EEG-Novelle im Bundestag debattiert

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Der Bundestag hat sich am Freitag in der ersten Lesung mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) befasst. Primäres Ziel der geplanten Reform ist es, die Vergütung des erneuerbaren Stroms ab 2017 nicht mehr wie bisher staatlich festzulegen, sondern durch Ausschreibungen am Markt zu ermitteln. So soll erreicht werden, dass „die Zahlungen, die die erneuerbaren Energien für den Betrieb ihrer Anlagen benötigen, wettbewerblich ermittelt werden“ können, heißt es in dem von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD gemeinsam eingebrachten Entwurf. Der Entwurf ist identisch mit der bereits von der Bundesregierung eingebrachten Vorlage.
„Wir fangen heute an, das EEG grundlegend zu reformieren“, sagte Hubertus Heil (SPD) zu Beginn der Debatte. Das EEG sei ursprünglich als Anschub für die erneuerbaren Energien gedacht gewesen, dieser Anschub sei bei der Größe der Branche jedoch nicht mehr nötig. Das neue System stelle daher von einer Preissteuerung auf eine Mengensteuerung um und zudem auf einen systemintegrierten Ausbau. Dieser Ausbau sei nach wie vor sehr ambitioniert mit einem Ausbauziel von 45 Prozent Erneuerbare im Stromsektor im Jahr 2025. Für eine Systemintegration sei es dabei notwendig, die Ausbaukorridore einzuhalten. Bei drei Dingen sieht Heil noch Diskussionsbedarf: bei der Sicherstellung der Akteursvielfalt, der möglichen Streckung der für 2017 geplanten Einmaldegression und bei den zuschaltbaren Lasten – diese müsse man mit Blick auf die Rolle der Speicher nochmal diskutieren. Michael Fuchs (CDU/CSU) forderte darüber hinaus, den Netzausbau und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu synchronisieren. Man könne nicht Erzeugungsanlagen fordern, aber den Netzausbau verhindern – besonders mit Blick auf die Windkraft sei das unökonomisch.
Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) sieht angesichts der EEG-Novelle die Klimaschutzziele 2020 in Gefahr. 2012 habe die Bundesregierung die Photovoltaik ausgebremst, 2014 die Bioenergie, jetzt sei es die Windkraft. Die Welt setze auf die Erneuerbaren, so Krischer, nur Deutschland fahre in die andere Richtung; das sei nicht in Ordnung. Zum Thema Netzausbau räumte Krischer Probleme ein, nimmt jedoch im Gegensatz zu Fuchs nicht die häufigen Bedenken von Natur- und Umweltschützern als Ursache dafür wahr, sondern eine Blockade durch Horst Seehofer (CSU). Krischer bezeichnete es zudem als seine große Sorge, dass Themen wie Speicher und Sektorkopplung wieder nicht den Weg ins EEG finden.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bestritt sowohl eine Gefährdung der Klimaschutzziele als auch ein Ausbremsen der erneuerbaren Energien. Und bei den Netzen gehe es nicht nur um Süddeutschland; auch in Norddeutschland hinke der notwendige Ausbau hinterher. Ein kontrollierter Ausbau der Windkraft habe daher nichts mit Ausbremsen zu tun, sondern mit Kostenbewusstsein. Thomas Bareiß (CDU/CSU) wies zudem darauf hin, dass Deutschland schließlich daran arbeite, die Hälfte der europäischen Offshore-Windkapazität zu realisieren. Und bei der Photovoltaik verfüge Deutschland bereits von 40 der europaweit 100 Gigawatt Kapazität. Vorteil der EEG-Neufassung sei, dass künftig dort investiert werde, wo tatsächlich Bedarf bestehe – und dass Ausschreibungen funktionieren, hätten die Photovoltaik-Ausschreibungen sowie Erfahrungen des Nachbarlands Dänemark bereits gezeigt. Diskussionsbedarf sieht Bareiß noch in den Bereichen Eigenverbrauch sowie Akteursvielfalt.
Mit Blick auf diese Akteursvielfalt bewertete Katja Kipping (Die Linke) das geplante EEG allerdings als ein Energiewendeverhinderungsgesetz. Die Ausschreibungspflicht benachteilige vor allem Bürgerenergieprojekte, die jedoch wegen ihres dezentralen Ansatzes und als Alternative zu Konzernen als Stromlieferanten wichtig für die Energiewende seien. Angesichts des wachsenden Strombedarfs ist aus Sicht von Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) die EEG-Novelle ebenfalls kein Beitrag zur Energiewende – der Ausbau der Erneuerbaren sei zu langsam, um diesen Anstieg abzufangen. Johann Saathoff (SPD) forderte vor allem eine stärkere Diskussion um die Netze. Dabei dürfe es nicht nur um die Behebung von Engpässen gehen, sondern auch um technische Varianten und die Verteilung der Lasten. Bei der gesamten EEG-Novelle gehe es schließlich darum, die Energieversorgung nicht nur sicher und sauber, sondern auch bezahlbar zu gestalten. Ingbert Liebing (CDU/CSU) warnte in diesem Zusammenhang davor, mehr Geld für Energieerzeugungsanlagen an schwächeren Standorten in die Hand zu nehmen – wichtiger sei es, starke und effiziente Standorte zu stärken.
„Bislang werden die Chancen für Kostendämpfung und mehr Akzeptanz nicht ausreichend genutzt, vielmehr der teure Kohle- und Atomstrom unter Schutz gestellt“, kritisierte Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), den vorliegenden Entwurf. Er fordert vor allem eine Entbürokratisierung des staatlichen Ausschreibungsverfahrens. Nur dann könnten Wind-, Solar- und Biogasprojekte von Bürgern, Kommunen und Bürgerenergiegesellschaften ihre Stärken einbringen: mehr Akzeptanz vor Ort und dezentrale, kostengünstige, häufig auch innovative Stromerzeugungslösungen. Zudem sei es volkswirtschaftlich falsch und widerspreche den Marktregeln, die Erneuerbaren abzuregeln, während Atom- und Kohlestrom die Netze verstopfen. Falk: „Damit wird der gesetzliche Vorrang der Erneuerbaren de facto in sein Gegenteil verkehrt: Die konventionelle Erzeugung steht an erster Stelle und ihre Dominanz wird im EEG-Entwurf auch noch auf mindestens ein Jahrzehnt zementiert.“
Der Bundesrat hat bei der Beratung des EEG-Gesetzentwurfs der „grundsätzlichen Zielrichtung“ zugestimmt, aber im Detail vielfältigen Nachbesserungsbedarf gesehen. Diese Wünsche der Länderkammer haben jedoch offenbar bisher keinen Eingang in die geplante Novelle gefunden, da diese dem Bundestag durch die Bundesregierung bereits zugeleitet worden war. Der Gesetzentwurf befindet sich in einem besonderen Eilverfahren und wird an die Ausschüsse zur Beratung überwiesen. (Petra Hannen)

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