Besser als der Eigenverbrauch?

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Bislang stand beim Speichernutzen im Vordergrund, dass das Gerät den Eigenverbrauch oder die Autarkie erhöht, je nach Sichtweise. Dass man mit dem Speicher Netzdienstleistungen erbringen, mit ihm etwa Regelleistung vermarkten kann, stand in der zweiten Reihe. Das könnte sich jetzt ändern, wie die neuesten Meldungen von Sonnen und Fenecon andeuten. Sie verkaufen Tarifmodelle, bei denen sie den Speicher für die Primärregelenergievermarktung nutzen. Zwar dürfen sie das faktisch zunächst nur in der Schweiz, doch sie sind zuversichtlich, dass sie das Go auch bald von deutschen Übertragungsnetzbetreibern bekommen (siehe pv magazine Webinare mit Sonnen und Fenecon unter www.pv-magazine.de/webinare).

Auch wenn die Speicher physikalisch natürlich immer noch den Eigenverbrauch erhöhen, könnte sich der wirtschaftliche Aspekt drehen.

Ein einfaches Rechenexempel zeigt, warum das ökonomisch sinnvoll ist. Betrachtet wird eine Kilowattstunde Speicherkapazität. Nimmt man an, dass sie im Jahr bei 200 Zyklen zu 100 Prozent für die Eigenverbrauchserhöhung genutzt wird, ist das eine sehr optimistische Annahme, vor allem wenn sie Teil eines größeren Speichers ist. Der Speicher-Eigenverbrauch spart pro Kilowattstunde 24 Cent (netto) Bezugskosten. Er kostet 11 Cent pro Kilowattstunde Vergütung, da der Strom ja nicht eingespeist wird. Die 15 Cent hochgerechnet auf 200 Tage und eine Kilowattstunde ergibt einen Profit von 30 Euro pro Jahr.

Nutzt man die gleiche Batteriekapazität für Primärregelleistung, kann man einen viel höheren Gewinn erzielen. Die Primärregelleistung muss 30 Minuten erbracht werden. Damit das in beide Richtungen, Stromeinspeisung und Strombezug, geht, muss der Speicher zur Hälfte geladen sein. Dann kann die eine Kilowattstunde also mit einem Kilowatt Leistung eine halbe Stunde entladen oder geladen werden, wenn die Leistungselektronik entsprechend ausgelegt ist. Dafür hätte es im Jahr 2015 im Schnitt rund 194 Euro gegeben, bei der optimistischen Annahme, dass sie durchgehend vermarktet wird. Im Poolbetrieb müssen die Bedingungen auf individueller Anlagenebene nicht ganz so strikt eingehalten werden, und es könnte sein, dass sich ein höherer Betrag erwirtschaften lässt.

Primärregelleistung hätte im Jahr 2015 also mehr als das Sechsfache dessen gebracht, was mit der Eigenverbrauchsoptimierung möglich ist. Dem sind jedoch der Mehraufwand für Präqualifikation, Marktanbindung, Pooling etc. gegenüberzustellen, zudem muss die Frage gestellt werden, wie sehr die Vermarktung den Eigenverbrauch beeinflusst.

Es hängt vom Tarifmodell ab

Allerdings ist das Tarifmodell bei Sonnen bereits so konstruiert, dass es darauf kaum noch ankommt. Der Kunde bekommt bis zu einer bestimmten Kilowattstundenmenge den Strom als Flatrate, Eigenverbrauch eingerechnet. Sonnen hat also die Freiheit, den Speicher so gut wie möglich zur Vermarktung zu nutzen. Es kommt also eigentlich gar nicht mehr darauf an, dass der Eigenverbrauch besonders hoch ist. Fenecon gibt 1.000 Kilowattstunden Umsonststrom an seine Teilnehmer. CEO Franz-Josef Feilmeier rechnet im Webinar vor, warum der Eigenverbrauch nur wenig beeinflusst wird und wie sich die Vermarktung in sein Gesamtkonzept des Energy Pools einfügt.

Obige Beispielrechnung war für das Jahr 2015. Die Preise auf dem Primärregelenergiemarkt sind dieses Jahr aber erstmals seit 2012 wieder gesunken. „Die Preissenkung ist wohl unter anderem auf neue Technologien wie große Batteriespeicher mit zusammen über 75 Megawatt und auf die zunehmende Integration der Nachbarmärkte zurückzuführen“, erklärt Raphael Hollinger, Leiter des Teams „Economic Operation and Business Models“ am Fraunhofer ISE, der sich ausgiebig mit Regeldienstleistungen beschäftigt. Dieses Jahr lagen die Preise für Primärregelleistung bisher nur noch bei etwas mehr als zwei Drittel der Preise von 2015. Auch damit würden sich die Geschäftsmodelle noch rentieren.

In Diskussion ist nur, wie tief die Preise noch fallen werden. Analysen von Raphael Hollinger haben für konventionelle Kraftwerke gezeigt, dass die zunehmend schwankenden Stromgroßhandelspreise Kostentreiber in der Primärregelleistung sein können. Bei weiter sinkenden Preisen sieht er daher insbesondere Pools aus konventionellen Kraftwerken und Batterien, wie sie die Steag derzeit aufbaut, im Vorteil. „Wo sich die Preise einpendeln, wenn der Großteil der Primärregelleistung durch Batterien bereitgestellt wird, hängt ab von den alternativen Vermarktungsmöglichkeiten für Speicher und den Opportunitätskosten“, sagt er.

Eine andere Unsicherheit betrifft die rechtliche Situation. Es könnte sein, dass der gesamte Eigenverbrauch, der aus dem Speicher stattfindet, der auch zur Regelleistungsvermarktung genutzt wird, mit der EEG-Umlage belastet wird. Das würde das gemischte Geschäftsmodell quasi unmöglich machen. Wenn der Kunde aber gar nicht mehr merkt, was Eigenverbrauch und was Stromlieferung ist, kann es ihm unter Umständen egal sein. Die Antwort auf die Frage hängt auch davon ab, wer im rechtlichen Sinne der Speicherbetreiber ist und ob diese Eigenschaft auf denjenigen übergeht, der die Regelleistungsvermarktung übernimmt. Senec-Geschäftsführer Mathias Hammer erklärt in diesem Sinne, warum er zunächst auf die im April eingeführte Cloud statt auf das schon ältere Econamic Grid setzt (Seite 65).

Und der Eigenverbrauch?

Dass Eigenverbrauch immer noch stark nachgefragt wird, hat natürlich einen guten Grund. Kunden entscheiden sich am Ende für die Speicher, weil sie die höhere Unabhängigkeit gut finden. Das stellen auch Firmen wie Solarwatt (siehe Interview Seite 63) und E3/DC in den Vordergrund. Schließlich ist es immer noch so, dass eigenverbrauchsoptimierte Speicher zwar zusammen mit Photovoltaik insgesamt oft eine positive Rendite erwirtschaften. Würde man auf Rendite optimieren, würde man sie eventuell weglassen, wobei man sich die Angebote dann detailliert durchrechnen müsste. Doch darauf dürfte es vielen Kunden gar nicht ankommen.

Ob der Kunde darauf anspringen wird, dass er seine Batterie mehr zur Regelleistungserbringung kaufen soll als zur Eigenverbrauchserhöhung, wird sich zeigen. Selbst wenn man voll auf die Regelenergiedienstleistung setzt, kann man immerhin noch einen Teil des Autarkiegefühls haben. In einem Fall liefert auch die in erster Linie zur Erwirtschaftung der Regelleistung angeschaffte Batterie Unabhängkeit: Bei einem Stromausfall steht sie dem Haushalt zur Verfügung. Außerdem betonen die Anbieter dieser Geschäftsmodelle wiederum, dass es ihnen auch um eine Unabhängigkeit gehe, nämlich die von den großen Stromversorgern. (Michael Fuhs)

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