Qualitätschecks für scheinbar intakte Anlagen

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Wenn sich Prüfinstitute wie der TÜV oder Versicherungen zu ihren Erfahrungen zur Qualität von Photovoltaikanlagen äußern, heißt es meist, dass es ganz schlimm um diese bestellt sei. Allerdings untersuchen sie meist Anlagen, bei denen ohnehin schon eine Ertragsminderung oder ein anderer Mangel erkennbar ist. Diese Vorauswahl kann die Fehlerstatistik der Prüfinstitute und Versicherer verfälschen. Eine Zustandsbeschreibung über den gesamten Querschnitt der in Deutschland installierten PV-Anlagen bekommt man so nicht.

Das macht die Ergebnisse der „Solarprofis“ des deutschen Energiekonzerns Eon besonders interessant. Durch die Fernsehwerbung zum Qualitätscheck für PV-Anlagen haben sich nach Aussage von Eon auch viele Anlagenbetreiber für eine Untersuchung ihrer Anlage interessiert, die keinen Mangel oder Minderertrag erkennen konnten. Daher ist die Betrachtung repräsentativer. „Wir haben auch viele Betreiber erreicht, die überhaupt kein Bewusstsein dafür hatten, dass eine Photovoltaikanlage regelmäßig geprüft und gewartet werden muss“, sagt Michael Blödner von den Eon Solarprofis. Rund 80 Prozent der bisher durchgeführten Prüfungen seien Privatanlagen auf Einfamilienhäusern. „Die Betreiber solcher Anlagen sind einfach oft nur froh, dass mal jemand kommt und sich ihre Anlage anschaut.“ Für rund 250 Euro bekommen die Betreiber von kleineren PV-Anlagen einen standardisierten Leistungsumfang. Die Daten lassen sich also gut vergleichen. Ab einer gewissen Anlagengröße steigt der Preis für den Check allerdings entsprechend dem Aufwand. Wenn ungefähr 1.000 Anlagen geprüft wurden, will das Unternehmen die Daten in Kooperation mit einem Forschungsinstitut wissenschaftlich auswerten. Das soll Klarheit bringen, welche Anlagen an welchen Standorten welche Probleme haben und wie sich diese auf Ertrag und Sicherheit der Anlage auswirken. Seit dem Start der Serviceleistung im September 2015 haben die Solarprofis bis heute knapp 400 Anlagen geprüft. Insgesamt eine Leistung im höheren zweistelligen Megawattbereich, sagt Blödner.

Zum Anlagencheck gehört unter anderem eine Sichtprüfung aller Anlagenteile vor Ort. Im Vergleich zu anderen bereits vorhandenen Leitfäden für die Anlagenprüfung in Deutschland habe Eon den Leistungsumfang aber erweitert, sagt Michael Blödner. Das betreffe zum Beispiel eine 100-prozentige Strangmessung, die eine Wiederholung der Inbetriebnahmeprüfung mit Leerlaufspannung, Kurzschlussstrom und Isolationswiderstand umfasst. „So erkennen wir auch, wenn der Wechselrichter aufgrund von niedrigen Isolationswiderständen abschaltet.“ Das werde von vielen Monitoringlösungen der Wechselrichter sonst nicht erfasst.

Einer der häufigsten Fehler, dem die Solarprofis im Feld begegnen, ist eine fehlerhafte Verkabelung auf der Gleichstromseite. „Das betrifft fast 90 Prozent der bisher geprüften Anlagen“, sagt Blödner. Bei Mängeln in der DC-Verkabelung herrscht aus seiner Sicht ein sehr hohes Gefahrenpotenzial, weil ein Kurzschluss auf der Gleichstromseite schnell einen Lichtbogen erzeugt. Dieser kann dann wiederum einen elektrischen Schlag bei Personen oder einen Brand verursachen.

Falsche Kabel verlegt Im Detail sieht Blödner vor allem drei Hauptursachen für eine mangelhafte Verkabelung. Zum einen werden teilweise ungeeignete Kabel verwendet. Erst kürzlich habe es einen Fall gegeben, in dem ein Kabel gewählt wurde, das für den Einsatz im Außenbereich und für die auftretenden Spannungen gar nicht geeignet war. „Das Kabel war bereits grün vor lauter Kupferspan, zugleich besteht fast das ganze Gebäude aus Metall, also sowohl das Dach als auch die Tragkonstruktion und die Fassade“, sagt Blödner. „Wir haben dem Anlagenbetreiber dringend empfohlen, die Anlage umgehend vom Netz zu nehmen und allseitig und allpolig zu trennen sowie gegen Wiedereinschalten zu sichern.“ Aber auch mit Kabeln, die in Deutschland die Bauartbezeichnung PV1-F tragen und somit eigentlich als Solarkabel gelten, kann man nach Ansicht von Blödner noch einiges falsch machen. Die Isolierung von 60 bis 70 Prozent der auf dem Markt erhältlichen PV1-F-Leitungen sei chemisch vernetzt. „Solche Isolierungen können einer dauerhaft feuchten Umgebung nicht richtig standhalten.“ Wenn zum Beispiel ein größerer Kabelstrang exponiert und ungeschützt auf dem Dach liegt, lagere sich häufig organisches Material (beispielsweise .Staub oder Laub) im Inneren des Kabelstrangs ab. „Hier bildet sich dann oft über längere Zeit eine feuchte Umgebung“, erklärt Blödner. „Auch die Hersteller sagen, dass die Kabel für solche Bedingungen eigentlich nicht gemacht sind.“ Eine mögliche Lösung für das Problem sei es, erdverlegbare Kabel zu verwenden. „Die gibt es von den meisten großen Herstellern. Natürlich sind erdverlegbare Kabel aber auch etwas teurer.“ Eine weitere Möglichkeit sei es, geeignete Kabelkanäle zu verwenden. Diese schützen die Kabel vor UV-Licht, Wind, Schnee und Eis. Eingedrungenes Wasser kann einfach nach unten abtropfen.

Kabel falsch verlegt

Als weiterer sehr häufiger Fehler bei der Verkabelung sei eine schlechte Befestigung an der Unterkonstruktion der Module aufgefallen, sagt Blödner. Wenn die Leitungen nicht vernünftig von der wasserführenden Schicht des Daches getrennt sind, können Kabel schnell beschädigt werden. Daher sollte der Installateur beim Bau der Anlage darauf achten, dass zumindest die Steckverbinder und die freihängenden Leitungen mit UV-stabilisierten Kabelbindern in regelmäßigen Abständen so an der Unterkonstruktion befestigt werden, dass Wasser, Schnee und Eis darunter durchrutschen können. Solche Fehler im Nachhinein zu beheben sei mit enorm hohen Kosten verbunden, da dafür in der Regel die Generatorfläche abgebaut werden müsse. Aber zumindest die Kabel, die außerhalb der Generatorfläche ungeschützt verlaufen, könne man relativ leicht und kostengünstig mit einem mechanischen Schutz nachrüsten, zum Beispiel einem Kabelkanal.

Zudem stießen die Solarprofis bei größeren Anlagen immer wieder auf unsachgemäße Klemmungen von Kabeln, zum Beispiel wenn mehrere Kabel in einem Generatoranschlusskasten zusammengeführt werden. „Viele Leute beachten die jeweiligen besonderen Anforderungen an die Klemmung nicht“, sagt Blödner. Es gebe dabei zum Teil sehr ungünstige Materialkombinationen. Oft würden auch Aluminiumkabel verwendet. „Dabei muss man noch viel mehr beachten und zum Beispiel mit Bimetall-Rohrkabelschuhen arbeiten.“ Undichte Anschlusskästen Besonders ungünstig sei es, wenn zusätzlich noch Feuchtigkeit in den Generatoranschlusskasten eindringe. „Die meisten Generatoranschlusskästen, die wir im Feld sehen, haben keine ausreichende Schutzklasse für einen dauerhaften Einsatz im ungeschützten Außenbereich.“ Hinzu komme oft noch eine mangelnde Wartung. Wenn zum Beispiel eine PG-Verschraubung abbricht, kann Feuchtigkeit eindringen.

„Wenn man das über ein paar Jahre nicht merkt, greift die Feuchte die Klemmen und Kabel an.“ Um solche Probleme zu umgehen, schlägt Blödner vor, Generatoranschlusskästen mit einer höheren Schutzklasse zu verwenden oder gegebenenfalls eine Überdachung für die Kästen nachzurüsten. „Dann ist zumindest der direkte Regen ausgeschlossen.“ Außerdem sollten Betreiber regelmäßig die Klappendichtung und PG-Verschraubung prüfen und diese austauschen, wenn sie nicht mehr in optimalem Zustand sind.

Auch eine Imagefrage Für Eon ist der Anlagencheck eine gute Möglichkeit, in Kontakt zu den Photovoltaikbetreibern zu kommen. „Es geht auch um Kundenbindung“, sagt Stefan Moriße, Pressesprecher von Eon Energie Deutschland. „Durch die Anlagenchecks können wir dem Kunden unter Umständen künftig auch Dienstleistungen und Produkte anbieten, die er bislang gar nicht mit Eon in Verbindung gebracht hat.“ Mit den Solarprofis versucht Eon aber auch die Verknüpfung der Solarbranche mit der herkömmlichen Energiewelt. „Wir wollen als Energieanbieter wahrgenommen werden, der die komplette Bandbreite abdecken kann.“ Und die Meinung in der Branche ändert sich auch bereits, meint Michael Blödner. „Früher sind wir bei anderen Marktteilnehmern nicht immer auf eine zustimmende Haltung gestoßen. Das hat sich mittlerweile stark geändert.“ Einen Grund dafür sieht er im Solaranlagen-Check. „Durch unsere TV-Kampagne für die Solarprofis und die entsprechende Pressepräsenz bekommt das Thema Photovoltaik in den Medien wieder einen anderen Stellenwert, sagt Blödner. Von vielen Fachbetrieben habe er gehört, dass Eons Einstieg in die Solarbranche den gesamten deutschen PV-Markt wieder etwas belebt hat, sodass auch lokale Installateure wieder mehr Anfragen nach Anlagenchecks oder neuen Photovoltaikanlagen bekommen.

Für Installateure dürfte es allerdings zum Teil schwer werden, mit dem günstigen Preis von Eon mitzuhalten. Spricht man mit Experten, halten sie den Preis kaum für kostendeckend. Stefan Moriße hingegen beteuert: „Das Angebot ist für uns insgesamt kostendeckend.“ Man müsse bedenken, dass darin noch keine Wartung inbegriffen ist. „Wir haben zudem gegebenenfalls Vorteile gegenüber den Wettbewerbern, weil wir mit unserem Angebot ein höheres Auftragsvolumen haben und so nicht nur eine Anlage pro Woche prüfen, sondern zum Teil mehrere pro Tag.“ Dabei helfe auch der Partner Adler Solar. Eon wolle für den Service keinesfalls draufzahlen, denn die Solarprofis wollen die Anlagenchecks noch für lange Zeit anbieten.

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