Tschechische Regierung will für Bestandsanlagen vorerst keine Vergütung mehr zahlen

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Der tschechische Photovoltaik-Markt ist ein Paradebeispiel für Krisenzyklen mit Berg- und Talfahrten, wie sie die Photovoltaikbranche kennt. Schon einmal führte die Regierung rückwirkende Abgaben führ Bestandsanlagen ein. Im Jahr 2016 kommen nun neue Schwierigkeiten auf Betreiber von bestehenden Photovoltaikanlagen zu. Der Strommarktregulierer hat angekündigt, im kommenden Jahr keine Einspeisevergütung für den gelieferten Strom auszuzahlen, sollte es keine Bestätigung durch die Europäische Kommission geben.

Tschechische Medien berichteten am Montag, dass die Leiterin der tschechischen Energieregulierungsbehörde (ERU) Alena Vitásková die Vergütungszahlungen für bestehende Erneuerbare-Energien-Anlagen nicht genehmigen werde, wenn die Europäische Kommission die Zahlungen nicht als regelkonform bestätige. Die Förderung der der Erneuerbaren Energien in Tschechien befindet sich seit dem Jahr 2014 in einer Revision bei der Europäischen Kommission. Dabei soll geprüft werden, ob es sich bei den Vergütungszahlungen aus Sicht der EU um eine nicht zulässige staatliche Beihilfe handelt oder nicht. Solange dies nicht geklärt ist, will die Regulierungsbehörde (ERU) keine Einspeisevergütungen mehr auszahlen. 

Ab Januar wird nichts mehr gezahlt

„Nach der aktuellen Lage, wird ab Januar nichts mehr ausgezahlt“, bestätigt auch Frank Schulte, Geschäftsführer der Berliner Voltaic Network GmbH, die Photovoltaikanlagen mit 1,4 Megawatt Leistung in Tschechien betreibt. Dass das Revisionsverfahren bis zum kommenden Jahr abgeschlossen ist, hält Schulte für sehr unwahrscheinlich. „Ich habe selbst im Oktober mit der bearbeitenden Person in der Europäischen Kommission gesprochen. Eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der tschechischen Förderung von Erneuerbaren Energien ist erst im Laufe des Jahres 2016 geplant.

Alena Vitásková äußerte im öffentlichen tschechischen Fernsehen, dass derzeit nur etwa sieben Prozent der tschechischen Erneuerbare-Energien-Anlagen Vergütungszahlungen erhalten, die durch die Europäische Kommission anerkannt seien.

Ohne die Zahlung der Einspeisevergütung müssten große tschechische Solarkraftwerke mit insgesamt mehr als zwei Gigawatt Leistung direkt am Strommarkt verkaufen. Die Strompreise für Endkunden liegen derzeit bei rund 0,30 Euro pro Kilowattstunde. Der Großteil der tschechischen Solarkraftwerke wurde zwischen 2008 und 2011 installiert, zu weit höheren Preisen als es heute möglich wäre.

Überzogene Einspeisevergütungen als Grund

Vitásková rechtfertigt die drastische Maßnahme mit bisher überzogenen Einspeisevergütungen für Photovoltaik. Die Amortisationszeit von manchen Erneuerbaren, zum Beispiel einigen Photovoltaik-Anlagen, betrüge sieben Jahre, Der Staat zahle allerdings Unterstützung für 20 Jahre, so die Leiterin der tschechischen Energieregulierungsbehörde (ERU).

Die Einspeisevergütung für Solaranlagen mit mehr als 390 Kilowatt lag im Jahr 2010 bei rund 0,459 Euro pro Kilowattstunde, die Steuern auf den Bruttoumsatz aus der Solareinspeisung, die vom Anlagenbesitzer zu entrichten ist, betrug zwischen 2011 und 2013 26 Prozent und 10 Prozent seit dem Jahr 2014. Der Tschechische Industrie- und Handelsminister Jan Mladek hat einer tschechischen Nachrichtenagentur zufolge bestritten, dass der Erneuerbare-Energien-Sektor übermäßige Unterstützung bekommt. Dies sei durch die Steuer auf die Einspeisevergütung verhindert worden. Diese Behauptung als Grund für die Nicht-Auszahlung der Einspeisevergütung heranzuziehen, sei nicht gerechtfertigt, meint Mladek. Es handele sich eher um ein Argument, mit dem die ERU-Vorsitzende versuche, die Öffentlichkeit zu manipulieren.

Rechtliche Probleme und Investorenschutz

Den erneuerbaren Energien keine Unterstützung zukommen zu lassen, sei ein Schritt, der die gesetzlichen Grenzen klar überschreite, meint Veronika Hamackova, Vorsitzende des tschechischen Photovoltaik-Verbands. Zehntausenden Erneuerbare-Energien-Projekten drohe der Bankrott, wenn die Vergütungszahlungen ausgesetzt würden.

Frank Schulte von Voltaic Network geht nicht davon aus, das die tschechische Regierung die Zahlungen tatsächlich bis Mitte 2016 oder länger aussetzen wird, sodass die ersten Projekte zahlungsunfähig werden. „Das wäre ein unermesslicher Schaden für den Staat. Es hat ja nicht nur Auswirkungen auf die Investoren aus dem Erneuerbare-Energien-Bereich sondern betrifft im Grunde die Investitionssicherheit in allen Sektoren“, meint Schulte. Daher könne er sich kaum vorstellen, dass es soweit kommen werde. Allerdings habe die Regierung früher auch schon rückwirkende Steuern für Solarprojekte beschlossen. Dagegen klagt Schulte bereits seit dem Jahr 2013 zusammen mit anderen Investoren vor einem internationalen Schiedsgericht.

Rechtliche Schritte gegen das aktuelle Vorgehen der tschechischen Regierung einzuleiten sei allerdings erst möglich, wenn es soweit ist, erklärt Schulte. „Zurzeit wird die Vergütung ja noch gezahlt. Klagen kann man eigentlich erst Mitte Februar 2016, wenn die Zahlungen für Januar ausbleiben.“ Wie dann die rechtlichen Schritte aussehen werden, könne er heute nicht sagen. Den tschechischen Rechtsweg zu beschreiten, würde aus seiner Sicht zudem für die meisten Projekte zu lange dauern. Bis der Prozess abgeschlossen ist, hätten die meisten Projekte die Zahlungsunfähigkeit erreicht.“ Schulte rechnet damit, dass die meisten Projekte diesen Punkt nach drei bis sechs Monaten erreichen würden. (Jonathan Gifford, Mirco Sieg)

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