Wie Betriebsführer und Photovoltaik-Anlagen besser werden können

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Was sind die Dinge, die Ihre Wettbewerber am häufigsten anders machen und wo Sie korrigieren würden?
Jörn Carstensen (Foto): Wir legen einen sehr hohen Wert auf die Standardisierung und auf die Systematisierung der Inspektionen und der darauf folgenden Auswertung und Dokumentation. Wir definieren die Prüfpunkte detailliert im Voraus. Dabei berücksichtigen wir die Ziele unserer Auftraggeber und die Anlagentopologie. Dadurch können wir effizient und gleichzeitig qualitativ hochwertig und nachvollziehbar prüfen. Wir wollen eine nachvollziehbare Auswertung und Erläuterung der Ergebnisse liefern, da diese nicht nur für die Techniker, sondern auch für den Kaufmann und Investor verständlich sein sollte. Auch bei der Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit, die man gerade bei den Inspektionen vor Ort anlegen muss, zeigen unsere Ergebnisse, dass es große Unterschiede im Markt gibt.
Das gilt für die technischen Inspektionen von Anlagen. Was fällt Ihnen bei den kaufmännischen Inspektionen auf?
Wenn wir die kaufmännische Überprüfung, also die Überprüfung der Projektgesellschaften bezüglich der Betriebskosten, vornehmen, schauen wir uns zunächst die Verträge sehr genau an. Man muss nicht nur die Kosten betrachten, sondern diese mit den Leistungen abgleichen. Oft finden wir einzelne Kategorien, die die Betriebsführer oder die Investoren nicht auf dem Schirm haben. Zum Beispiel die Kosten für den Bezugsstrom. Indem man den Versorger anfragt oder wechselt, lassen sich oft Kosten sparen. Grünpflege ist auch ein Thema: Die Betreiber sind häufig in sehr langfristigen, hochpreisigen Verträgen gefangen. Da lohnt es sich nachzuverhandeln. Das Leistungsportfolio ist übrigens zumeist schlecht definiert und damit auch nicht transparent. Wir bringen dann Klarheit in das Vertragswerk und dessen Inhalte. Eine hohe Kostenstruktur kann für ein Projekt in Ordnung sein, wenn viele Risiken abgefedert sind. Allerdings muss das Leistungsprofil auf das gewünschtes Risikoprofil abgestimmt werden. Wenn es für den Investor passt, ein hohes Risiko einzugehen, sollte er nicht für die Risikoabfederung bezahlen müssen.Webinar:
Blackbox Betriebsführung: Leistung, Kosten und Verträge unter der Lupe
Montag, 30.5., 14:00 Uhr bis 15:00 Uhr

Ingo Rehmann, CEO Greentech, vertieft die Evaluationsegebnsise für Solarparks und Kosten-Leistungs-Benchmarks. Rechtsanwältin Carola Pulletz steht für das Thema "Langfristige Betriebsführungsverträge, eine unberechtigte „Fessel“ für den Betreiber?" zur Verfügung. Fragen können Sie während des Webinars und im Vorfeld über das Kommentarfenster der Anmeldung stellen. MehrInfos, direktzur Anmeldung



Grafik: Beispiel eines Benchmarkings durch Greentech am Beispiel einer 7,5-Megawatt-Anlage, die 2011 in Betrieb gegangen ist. Die grauen Balken zeigen den Bereich an, der derzeit für Freiflächenanlagen größer fünf Megawattpeak marktüblich ist. Der Benchmark ist relativ breit, da der Leistungsumfang mitunter sehr unterschiedlich ist. Daher muss neben der quantitativen auch eine qualitative Analyse erfolgen, um das Preis-Leistungs-Verhältnis bestimmen zu können. Was zu analysieren ist, zeigt die Spalte „Parameter“. Dort, wo eine Diskrepanz zwischen Preis und Leistung besteht, können nach Aussage von Greentech häufig mit geringem Aufwand fünf bis zehn Prozent der Betriebskosten eingespart werden. (Grafik: pv magazine/Harald Schütt)
Wie schätzen Sie das Risiko ab und bewerten es monetär?
Wir betrachten zum Beispiel die Kombination aus technischer Betriebsführung plus Instandsetzungskosten. Die dürfen in Summe ein gewisses Maß nicht übersteigen. Wenn trotz hoher Pauschalpreise noch weitere Kosten auf den Betreiber zukommen, fällt uns schnell eine Schieflage auf, die angegangen werden muss.


Wenn die Kosten hoch sind, haben Investoren bei alten Verträgen oft ein Problem. Kommen sie aus diesen Verträgen überhaupt raus?

Das ist mitunter schwierig. Fragen kostet aber nichts. Die Verpächter oder Landwirte von nebenan, die zum Beispiel die Grünpflege machen, sind oft verhandlungsbereit und an einem guten Verhältnis interessiert. Bei vielen Betriebsführungsverträgen, die über 20 Jahre gehen, kann man auch juristisch prüfen, welche Möglichkeiten es gibt. In einem Fall, den wir begleiten, sieht es ganz gut aus, dass der Betreiber die 20-jährige Laufzeit eines Dienstleistungsvertrages anfechten kann.
Wie stark differieren die Preise für Grünpflege auf dem Markt?
Wir sehen im Markt Preise für Grünpflege zwischen 70 Cent und 2,20 Euro pro Kilowatt und Jahr. Dies liegt zum einen an sehr unterschiedlichen Anforderungen, zum anderen verbergen sich hier zum Teil aber auch große Einsparpotenziale. Der Marktpreis lag lange Zeit pro Hektar über 500 Euro pro Mahdgang. Wir sehen gerade bei überregionalen Anbietern Möglichkeiten, die Kosten auf 300 bis 350 Euro zu senken.
Ein Kilowattpeak speist pro Jahr Solarstrom im Wert von rund 100 bis 200 Euro ein. Da ist es für einen Investor ja doch eher ein kleiner Betrag, wenn er vielleicht 50 Cent pro Kilowattpeak und Jahr durch einen Wechsel in der Grünpflege sparen kann. Sagen nicht viele, das macht den Kohl nicht fett?
Viele Projekte sind relativ knapp kalkuliert. Bei einer ganzen Reihe von Projekten, die zum Beispiel aufgrund zu hoher Prognosen oder wegen technischer Probleme wirtschaftlich nicht so gut dastehen, zählen solche Posten. Auch wenn man die kleinen Beträge spart, erhöht das die Liquidität der Projektgesellschaften oder die Rendite. Bei einem Fünf-Megawatt-Park sind die gesparten 50 Cent schon 2.500 Euro pro Jahr. Über 20 Jahre kommt da eine nette Summe zusammen. Der Aufwand, diese Kosten zu reduzieren, ist auch nicht hoch. Größere Hebel hat man allerdings bei den Posten Betriebsführung, Strombezug und Versicherung.
Wie reagieren die Betriebsführer, wenn der Betreiber Sie mit der Begutachtung der Betriebsführung beauftragt?
Sehr unterschiedlich. Manchmal knatscht es natürlich, weil sich die Betriebsführer auf die Füße getreten fühlen und weil sie auch einige Sachverhalte anders einschätzen. Aber überwiegend haben wir positive Erfahrungen gemacht. Manchmal haben die Betriebsführer sogar großes Interesse an unseren Ergebnissen. Das sind die, die gerne dazulernen und sich weiterentwickeln wollen.
Werben Sie deren Kunden ab?
Das geht aufgrund der Laufzeit der Verträge in den seltensten Fällen. Wenn ein Betreiber regelmäßig wechseln kann, sind unsere Sonderinspektionen vielleicht weniger interessant, als wenn er für 15 oder 20 Jahre an Verträge gebunden ist. Da sind die Sonderinspektionen ein gutes Instrument, dem Betriebsführer eine kleine Motivationshilfe mit auf den Weg zu geben.
Ist das für solche Betriebsführer so etwas wie eine zweite Chance, weil sie sich danach verbessern können?
Ja, natürlich. Ich sage mal, die Betriebsführer, die sich querstellen, die nicht reagieren oder wenig Motivation zeigen, die Probleme abzustellen, kommen bei den Betreibern nicht gut an. Andere, die unsere Evaluation aufnehmen, konstruktiv diskutieren, Lösungen entwickeln und die Verbesserungen vernünftig dokumentieren, können sich profilieren.
Bekommen Sie mit, ob die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden?
Ja, in den meisten Fällen werden wir beauftragt, den Prozess zu begleiten und im Folgejahr noch eine Begutachtung zu machen. In den meisten Fällen haben wir durch unentdeckte Minderleistung oder auch aufgedeckte Garantie- und Gewährleistungsfälle einen größeren Wert geschaffen, als die Überprüfung gekostet hat.


Grafik: Jährliche Inspektionen bei neun Anlagen mit 135 Megawatt Leistung, für die Greentech drei Jahre in Folge eine Sonderinspektion durchgeführt hat und die nicht im Greentech-Portfolio sind. Zunächst werden mehr Mängel entdeckt, als behoben werden können. Im dritten Jahr zeigt sich ein Rückgang. Wie gut das funktioniert, hängt unter anderem von den Budgets zur Mängelreduktion und der Kooperation der jeweiligen technischen Betriebsführer ab. (Grafik: pv magazine/Harald Schütt)

Das bezieht sich auf die technischen Mängel, die Sie bei den Anlagen sehen. Was sind die relevantesten Mängel, die Sie finden?
Für uns und die Betreiber haben die sicherheitsrelevanten Themen die größte Relevanz. Hierbei geht es nicht um einen direkten kommerziellen Effekt, sondern schlicht und einfach um die Reduzierung der Betreiberrisiken. Aufgrund dieser Verantwortung sollte kein Betreiber zulassen, dass die einfachsten sicherheitsrelevanten Themen wie die Sicherheitskennzeichnung, der Berührungsschutz oder die Abschrankung von Hochspannung nicht ordnungsgemäß umgesetzt werden. Zudem ist das Rollenverständnis zwischen Betreiber und Betriebsführer nur selten klar definiert. Eine eindeutige Zuordnung von Verantwortlichkeiten und den grundsätzlichen Sicherheitsanforderungen sollte in jedem Betriebsführungsvertrag enthalten sein. Häufig wird zwar mit einem Halbsatz versucht, Haftungsthemen auf den Betriebsführer abzuwälzen, das geht aber nur bedingt. Der Betriebsführer hat sicherlich eine Verpflichtung, auf sicherheitsrelevante Aspekte hinzuweisen. Aber der Betreiber ist nach dem Gesetzgeber in der Gesamtverantwortung. Er muss geeignete Maßnahmen treffen, damit die Anlage betriebssicher ist. Häufig hören wir das Argument, dass sich auf der Anlage ausschließlich Fachkräfte aufhalten, die wissen, wo die Risiken sind. Ob dieser Argumentation ein Richter folgen wird, wenn wirklich mal etwas passiert, weiß ich nicht.
Welchen Mängeln kommt nach den sicherheitsrelevanten Aspekten noch die größte Bedeutung zu?
Wichtige Punkte sind für den Betreiber die Fragen des Ertrags und alle Mängel, die zu Folgeschäden führen. Bei ertragsrelevanten Themen sehen wir defekte oder minderperformante Module. Ein Grund dafür ist PID, in Deutschland nicht ganz so viel wie in südlichen Breiten. Auch Verarbeitungsprobleme aus der Bauphase und deren Folgeschäden mindern oft die Erträge. Da fallen zum Beispiel Leitungsverbindungen auf. Diese müssen mit einem gewissen Drehmoment angezogen oder fachgerecht gecrimpt werden, sonst korrodieren sie oder es kommt zu hohen thermischen Belastungen. Das ist eine Kleinigkeit, die aber über die Jahre zu schleichenden größeren Problemen heranreift.
Man sieht Leitungsverbindungen nicht an, ob sie korrekt verbunden sind. Wie finden Sie die mangelhaften Stellen?
Sie haben recht, das sieht man denen nicht an. Um Mängel zu finden, kann man die Verbindungen stichprobenartig mit einem Drehmomentschlüssel überprüfen, zum Beispiel bei 100 Steckern.
Haben Sie oft festgestellt, dass die Steckverbinder nicht richtig angezogen waren?
Ja, das ist wirklich einer der häufigeren Mängel. Wir sehen auch oft Probleme bei den Pressverbindungen, wo die Kabelschuhe auf die Kabel aufgeführt werden und die Kabelschuhe auf die Anschlussschienen. Häufig wurden Materialkombinationen gewählt, die nicht passen, oder die Vercrimpungen sind nicht richtig ausgeführt. Dies kann hohe thermische Belastungen zur Folge haben. Abgebrannte Anschlusskästen haben wir nicht nur einmal gesehen.

Quelle: Greentech
Welcher Moduldefekt kommt am häufigsten vor?
Bei den ungerahmten Modulen, also gerade bei den Dünnschichtmodulen, ist es Glasbruch. Ansonsten sehen wir immer wieder Zellbrüche und Hotspots. Optisch sieht man bei den gerahmten Modulen wenige Mängel. Die Degradation der Module kann man nur durch umfangreiche Kennlinienmessungen nachweisen.
Sie haben analysiert, dass Sie durchschnittlich mehr als 30 Mängel pro Park finden. Auf welche Anlagengröße ist das bezogen und ist das viel oder wenig?
Die Angabe ist auf eine Anlagengröße von fünf bis zehn Megawatt bezogen. Ich persönlich finde 30 Fehler pro Anlage viel. Wenn wir in einen Park gehen würden, den wir seit längerer Zeit betreuen, und finden dort 30 Mängel, würde es mich beunruhigen. Ich denke, wir haben unsere Parks besser im Griff.
Was hat es mit den Fehlern bei der Dokumentation auf sich?
Wir haben noch nie eine technische Dokumentation gefunden, die vollständig und dann auch noch korrekt war.
Gibt es nicht viele Investoren oder Betreiber, die sich nicht darum scheren?
Ja, kann sein. Seit dem Jahr 2010 ist aber normativ festgelegt, wie die Dokumentation aussehen muss. Das ist ja kein Selbstzweck, sondern es hat einen sicherheitstechnischen und einen wirtschaftlichen Aspekt. Ich brauche zum Beispiel länger dafür, einen Fehler zu suchen, wenn ich nicht weiß, welcher Generatoranschlusskasten wo angeschlossen ist. Dann muss ich sehr lange mit der Stromzange durch den Park laufen.
Treten eigentlich immer wieder Mängel auf oder geht die Kurve, nach der die Mängel bei jährlichen Inspektionen langsam sinken, bis auf null (Grafik 2)?
Ein Park lebt. Wenn wir zwei oder drei Jahre als externer Prüfer in einem Park waren, nimmt die Relevanz der Mängel ab. Aber es treten auch immer wieder neue Mängel auf. Zum Beispiel, wenn an den Wechselrichterstationen gearbeitet wurde. Wir hatten einen Park, der war eigentlich immer gut in Schuss, aber in einem Jahr fehlte plötzlich der gesamte Berührungsschutz in den Zentralwechselrichterstationen. Da hat jemand gearbeitet und ihn nicht wieder angebracht. Man darf nicht annehmen, dass ein Park, der in einem guten Zustand ist, die nächsten zehn Jahre auch in einem guten Zustand bleibt, ohne etwas zu machen. Durch die Wettereinflüsse und durch die Arbeit im Park treten immer wieder Mängel auf.
Sehen Sie die vielen Fehler, weil Sie am meisten dorthin gerufen werden, wo Betreiber schon ein schlechtes Gefühl haben?
Das ist in der Tat ein Trigger. Aber wir werden häufiger von größeren Kunden gerufen, die ein erhöhtes Risiko- oder Sicherheitsbewusstsein haben. Zum Beispiel dann, wenn der Generalunternehmer auch gleichzeitig der Betriebsführer geworden ist, vielleicht auch noch die kaufmännischen Themen mitmacht, und wo seit Jahren keine externe Revision stattgefunden hat. Gerade bei institutionellen Investoren sieht sich das die hausinterne Revision irgendwann an und fragt nach einer unabhängigen Meinung. Es müssen also keine besonders schlechten Anlagen sein, in denen wir die im Schnitt 30 Fehler pro Anlage finden.
Das Gespräch führte Michael Fuhs.

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