Auf der Suche nach dem besten System

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Wallisellen ist eine Vorortgemeinde von Zürich am Fuße der Alpen. Schaut man in die blauen Module, die entlang der Gleise angebracht sind, spiegeln sich darin neben Wolken Oberleitungsmasten. Wenn man zur richtigen Jahres- und Tageszeit vor Ort ist, kann man den Schatten umliegender Häuser zuschauen, die über die Solaranlage wandern. Als sie 1998 errichtet wurde, war sie Teil eines Forschungsprojekts zu Schallschutzwänden mit Photovoltaik.

Jetzt vergleichen dort Ralph Lingel und seine Kollegen von TNC, das Unternehmen hatte die Anlage damals auch errichtet, die Performance von Stringwechselrichtern, von Power Optimizern und von Mikro- oder Modulwechselrichtern. „Wir haben uns immer wieder gefragt, wie man mit den Verschattungen am besten umgeht“, sagt Lingel. Da es keine Feldtestergebnisse gebe außer den Fallbeispielen der Hersteller selbst, haben er und seine Kollegen die Gelegenheit ergriffen, als sie sich ergab. Das Schweizer Unternehmen plant unter anderem immer wieder BIPV-Anlagen. Dort komme es oft zu Teilverschattungen. Aber auch bei Dächern sei es selten, dass es gar keine Aufbauten gebe. Von daher sei ein System, das die Planung um diese Aufbauten herum einfacher macht, für ihn wünschenswert, zum Beispiel mit Optimizern.

Mit Messungen gegen den Lagerkampf

Noch vor einigen Jahren glich die Diskussion über die unterschiedlichen Systeme einem Lagerkampf, und es gab hauptsächlich Schwarz und Weiß. Die modulnahe Elektronik der Mikrowechselrichter oder Power Optimizer bringe 5 bis 25 Prozent mehr Ertrag als ein Stringwechselrichter, so die einen. Stimmt nicht, so die anderen. Aufs Jahr gerechnet seien es nur wenige Prozent und wo viele Verschattungen bestünden, gehöre sowieso kein Modul hin.

Inzwischen sind die Power Optimizer, allen voran die von Platzhirsch Solaredge, sehr etabliert, vor allem mit Blick auf die USA auch die Mikrowechselrichter. SMA hatte in der Zwischenzeit auch Modulwechselrichter im Angebot und kooperiert bei Optimizern mit Tigo, an dem es 27 Prozent Anteile hält. Bei Tigo heißt das dann „DC-MLPE-Technologie“

Die Tigo-Systeme funktionieren zwar etwas anders, erfüllen aber den gleichen Zweck. Die modulnahe Elektronik stellt den für das Modul optimalen Arbeitspunkt durch die Vorgabe der Spannung bereit und ermöglicht trotzdem eine DC-Verschaltung. Die Mikrowechselrichter steuern auch für das Modul den optimalen Arbeitspunkt an, konvertieren die Leistung aber gleich zu Wechselstrom und erlauben eine AC-Verkabelung.

Ralph Lingel teilte die Modulfläche in Wallisellen wie ein Schachbrett auf. Ein Drittel der Module, 15, ließ er zu zwei Strings verkabeln und an einen Wechselrichter anschließen, der sich auf den Fotos leicht als SMA Sunny Boy erkennen lässt. Ein weiteres Drittel bekam Solaredge Power Optimizer, das letzte Drittel wurde mit Modulwechelrichtern ausgestattet. Für jedes Modul berechneten die TNC-Experten den jährlichen Verschattungsgrad. So wie die Felder gewählt wurden, stellt er sicher, dass alle Systeme mit den gleichen Bedingungen zurechtkommen müssen.

Suche nach geeignetem Systemaufbau

Dabei war es gar nicht so einfach, einen geeigneten Modulwechselrichter zu finden. „Wir haben alle Hersteller angefragt, uns bei der Auswahl zu unterstützen“, sagt Lingel. Das Problem sind die Spannungswerte der Module von 1998. Sie brauchen bei 210 Watt Nennleistung höhere Spannungen als heutige Standardmodule. „Nur AE Conversion sah sich in der Lage, uns sein Gerät freizugeben“, so Lingel. Damit das geht, ist es mit 330 Watt Nennleistung überdimensioniert. Dadurch wird der Wechselrichter mehr im Teillastbereich betrieben, wodurch das System bereits einen Nachteil hat. Bei den Solaredge Power Optimizern besteht das Problem auch, ist Lingel zufolge aber nicht so ausgeprägt.

Die erhältliche modulnahe Elektronik ist eben auf die aktuelle Modulgeneration und die dort bestehenden Strom-Spannungs-Verhältnisse für die optimalen Arbeitspunkte ausgelegt. Wenn sich das nicht ändert, liegt darin laut Lingel auch ein Nachteil der dezentralen Systeme. Die Nachrüstung nach 10 bis 15 Jahren kann dadurch schwierig werden.

Optimizersystem mit höchstem Ertrag

Das Ergebnis nach einem Jahr Vergleichsbetrieb lässt sich kurz zusammenfassen. Die mit Power Optimizern ausgestatteten Module hatten den höchsten Ertrag. Er lag acht Prozent über dem der an den Stringwechselrichter angeschlossenen Module, obwohl die Wirkungsgrade vergleichbar sind. Der europäische Wirkungsgrad des Stringwechselrichters liegt laut Datenblatt bei 96 Prozent, der des Solaredge-Systems mit Optimizern und Wechselrichter zusammengerechnet bei 96,4 Prozent. Bei dem Stringwechselrichter war die Global-Peak-Funktion aktiviert – sie reicht also nicht aus, um den Vorteil der modulnahen Elektronik ganz auszugleichen. Der mit Modulwechselrichtern betriebene Anlagenteil hat fünf Prozent weniger Energie geliefert und schneidet damit am schlechtesten ab.

Der Vergleich einzelner Tage zeigt, wann welches System gut läuft. An sonnigen Tagen im Sommer, ohne Bewölkung, bringt der Stringwechselrichter einen um ein Prozent höheren Ertrag als das Optimizersystem und einen um acht Prozent höheren Ertrag als das Modulwechselrichtersystem. An einem bewölkten Sommertag, an dem die Schatten über die Anlage ziehen, liegt dagegen der Optimizer mit zwei Prozent höherem Ertrag vorne. Der Modulwechselrichter fällt 13 Prozent zurück.

Auch im Sommer treten vormittags jedoch Verschattungen auf. Ralph Lingel ist nach den Messungen der Auffassung, dass man das durch ein gut angepasstes String-Layout, bei dem ähnlich verschattete Module zu Strings zusammengefasst sind, auffangen kann. Dann hätten die dezentralen Systeme trotz starker Verschattung gegenüber den Stringwechselrichtern keinen Vorteil. Er vermutet, das liegt am niedrigeren Wirkungsgrad, gegebenenfalls schlechterer Tracking-Qualität und Dimensionierung der dezentralen Systeme.

Im Winter, wenn durch die tiefer stehende Sonne mehr abgegrenzte Gebäudeschatten über die Anlage wandern, ändert sich das Bild. Solange nur ein Modul im String verschattet ist, schafft es der Stringwechselrichter mitzuhalten. Doch bei mehr verschatteten Modulen, hilft auch die Global-Peak-Funktion nicht mehr und das Gerät findet nicht den richtigen Arbeitspunkt. Der Wechselrichter liefert an sonnigen Tagen dann nur noch den halben Tagesertrag im Vergleich zu den anderen Systemen.

Was das beste System ist, lässt sich jedoch nicht so einfach entscheiden, wie sich die Ergebnisse zusammenfassen lassen. Der europäische Wirkungsgrad des Mikrowechselrichters lag mit 91,8 Prozent rund vier Prozent unter dem der anderen beiden Systeme. Wenn die Leistungs- und Spannungswerte passen, gibt es im Prinzip bessere Geräte. Mit ihnen könnte das System mit Modulwechselrichtern in der stark verschatteten Anlage den gleichen Ertrag liefern wie der Stringwechselrichter. Außerdem darf man nicht vergessen, dass er wegen der Strom-Spannungs-Kennlinie der alten Module etwas zu groß ausgelegt werden musste.

Das Messergebnis zeigt also nicht, dass Modulwechselrichter immer weniger Ertrag liefern. Im Gegenteil, es zeigt, dass ein gut ausgelegter Modulwechselrichter mit hohem Wirkungsgrad und gutem MPP-Tracking vermutlich sogar einen höheren Ertrag hat als ein Stringwechselrichter.

Welche Mikrowechselrichter gut sind, zeigt wiederum eine Testreihe von Stefan Krauter, Professor an der Universität Paderborn und Mitgründer des PI Berlin. Er hat von acht Mikrowechselrichtern Wirkungsgrade im Labor bestimmt und mit Feldtests verglichen. Die meisten hat er 2013 und 2014 gekauft, allerdings kauft er kontinuierlich zu und erweitert die Messreihe. Da Ertragstests sinnvollerweise mindestens ein Jahr dauern, liegen die Ergebnisse erst seit Kurzem vor. Zum Einsatz kamen 215-Watt-Geräte, entsprechend der damals üblichen Modulleistung. „Die Ergebnisse sollten aber auf die heutigen Geräte mit höherer Leistung verallgemeinerbar sein“, erklärt er.

Am besten hat dabei ABB abgeschnitten. Danach folgen SMA, Involar und Enphase mit rund fünf Prozentpunkten niedrigerem Ertrag. Auffällig ist das Ergebnis des Hoymiles-Geräts. Es hat bei den Wirkungsgraden mit Rang drei abgeschnitten, beim Ertragsvergleich in Paderborn fällt es deutlich zurück. „Daran sieht man den Einfluss des MPP-Trackings“, sagt Krauter. „Das hat bei Bewölkung nicht so gut funktioniert.“ Ein Ertragsvergleich in Regionen mit weniger Bewölkung und bei unverschatteten Systemen mag da besser verlaufen.

Vergleicht man das Gerät der Firma, mit der auch die Anlage in Wallisellen ausgestattet war, zeigt sich, dass mit einem effizienteren Gerät durchaus acht Prozentpunkte mehr Ertrag möglich gewesen wären, sodass das Ergebnis sogar das des Stringwechselrichters übertrumpfen würde.

Vorteil der Mikrowechselrichter

Krauter hält Mikrowechselrichter für den Verlauf der Energiewende für wichtig. Für ihn ist es eine ausgemachte Sache, dass es auch viele kleine Anlagen geben wird, für die sie eine gute Lösung sind. „Außerdem können damit Planungskosten reduziert werden“, sagt er. In den USA gebe es Installateure, die den Pick-up voll mit Modulen und Mikrowechselrichtern hätten. „Sie stoppen, bauen so viele Module aufs Dach, wie es die Situation erlaubt, und fahren weiter“, so Krauter. „Mit den Modulwechselrichtern müsse man sich über Stringlängen und Verschattungen keine Gedanken machen. Auch in Brasilien, wohin Stefan Krauter viele Beziehungen unterhält, seien Mikrowechselrichter für zahlreiche Anwendungen sinnvoll. „Dort gibt es sehr viele verschattete Dächer.“ Neben den Wärmetauschern der großen Zentralklimaanlagen befinden sich dort auch die Wasserbehälter für das Brauchwasser auf den Dächern, da das Land kein Druckwassernetz besitzt. Diese erzeugen die Verschattungen. „Das gilt auch für viele andere Länder des amerikanischen Kontinents, einschließlich den USA“, sagt Krauter. „Außerdem sind die thermischen Belastungen für die Elektronik sehr hoch.“ Lebensdauern und Garantien untersucht er daher aktuell in einem Forschungsprojekt.

Der Markt bei Mikrowechselrichtern ist rau. „Derzeit tobt ein Preiskampf“, sagt Krauter. Unter anderem stellt SMA die Modulwechselrichterproduktion ein. „Vor dem Hintergrund des massiven Markteinbruchs in der Modulwechselrichterbranche, der aktuell die in diesem Bereich marktführenden Hersteller unter massiven Druck setzt, sind die intelligenten DC-Lösungen im Bereich der modulnahen Elektronik der richtige Weg“, so das Unternehmen in einer E-Mail. Mit den intelligenten Lösungen sind wiederum die Optimizer gemeint.

Preis-Leistungs-Vergleich

Für beide Tests haben die Experten die Geräte auf dem freien Markt gekauft. Laut Stefan Krauter sind die Modulwechselrichter rund 20 Prozent teurer als Stringwechselrichter, wenn man eine kleine oder mittelgroße Hausanlage bauen würde. In Wallisellen waren die Unterschiede eher noch größer. Ohne die Verkabelng zu berücksichtigen, lagen die Optimizer mit allem Drum und Dran rund 50 Prozent über dem Preis der Ausstattung mit Stringwechselrichtern, die Modulwechselrichter nochmals deutlich darüber. Insbesondere wenn man die Monitoringoption hinzurechnet, die die beiden anderen Systeme bereits an Bord haben.

Sowohl Krauter als auch Lingel sind sich einig darüber, dass bei einem Preis-Leistungs-Vergleich beachtet werden muss, dass bei manchen Geräten Zusatzausrüstung notwendig ist. Das hängt auch von der Region ab. „Zwar nicht in Deutschland, aber in manchen anderen Regionen ist ein aktives Anti-Islanding gefordert“, sagt Krauter. „Das kostet bei manchen Geräten extra.“ Bei anderen sei für die Kommunikation ein Internetanschluss nötig, was ebenfalls Kosten verursacht.

Auch die Kosten der AC-Verkabelung sollte man beachten, so Ralph Lingel. Generell heißt es, die AC-Verkabelung sei einfacher als die DC-Verkabelung in Stringsystemen. Doch die Anforderungen an die Steckverbindungen sind hoch. „Die Verbindungsstücke kann man nicht im Baumarkt kaufen“, erklärt Lingel. Hersteller nutzen verschiedene Systeme. Teils sind vergleichsweise teure vorkonfektionierte Verbindungsleitungen notwendig, teils werden exotische Steckverbinder eingesetzt. „Diese muss man beim Preisvergleich auch berücksichtigen.“

Detaillierte Beschreibungen der beiden zitierten Untersuchungen finden sich im Tagungsband der diesjährigen EU PVSEC.

Ringen um Normung für Balkonmodule

Rund 20.000 Menschen haben in Deutschland laut Marcus Vietzke, Koordinator der AG Stecker-PV der DGS – Berlin-Brandenburg e. V., bereits steckbare Solarmodule installiert, die mit Modulwechselrichtern ausgestattet sind. Sie bewegen sich damit in einer rechtlichen Grauzone. Die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) hat nun einen Normentwurf veröffentlicht, der wenig Fortschritte bringt und eher noch neue Hürden aufbaut. Bis Dezember lassen sich Einwände vorbringen.

Mehr im Interview: www.pv-magazine.de Webcode : 5372

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