Die Erneuerbaren brauchen ein Sprachrohr

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Hermann Albers ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten der deutschen Windenergiebranche. Er war zwischen 2007 und 2013 Präsident des Bundesverbands Windenergie (BWE) und ist im April 2014 nach kurzer Auszeit erneut in das Amt gewählt worden. Es gab Zeiten, da war Albers nicht gut auf die Photovoltaik zu sprechen, doch mittlerweile ist er einen Schritt weiter. Nun hat er die Zukunft aller Erneuerbaren im Blick.

Im Frühherbst sorgte er mit Statements für Aufsehen, in denen er die Vereinigung der einzelnen Spartenverbände in einem gestärkten Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) forderte. Er will einen modernisierten BEE schaffen. Hintergrund ist, dass die Erneuerbaren ein stärkeres politisches Gewicht benötigen, das zum einen ihrer Stellung im Strommarkt gerecht wird und zum anderen ihre Zukunft sichert.

„Die EEG-Novelle 2012 hat den Photovoltaikmarkt in Deutschland stark ausgebremst. Die EEG-Novelle 2014 betrifft nun besonders die Biomasse, und es steht zu befürchten, dass mit der nächsten Reform die Windenergie dran ist, nämlich dann, wenn die Förderung auf Ausschreibungen umgestellt werden sollte“, sagt Albers. Genau vor diesem Hintergrund hat er nun eine Debatte angestoßen, die längst überfällig scheint.

Die Erneuerbaren haben immerhin einen Anteil von mehr als 25 Prozent im deutschen Strommarkt und sind damit seit der Einführung des EEG im Jahr 2000 zu einer systemrelevanten Größe aufgestiegen. Diesem Anspruch werden sie aber in ihrer politischen Vertretung längst noch nicht gerecht. So hat Albers 29 Fachverbände und Interessenvertretungen für die einzelnen erneuerbaren Energien gezählt.

„Mit meinem Vorstoß reagiere ich auch auf die Wünsche der Politiker, die während der vergangenen EEG-Debatte immer wieder an uns herangetragen wurden“, macht Albers deutlich. Kein Politiker habe die Zeit und den Willen, sich mit jeder einzelnen Interessenvertretung der Erneuerbaren-Sparte auseinanderzusetzen. Kein Politiker sei in der Lage, deren Wünsche adäquat zu berücksichtigen und weiterzutragen. Daher müsse die Zersplitterung beseitigt werden; die Erneuerbaren sollten mit einer Stimme sprechen. Die derzeitige Verbändelandschaft sei nicht mehr zeitgemäß. Es handele sich quasi um EEG-Verbände, die angesichts des Gewichts der Erneuerbaren im Strommarkt nicht mehr passend seien.

„Wir brauchen eine Energieverbändewende“, fordert Albers. „Wir müssen den Fokus viel stärker auf die Systemintegration legen. Die Zeiten, als es darum ging, über die Höhe der Einspeisevergütung für Photovoltaik, Windkraft oder Biomasse zu verhandeln, sind vorbei.“ Die Politik brauche Antworten, wie bei einem steigenden Anteil Erneuerbarer die Versorgungssicherheit gewährleistet werden könne. „Diese Antworten müssen wir der Politik geben, ansonsten werden es andere tun“, sagt Albers. Er hat dabei besonders den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vor Augen, in dem sich bereits Unternehmen der Erneuerbaren-Branche wiederfinden, wie etwa Belectric als Projektierer großer Photovoltaik-Kraftwerke. Sie hoffen dort auf eine stärkere politische Wahrnehmung ihrer Interessen. Dass der BDEW derzeit viel eher bei der Politik Gehör findet, ist dabei nicht zu bestreiten – nicht zuletzt weil mit Hildegard Müller die ehemalige Kanzleramtsministerin von Angela Merkel an der Spitze des Verbands steht.

Doch was fordert Albers konkret? Er will den bereits existierenden, aber chronisch unterfinanzierten Bundesverband Erneuerbare Energie aufpeppen. „Ich will einen BEE 2.0, der alle Spartenverbände abbildet“, sagt Albers. Dazu hat er auch bereits ein Organigramm entworfen, das unter dem Vorstand des BEE einen Präsidenten und sieben Vizepräsidenten sieht. An dieser Stelle sollen dann die bisherigen Präsidenten der Fachverbände vertreten sein. Die Aufgliederung erfolgt dabei in die aus Albers’ Sicht wichtigsten Segmente der Erneuerbaren, also neben Wind, Solar und Biogas auch Wasserkraft und Geothermie. Neu im Präsidium will er die Bereiche erneuerbare Wärme und Mobilität etablieren, die bislang zu wenig repräsentiert seien, mit Blick in die Zukunft aber an Bedeutung gewinnen würden. Unter dem Präsidium soll es dann eine Hautgeschäftsführung geben, die sich gezielt um Verantwortungsbereiche wie die Bundes- und Europapolitik kümmert.

Der Siegeszug der Erneuerbaren lässt sich kaum noch aufhalten. Albers hat dazu einen schönen Chart entworfen, der zeigt, wie sich die Energielandschaft in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten entwickeln wird. Während 2013 der BDEW noch knapp zwei Drittel der Energieerzeugung aus Atom, Kohle und Gas repräsentiert, kommen die Erneuerbaren auf etwa ein Viertel. Die restlichen Interessen werden durch den VKU vertreten. Im Jahr 2030 wird der VKU, in dem hauptsächlich die kommunalen Stadtwerke vereint sind, seine Stellung behaupten können. Der BEE sollte dann aber 50 Prozent der deutschen Energieerzeugung vertreten. So kann der BEE zu „dem deutschen Energieverband“ werden. „Er wird der zentrale Ansprechpartner der Politik sein, wenn es um die Fragen der Energieversorgung geht“, sagt Hermann Albers.

Dies ist bisher nicht der Fall, wie gerade erst wieder die Debatte über das EEG gezeigt hat. Während die Erneuerbaren-Vertreter einige Kröten schlucken mussten, konnte der BDEW seine Interessen auf politischer Ebene weitgehend behaupten. Albers ist aber klar, dass sich eine Energieverbändewende nicht von heute auf morgen umsetzen lässt. Doch aus seiner Sicht ist Eile geboten. Die ersten Erfolge kann der BWE-Präsident auch schon verbuchen. Die im BEE versammelten Fachverbandsvertreter sowie der Bundesvorstand des BWE hätten seinen Vorstoß einhellig begrüßt. Es sei im BEE beschlossen worden, ein Gutachten für den Integrationsprozess der Fachverbände zu beauftragen. Allerdings hat der BEE auch einen eigenen Prozess mit dem Titel „BEE 2020“ in Gang gesetzt (siehe Kasten).

Albers will einen Verfahrensvorschlag erarbeiten lassen, wie die Zusammenführung der Verbände gelingen könnte. „Ideal wäre, wenn wir das Grundkonzept schon bis zur nächsten Bundestagswahl 2017 umsetzen könnten“, betont er. Die vollständige Integration könne später erfolgen. „Andernfalls eröffnen wir selbst die Gefahr, dass uns das Thema der Energiewende von anderen Verbänden aus der Hand genommen wird“, so Albers’ eindringliche Warnung.

Kommentar

Hermann Albers scheint an dem Ast zu sägen, auf dem er sitzt. Daher ist sein Vorschlag auch ungewöhnlich in der Welt der Verbände, wo ansonsten Diplomatie und Zurückhaltung herrschen. Das ist wohl auch der Grund, warum nur wenig Offizielles von den anderen Verbänden und den Unternehmen der Erneuerbaren zu Albers’ Vorstoß zu hören ist. Niemand will sich die Finger bei dem Thema verbrennen. Immerhin geht es um sehr viel Macht, Einfluss und natürlich auch Posten. Eine für alle Seiten respektable Lösung zu finden, die zugleich für die Erneuerbaren die beste ist, wird eine große Anstrengung und viel Arbeit werden.

Ein erster Schritt könnte sein, das Verbot der Doppelmitgliedschaft im BEE und einem Spartenverband aufzuheben. Momentan können nur spartenübergreifend tätige Unternehmen gleichzeitig Mitglied des BEE und des BSW-Solar sein. Will man aber verhindern, dass die Erneuerbaren-Energien-Unternehmen zunehmend ihr Heil beim BDEW suchen, sollte man sich beeilen, einen schlagkräftigen Verband aufzubauen, der ihre Interessen in Politik und Gesellschaft wirkungsvoll vertritt. Dies unter dem Dach eines gestärkten BEE zu tun, klingt nach einem sehr sinnvollen Ansatz. Dennoch wird es für Albers kein leichter Weg, seine Ideen in die Tat umzusetzen.Sandra Enkhardt

Reaktionen auf Albers’ Vorstoß

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) erklärt: Das BEE-Präsidium hat im Frühjahr den Reformprozess „BEE 2020“ eingeleitet. Es wird derzeit ergebnisoffen evaluiert, welche Richtung der Verband in Zukunft einschlagen wird. Zur Begleitung des Prozesses hat der BEE eine Hamburger Unternehmensberatung eingeschaltet. Die Spartenverbände sind dabei eng eingebunden. Im ersten Quartal 2015 sollen voraussichtlich erste Ergebnisse veröffentlicht werden. Der BEE hat momentan knapp 30 Fördermitglieder. Es handelt sich dabei um spartenübergreifend tätige Unternehmen, für die damit auch die Möglichkeit einer Doppelmitgliedschaft besteht. Für reine Solarunternehmen ist weder dies möglich, noch aus dem Bundesverband Solarwirtschaft auszutreten, um dann Mitglied des BEE zu werden.

Statement von Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar): Die den BEE tragenden Verbände hinterfragen – wie andere Institutionen und Unternehmen – von Zeit zu Zeit die eigenen Prozesse, Ziele, Vorgehensweisen. Angesichts der Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren sowie der anstehenden politischen, administrativen und technischen Herausforderungen steht diese Arbeit aktuell mal wieder an.

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