Wenn Installateure in heißen und entlegenen Regionen arbeiten, ist Zeit ein wichtiger Faktor. Um einen typischen dreiphasigen Wechselrichter mit einer Modulreihe in einer Freiflächenanlage zu verbinden, sind höchstens zwei erfahrene Installateure nötig. Die Zeit, die sie dafür benötigen, ist gering, verglichen mit dem Aufwand für die Installation eines typischen Zentralwechselrichters. Bei Strangwechselrichtern fallen die DC-Kabel kürzer aus, Generatoranschlusskästen sind nicht nötig. Ein Lastwagen, der sich mit einer Ladung von mehreren Tonnen durch den halb fertigen Park schlängelt, entfällt ebenfalls. Oft ist es viel einfacher, Hunderte oder auch Tausende einzelne Strangwechselrichter zu installieren als einen einzigen Zentralwechselrichter aufzustellen und anzuschließen.
Die EPC-Spezialisten der Firma Asunim sprechen aus Erfahrung, wenn sie die Vorteile von Strangwechselrichtern auch in großen Solarparks betonen. Der Fokus des Unternehmens liegt derzeit auf Freiflächenanlagen in Ägypten, Portugal und der Türkei. Über die Jahre haben die Mitarbeiter ein gewichtiges Sammelalbum mit Best-Practice-Beispielen zusammengestellt, das viele Vorschläge enthält, was man in diesen Regionen tun und was man lieber lassen sollte.
„Große Strangwechselrichter machen unsere Aufgabe als EPC deutlich einfacher“, sagt Andreas Schuenhoff, Group Director von Asunim. „Sie ermöglichen uns, Großanlagen auch auf einem Untergrund zu errichten, der normalerweise als schwierig gilt. Auch wenn Module unterschiedliche Aufständerungswinkel, Ausrichtungen oder Umgebungstemperaturen aufweisen, können Strangwechselrichter die negativen Auswirkungen dieser Abweichungen minimieren.“ Bei Zentralwechselrichtern sei dies nicht der Fall, argumentiert Schuenhoff. Diese würden in ihrer Effizienz auf das Modul mit der schlechtesten Performance beschränkt. „Es gibt zwar intelligentere Zentralwechselrichter auf dem Markt, die solchen Effekten entgegenwirken. Dann zahlt man am Ende aber fast das Gleiche wie für Strangwechselrichter.
Warum Stränge – und warum jetzt?
Für die großflächige Umwandlung von Sonnenenergie in Solarstrom kamen bisher größtenteils Zentralwechselrichter zum Einsatz. Sie mögen groß und unhandlich sein, aber einmal am Rand der Anlage aufgestellt, verarbeiten sie den Gleichstrom eines ganzen Modulfelds. In den vergangenen Jahren haben sich allerdings auch Strangwechselrichter, die typischerweise eher in Wohnhaus- und Gewerbeanlagen zum Einsatz kamen, im Segment der großen Freiflächenanlagen verbreitet. Durch gesunkene Kosten und verbesserte Features sind dreiphasige Strangwechselrichter zu einer praktikablen Option für große Solaranlagenbetreiber geworden. „Heutzutage sehen die meisten Wechselrichterhersteller kein Problem mehr darin, Strangwechselrichter auch bei Anlagengrößen von bis zu 20 Megawatt einzusetzen“, sagt Cormac Gilligan, Senior-Analyst beim Marktforschungsunternehmen IHS. Eigentlich gebe es dabei keine Grenzen mehr. „Das chinesische Unternehmen Huawei baut derzeit zum Beispiel einen Zwei-Gigawatt-Solarpark mit Strangwechselrichtern.“
Auch Schuenhoff von der Firma Asunim glaubt nicht an einen „Sweet Spot“ für die Effizienz von Strangwechselrichtern. Tatsächlich gebe es keine optimale Anlagengröße für diese Geräte. „Ich sehe keine Grenze“, sagte er. Immer wieder würden hier unterschiedliche Zahlen diskutiert, Schuenhoff hat aber nach eigener Aussage kein Problem damit, auch eine 100-Megawatt-Anlage mit Strangwechselrichtern zu bauen. Es ist ihm allerdings auch wichtig zu betonen, dass man nicht einfach sagen könne, Zentralwechselrichter seien schlecht und Strangwechselrichter gut. Aber da Solarparks immer häufiger auch in entlegenen Regionen errichtet würden, sei es in diesen Fällen oft einfacher, Strangwechselrichter zu liefern, zu installieren und zu warten als Zentralwechselrichter.
Raum für Innovationen auf schwierigem Gelände
Warum ist das der Fall? Fragen Sie einen beliebigen Hersteller von Strangwechselrichtern oder ein beliebiges EPC-Unternehmen; die Antwort wird immer die gleiche sein: Ein dezentraler Ansatz erhöht die Modularität, bietet mehr Flexibilität im Design und vergrößert den Raum für Innovationen. Gilligan von IHS sieht das genauso und nennt noch weitere Vorteile von Strangwechselrichtern: „Ersatzwechselrichter können in einem Lagerhaus vor Ort gelagert werden, sodass man ausgefallene Wechselrichter schnell und kosteneffizient austauschen kann.“ Auf schwierigem Gelände oder an schwer zu erreichenden Standorten sei dies ein offensichtlicher Vorteil. Strangwechselrichter seien auch leichter und schneller zu installieren. Zudem könnten sie heute oftmals an den Montagegestellen befestigt werden, was den Platzbedarf vor Ort reduziert.
Viele Befürworter der Strangwechselrichter behaupten, dass die Technologie mehr Zuverlässigkeit bietet als ein Zentralwechselrichter. Das Argument ist dabei weniger, dass die Komponenten selbst haltbarer wären – ein Fehler ist ein Fehler und kann immer vorkommen. Es liege vielmehr daran, dass ein ausgefallender Strangwechselrichter deutlich geringere Ertragsausfälle nach sich zieht als ein ausgefallener Zentralwechselrichter. Er legt eben einen deutlich kleineren Teil der Gesamtanlage lahm.
„In den entlegeneren Gebieten, in denen der Solarmarkt wächst, haben sie es als EPC oft mit Subunternehmern zu tun, die sehr wenig oder gar keine Erfahrung mit Photovoltaik haben“, sagt Schuenhoff. „In Mitteleuropa oder Großbritannien wurde der Großteil der Solarparks mit Zentralwechselrichtern gebaut.“ Das sei kein Problem, weil die dortigen Hauptlieferanten einen 24-Stunden-Service und erfahrene O&M-Teams in der Nähe haben. „Das ist in einigen der aufstrebenden Solarmärkte nicht der Fall. Wenn wir zum Beispiel einen Zehn-Megawatt-Solarpark mit Zentralwechselrichtern in Ostanatolien installieren, müssen wir bei einem Ausfall mit viel längeren Reaktionszeiten der Hersteller rechnen.“ Zollabfertigung und andere Importbestimmungen für die Ersatzteile könnten die Reaktionszeit noch weiter verlängern.
Schuenhoff glaubt, dass ein fehlerhafter Zentralwechselrichter an solch entlegenen Orten schnell Ausfallzeiten von zwei bis vier Wochen verursachen kann. Der Mehrheit der Investoren würde dies mit Sicherheit nicht gefallen. „Mit Strangwechselrichtern können Ausfälle schnell behoben werden ohne die Notwendigkeit, mit dem Hersteller in Kontakt zu treten“, sagt Schuenhoff. Das sei ein starkes Verkaufsargument für diese Technologie.
Kostenvorteile von Strangwechselrichtern
Eine Trumpfkarte, die Zentralwechselrichter lange hielten, waren die geringeren Kosten. Im Jahr 2015 berechnete IHS, dass der globale Durchschnittspreis für dreiphasige Hochleistungswechselrichter mit mehr als 99 Kilowatt Leistung, also Zentralwechselrichter, 30 Prozent niedriger war als für dreiphasige Strangwechselrichter mit weniger als 99 Kilowatt. Rechnet man diese Ersparnis hoch auf ein Megawattkraftwerk, dann haben Zentralwechselrichter die Oberhand.
Aber die Gesamtkosten von Photovoltaikanlagen müssen differenzierter betrachtet werden, als es die reinen Investitionskosten vermuten lassen. Strangwechselrichter senken zunehmend die Balance-of-System(BOS)-Kosten für Anlagenbetreiber. In den meisten heutigen Photovoltaikmärkten ist daher unter diesem Gesichtspunkt bereits die Kostenparität von Zentral- und Strangwechselrichtern erreicht. Wenn man dann noch Liefer-, Arbeits- und Logistikkosten in entlegenen Regionen berücksichtigt, wird der Einsatz von Strangwechselrichtern zum kostengünstigeren Ansatz.
„Man muss die gesamte Anlagenkonfiguration betrachten“, erklärt Christian Buchholz, Leiter Produktmanagement bei Refu Elektronik, dem deutschen Hersteller von RefuSol-Strangwechselrichtern. „Mit Strangwechselrichtern werden Generatoranschlusskästen überflüssig, auf der anderen Seite benötigen Sie dann allerdings AC-Anschlusskästen auf der Wechselstromseite.“ Insgesamt gleiche sich dies aus, meint Buchholz. Den Vorteil, mit Strangwechselrichtern in O&M-Fragen unabhängiger vom Hersteller zu sein, sieht auch Buchholz. Anbieter von Zentralwechselrichtern bestünden oft auf einem Wartungsvertrag mit dem Kunden. Das bedeutet in der Regel eine jährlich zu zahlende Gebühr. „Mit Strangwechselrichtern können Anlagenbesitzer bei Bedarf ihren eigenen Service organisieren.“ Das kann von Vorteil sein, weil oft keine Vor-Ort-Reparatur notwendig ist.
Weniger Probleme bei Insolvenzen
Aus der EPC-Perspektive ergänzt Schuenhoff: „Feste O&M-Verträge für die Zeit nach der Installation binden Anlagenbetreiber oft an die Kostenstrukturen des Zentralwechselrichterlieferanten.“ In der unvorhersehbaren Solarbranche müssten die Betreiber dann zum Teil auch noch mit Herstellern umgehen, die sich aus dem Markt zurückgezogen haben oder in die Insolvenz gegangen sind. „Ich glaube nicht, dass die Mehrheit der heutigen Zentralwechselrichterhersteller in zehn Jahren noch auf dem Markt sein wird“, sagte Schuenhoff. Das Gleiche gelte natürlich auch für die Hersteller von Strangwechselrichtern. „Aber nehmen wir an, Sie haben einen 40-Kilowatt-Strangwechselrichter in Ihrer Anlage und der Lieferant geht in Konkurs. Dann können Sie einfach ein vergleichbares Ersatzprodukt von einem anderen Lieferanten kaufen. Mit einem Zentralwechselrichter ist das nicht so einfach.“
Schuenhoff erzählt von einer Vereinbarung von Asunim mit einem Zentralwechselrichterhersteller, der zwar den eigentlichen Solarbetrieb einstellte, aber weiterhin eine lukratives Wartungs- und Ersatzteilgeschäft betrieb. „Wir waren den Preisschwankungen dieser Firma völlig ausgeliefert. Sie diktierte den Preis, und es gab nichts, was wir tun konnten.“ Das sei auch der Grund gewesen, warum sich Asunim von den Zentralwechselrichtern abwandte und begann, Megawattanlagen mit Strangwechselrichtern genauer unter die Lupe zu nehmen.
Topographischen Herausforderungen trotzen
Bei Großanlagen liegt das stärkste Argument für Strangwechselrichter vielleicht in der Anlagenkonfiguration. Durch eine dezentrale Konfiguration können EPC-Unternehmen auch Gelände erschließen, die zuvor als Herausforderung betrachtet worden wären. Von hügeliger Topographie bis hin zu asymmetrischen Modulfeldern können sich Strangwechselrichter an das beste Anlagendesign anpassen. Sowohl Schuenhoff als auch Buchholz glauben, dass dies die größte Stärke der Strangwechselrichter ist. „Ob Solarmodule in unterschiedlichen Winkeln angebracht werden oder sie unterschiedlichen Temperaturen oder Verschattungen ausgesetzt sind: Eine dezentrale Lösung minimiert die negativen Auswirkungen“, sagt Schuenhoff. „Sie können topographische Bedingungen eleganter mit Strangwechselrichtern lösen, weil Sie Module in Gruppen zusammenfassen können.“ Wenn zum Beispiel ein eigentlich gleichmäßiges Gelände eine ungewöhnlich geformte Teilfläche hat, kann man die Wechselrichter dieser Fläche einfach gruppieren und danach zum Transformator leiten.
Drei Prozent mehr Ertrag
Asunim hat berechnet, dass große Solaranlagen mit Strangwechselrichtern dauerhaft drei Prozent mehr Ertrag liefern als Solarparks mit Zentralwechselrichtern. „Dies ist kein simuliertes Ergebnis, sondern tatsächliche Leistung“, betont Schuenhoff. Den Grund sieht er in den mehrfachen MPP-Trackern, die in jedem einzelnen Strangwechselrichter arbeiten. Ein weiterer Pluspunkt sei, dass man mit diesen Geräten ein kostenloses Monitoring auf Strang-Ebene bekommt. Man brauche damit keine zusätzlichen intelligenten Anschlusskästen, sondern die Strangwechselrichter übertrügen ihre Daten je Strang automatisch an ein Portal.
Die Einstellungen ändern sich
Ob nun markt- oder technologiegetrieben oder eine Mischung von beidem, der Trend ist offensichtlich. Strangwechselrichter haben sich auch in großen Photovoltaikanlagen bereits bewährt und EPC-Unternehmen und Anlagenbetreiber von ihren Vorteilen in Sachen Effizienz, Kosten und Überwachung überzeugt. „Es ist ein positiver Kreislauf“, meint Buchholz. „EPCs haben eine aufgeschlossenere Haltung eingenommen und damit begonnen, ihre Systemkonfigurationen zu überdenken. Zuvor haben sie standardmäßig Zentralwechselrichter verwendet, aber immer mehr Akteure ändern jetzt ihre Einstellung und sind offen für die Möglichkeiten, die Strangwechselrichter bieten.“
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