Auf Partnersuche

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Mit der fundamentalen Transformation des Energiesektors hin zu einer erneuerbaren Erzeugung, Dezentralisierung und einem Wandel des Verbrauchers („Consumer“) zum „Prosumer“ verändern sich Geschäftsmodelle, Geschäftsprozesse sowie Produkte und Services in der Energiewirtschaft. Kurzum: Eine ganze Branche verändert sich. Um mit diesen Veränderungen Schritt zu halten, benötigen Stadtwerke und Energieversorger Innovationen, die vielfach nur in Partnerschaften entwickelt und erfolgreich in den Markt gebracht werden können. Dies gilt auch – oder gerade – für den Bereich der Solarenergie, den Stadtwerke zunehmend für sich entdecken.
Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Wir haben zusammen mit dem BDEW 100 Geschäftsführer und Vorstände von Stadtwerken und regionalen Energieversorgungsunternehmen im März/April 2015 befragt, um Einblicke zu bekommen, wohin sich die Unternehmen entwickeln. Ein klares Ergebnis ist: Stadtwerke haben grundsätzlich erkannt, dass Innovationen notwendig sind und dass es vielfach an der eigenen Innovationsfähigkeit mangelt. Wegen der vielfältigen Herausforderungen im Tagesgeschäft und der Renditeanforderungen der Anteilseigner fehlt es an Zeit, Geld und häufig auch an der Risikobereitschaft, innovative, also neue Wege zu gehen.
Die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit wird bei diesem Thema offenkundig. Innovation ja, aber bitte ohne Risiko, so könnte man die Haltung der Befragten umreißen. Nur 22 Prozent von ihnen sehen in ihrer Branche die Bereitschaft, im Zusammenhang mit Innovationen größere Risiken in Kauf zu nehmen (Abbildung 1). Die Existenz einer Innovationskultur und eine ausgeprägte Innovationsstrategie können jeweils nur 24 Prozent erkennen – und dies, obwohl 60 Prozent eine besondere Unterstützung des Topmanagements für Innovationen konstatieren. Offensichtlich ist das Thema „Innovation“ im Topmanagement angekommen – im Vorjahr sahen lediglich 48 Prozent der Befragten eine solche Unterstützung –, jedoch mangelt es an der Implementierung und konsequenten Umsetzung eines Innovationsmanagements.
Ohne echte Innovationen – ob bei Geschäftsmodellen, Geschäftsprozessen oder Produkten und Services – wird es aber schwierig, die neue Energiewelt zu meistern. Kreativität ist also gefragt, nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch in der Neugestaltung der Organisation, des Vertriebs und des Umgangs mit Kunden und Geschäftspartnern.
Institutionalisierung eines Innovationsmanagements
Innovationsexperten wissen, dass kontinuierliche und erfolgversprechende Innovationsfähigkeit nachhaltig durch einen strukturierten Innovationsprozess unterstützt wird. Innerhalb dieses Prozesses sind drei Phasen zu unterscheiden:

  • „Upstream innovation“: Hier werden makroökonomische Trends, Industrie- und Markttrends identifiziert und die Wettbewerbslandschaft permanent verfolgt.
  • Ideengenerierung: Mithilfe dieser externen und zusätzlicher interner Informationen können Ideen stimuliert, identifiziert und nach einer Bewertung ausgewählt werden.
  • „Downstream innovation“: Für die Weiterverfolgung der Ideen werden Businesspläne angefertigt, eine Entwicklung angestoßen, Testverfahren aufgesetzt und nach erfolgreicher Pilotierung im Markt implementiert.

In dieser Hinsicht überrascht es, dass über die Hälfte der befragten Unternehmen keinen eigenen für Innovationen verantwortlichen Bereich in ihrem Unternehmen vorweisen können. Damit stellt sich die Frage, inwieweit Innovationen bewusst gefördert, betrieben und auch erfolgreich durchgeführt werden können. Bei einem weiteren Drittel liegt die Verantwortlichkeit bei der Unternehmensleitung, eingebunden in das vielfältige Tagesgeschäft auf dieser Ebene. Auch hier ist zu hinterfragen, wie viel Zeit und Commitment investiert werden können, um Innovationen aktiv voranzutreiben.
Zudem ergab sich aus der Befragung, dass drei Viertel der Unternehmen keinen strukturierten Innovationsprozess im Rahmen der Ideengenerierung und über die Hälfte der Unternehmen keinen strukturierten Innovationsprozess im Rahmen der Ideenumsetzung aufgesetzt haben. Darüber hinaus verfügen 61 Prozent der Stadtwerke/EVU über keine spezifischen Methoden im Innovationsmanagement. Insofern kann man davon ausgehen, dass Trendmanagement und Ideengenerierung kaum stringent verfolgt werden, sondern eher zufällig erfolgen.
Fehlende Größe durch Partnerschaften kompensieren
Als ein wesentliches Hemmnis für die eigene Innovationsfähigkeit wird die fehlende Größe genannt. Diese lässt sich durch Kooperationen und Partnerschaften kompensieren. Zudem sind 63 Prozent der Stadtwerkemanager überzeugt, dass Innovationen vor allem durch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und Institutionen entstehen. Jedoch bescheinigen nur 33 Prozent der befragten Vorstände und Geschäftsführer Unternehmen, die den ihren vergleichbar sind, dass sie einen brancheninternen und branchenfremden Austausch zu Innovationen und Innovationsmöglichkeiten pflegen.
Innovationspartnerschaften
Als Partner für Innovationen werden an erster Stelle Kunden und an zweiter Stelle andere Marktteilnehmer aus der Energiewirtschaft gesehen. Dabei könnte es bezüglich der Innovationsfähigkeit durchaus von Vorteil sein, über den Tellerrand zu blicken, um Innovationen auch stärker aus Kooperationen mit Unternehmen anderer Branchen, Forschungseinrichtungen oder durch Kauf von Unternehmen mit bereits entwickelten Produkt- oder Serviceangeboten zu beziehen. Gerade im Hinblick auf Differenzierungspotenzial gegenüber dem Wettbewerb sollten diese Optionen stärker berücksichtigt werden.
Die generellen Gründe für das Eingehen von Kooperationen werden zunehmend differenziert gesehen. Ging es in der Vergangenheit pauschal um die Hebung von Synergien und die Beschaffung von Know-how, so ist die Liste der wichtigen Kooperationsgründe vielfältiger geworden.
Die Komplexität der Anforderungen (23 Prozent), die gestiegenen Marktanforderungen (21 Prozent) und der Wettbewerbsdruck (19 Prozent) deuten an, dass der Druck zu kooperieren für Stadtwerke gestiegen ist. Die kommenden Jahre werden zeigen, inwieweit sich dieser Handlungsdruck in konkreten Kooperationen und Partnerschaften niederschlägt.
Die erneuerbaren Energien sind aus Sicht der Stadtwerke – neben der Kundenbetreuung sowie neuen Produkten und Services – das zentrale Feld für Innovationen. Sowohl Innovationspotenzial als auch Erfolgsaussichten werden als überdurchschnittlich eingestuft (Abbildung 2).
Erneuerbare Energien: ein zentrales Feld für Innovationen
In den vergangenen Jahren sind EVUs bereits mit einer Reihe von neuen Geschäftsmodellen im Bereich der Erneuerbaren aktiv geworden. So bieten etliche EVUs bereits die Installation von Photovoltaikanlagen an, andere entwickeln regionale Ökostromtarife oder Mieterstrommodelle, bis hin zum Angebot von Energiedachlösungen, die einen Komplettservice von der Planung über die Installation bis hin zur Übernahme der Investitionskosten und einer Verpachtung der Anlage an den Hausbesitzer durch das Stadtwerk beinhaltet. Viele dieser Modelle sind in Partnerschaften mit Unternehmen der Solarbranche entstanden beziehungsweise werden in solchen Kooperationen gelebt. Der Bedarf für weitere Partnerschaften und Geschäftsmodellinnovationen ist jedoch nach wie vor groß.
Stadtwerke als Partner und Kunden von Solarunternehmen
Unabhängig davon, ob Unternehmen der Solarindustrie Stadtwerke als Kooperationspartner oder als Kunden für die eigenen Produkte und Dienstleistungen gewinnen möchten, sind einige Besonderheiten der Branche zu beachten. Dies gilt beim Aufbau und beim „Leben“ von Partnerschaften natürlich noch mehr als bei einer reinen Lieferanten-Dienstleister-Beziehung. Daher werden im Folgenden diese Besonderheiten im Zusammenhang mit einer Partnerschaft erläutert:

  • Stadtwerke suchen Partnerschaften auf Augenhöhe. Das bedeutet, dass potenzielle Partner ein sehr gutes Verständnis für die Welt der Stadtwerke besitzen müssen und in der Lage sein sollten, auf einem gleichen Wissens- und Erfahrungsstand mit Stadtwerken zu kommunizieren.
  • Stadtwerke haben (mehrheitlich) kommunale Anteilseigner. Daher besitzt die Mehrzahl der Entscheidungsprozesse politische Komponenten, die rein wirtschaftliche Aspekte überlagern können. Häufig sind daher zeitintensive Abstimmungsprozesse erforderlich, sodass vonseiten potenzieller Partner viel Überzeugungsarbeit erforderlich ist.
  • Nicht zuletzt aufgrund der kommunalen Anteilseignerstruktur sind Stadtwerke eher risikoavers ausgerichtet. Unternehmen, die es verstehen, Risiken für das Stadtwerke-Unternehmen zu mindern oder diese zu übernehmen, sind daher in einer Partnerschaft sehr willkommen.
  • Entsprechend wird mit Unsicherheiten umgegangen: Um die aus Unsicherheiten resultierenden Risiken zu minimieren, neigen Stadtwerke zu eher defensiven Geschäftsansätzen. Die Vertriebskultur ist daher eher zurückhaltend, sodass Unternehmen der Solarindustrie mit einem starkem Vertriebsfokus hier Defizite abbauen helfen.

Stadtwerke bieten potenziellen Partnern aus der Solarindustrie jedoch auch eine Reihe von Vorteilen. An erster Stelle sind die lokale Verankerung mit der entsprechenden Kundennähe und ein gutes Image bei vielen Kunden zu nennen. Dies kann eine fruchtbare Basis für neue Produkte und Services sein, da viele Endkunden den Stadtwerken gegenüber ein hohes Grundvertrauen entgegenbringen. Allerdings schränkt das generelle, eher risikoscheu und bodenständig ausgerichtete Image der Stadtwerke die Möglichkeiten für neue Produkte und Services ein: Diese dürfen sich nicht allzu weit von den bisherigen Geschäftsfeldern wegbewegen und müssen dem generellen Image der Stadtwerke Rechnung tragen.
Da das typische Stadtwerke-Unternehmen nur über einen überschaubaren Kundenstamm und einen lokal begrenzten Marktzugang verfügt, besteht für Unternehmen der Solarindustrie die Herausforderung, einen für sie selbst wirtschaftlich interessanten Marktangang zu finden und zu entwickeln. Neben der lokalen Fokussierung auf kleinere Unternehmen können über bestehende Stadtwerke-Netzwerke wie Thüga, Trianel, Südweststrom und ähnliche in einem Schritt mehrere Stadtwerke als Partner oder als Kunden gewonnen werden. (Helmut Edelmann)

Arbeiten Sie bei einem Stadtwerk oder EVU? – Wir interessieren uns für Ihre Aktivitäten
Neben der Beratung stehen der Vertrieb von Photovoltaikanlagen, Pachtmodelle und Mieterstrommodelle an erster Stelle dessen, was Stadtwerke und EVUs im Bereich Photovoltaik derzeit anbieten. Das zeigt die vorläufige Auswertung der Umfrage von pv magazine . Die Unsicherheit ist jedoch teilweise noch groß. Die Hälfte der bisherigen Teilnehmer gibt an, bei dem Vertrieb und bei den Mieterstrommodellen noch zu überlegen.
Wir freuen uns, wenn sich Ihr Unternehmen an unserer anonymisierten Umfrage beteiligt:www.pv-magazine.de/evu

Der Autor

Helmut Edelmann leitet bei der Wirtschafts- und Unternehmensberatung Ernst & Young die Geschäftsfeldentwicklung für Utilities. Er erstellt unter anderem seit 2003 jährlich die Stadtwerkeumfrage zusammen mit dem BDEW. EY unterstützt Stadtwerke, Energieversorger und neue Marktteilnehmer in der Energiewirtschaft unter anderem bei Markteintrittsstrategien im Bereich der erneuerbaren Energien und bei der Konzeption, Realisierung und Begleitung von Kooperationen.

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