zu bauen, ergibt für ihn daher überhaupt keinen Sinn. Schließlich bringt jedes weitere Modul in der Regel eine höhere Rendite als die Module zuvor, wenn man schon auf dem Dach ist. Wenn er auf der Webseite eines führenden Wechselrichteranbieters sieht, „Rendite war gestern, Eigenverbrauch ist die Zukunft“, dann löst das bei ihm Kopfschütteln aus.

Dabei ist es ja gar nicht so, dass er prinzipiell etwas gegen Eigenverbrauch hätte. Wenn dieser möglich ist, erhöht das die Rendite. „Umso besser“, sagt er. Aber es ginge eben auch ohne. Ähnlich argumentiert er auch beim Mieterstrom. Ein Investor lasse sich doch nicht dadurch überzeugen, dass er einen Cent mehr als die Einspeisevergütung bekomme und sich dafür mit den vielen komplexen Randbedingungen beschäftigen muss. Genauso wie die Eigenverbrauchsdebatte sieht er mit Bedenken, wie Batteriespeicher angepriesen werden. Wenn ein Kunde einen solchen haben möchte, sei das ja gut. Aber sie erhöhten die Rendite nicht.

Nicht nur aus der Verkaufs- und Renditeperspektive gedacht hält er es für sinnvoll, primär auf Einspeisung und erst sekundär auf Eigenverbrauch zu setzen. Das gelte auch für die Energiewende in großem Maßstab. Er zieht einen Vergleich zu den vielen Winzern, die in seiner Region Wein anbauen. Sie bauen nicht nur so viele Trauben an, dass es für ihren eigenen Weinbedarf reicht. Sie vermarkten den Wein meistens auch nicht selbst an Endkunden oder Nachbarn. „Wo es kleine Strukturen gibt, sind Produktion und Vermarktung getrennt“, sagt er. Insofern sei es falsch, die Einspeisung zu verteufeln. Für die Zeit nach dem EEG müsste die Branche daher einfache Vermarktungsmöglichkeiten suchen. Immerhin wird Solarstrom immer billiger. Doch bis dahin sollte die Branche die Vergütung nutzen.

„Wir müssen den potenziellen Investoren erklären, dass sich Photovoltaik lohnt.“ Diese Aussage predigt Brandl wie ein Mantra. „Es gibt doch keine bessere Geldanlage, zum Beispiel für die Alterssicherung.“ Das gilt umso mehr, wenn man vom Investitionsabzugsbetrag steuerlichen Nutzen ziehen kann (siehe pv magazine November 2015, Seite 74).

Er sieht jetzt angesichts der gefallenen Preise eine gute Chance, diese Botschaft zu verbreiten. „Das ist jetzt unsere Aufgabe“, sagt er. Dazu müsse „der Kopf hoch, die Brust raus“, sprich die Branche auch wieder selbstbewusster sein auf das, was sie erreicht habe. „2017 wären drei bis vier Gigawatt möglich.“ Der Markt sei preisgetrieben. Das gelte für den Privatkundenmarkt, soweit man die Kunden nicht durch die Eigenverbrauchsdebatte vertrieben habe, genauso wie für den der Gewerbeanlagen. „Jetzt ist es ja sogar wieder möglich, Freilandanlagen bis 750 Kilowatt zu bauen“, sagt er.

Mehr Aussagen von Branchenexperten zu diesem Thema finden Sie ab Seite 35.

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