Sechs-Stunden-Regelung erschwert Direktvermarktung

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Etwas überraschend hat die Bundesregierung einen neuen Passage in ihren überarbeiteten EEG-Gesetzentwurf aufgenommen: Mit der EEG-Novelle soll der Förderanspruch für neue Erneuerbare-Energien-Anlagen entfallen, wenn über mindestens sechs Stunden ein negativer Börsenstrompreis zu verzeichnen ist. Energy Brainpool hat erst jüngst eine Studie im Auftrag der Agora Energiewende zu negativen Strompreisen erstellt. Diese hat sie nun angesichts der geplanten Neuregelung im EEG nochmals erweitert.
Wenn es diese Regelung bereits seit 2008 gegeben hätte, hätte die Sechs-Stunden-Regel an zehn Tagen seither gegriffen. Der längste Zeitraum mit einem negativen Strompreis in zehn aufeinanderfolgenden Stunden sei am 26. Dezember 2009 zu verzeichnen gewesen. Auffällig an der Auflistung, dass es vor allem immer zur Weihnachtszeit zu länger anhaltenden negativen Strompreisen kam – dies war 2008, 2009, 2012 und 2013 der Fall. Am 22. und 24. Dezember 2013 seien jeweils sieben und neun Stunden mit negativen Strompreisen in Folge zu verzeichnen gewesen, berechneten die Wissenschaftler von Energy Brainpool. In diesem Jahr habe es jeweils acht zusammenhängende Stunde mit einem negativen Strompreis am 16. März und 11. Mai gegeben.

Die Analyse der Auftretenshäufigkeit solcher Preiskonstellationen über die Finanzierungszeit von EEG-Anlagen sei grundlegend für erfolgreiche Vermarktungsstrategien der erneuerbaren Energien, heißt es in der Studie. Die Betreiber und Investoren würden vor vielfältige Herausforderungen gestellt. Die Wissenschaftler von Energy Brainpool monieren, dass im EEG-Entwurf nicht geklärt werde, wie das kalendertagesübergreifende Auftreten der negativen Stunden mit der täglich stattfindenden Day-Ahead-Auktion zu vereinbaren ist, um eine daraus resultierende Risiko- und Verlustminderung zu gewährleisten. Damit blieben die Auswirkungen auf die Erlöse der Direktvermarkter und Betreiber unklar. „Kein Direktvermarkter kann vorher wissen, wie lange die Preise negativ sein werden, um seine Verkaufsgebote entsprechend zu stellen. Die Vermarktung wird dadurch riskanter und in der Konsequenz die Finanzierung von Neuanlagen erschwert“, sagt Thorsten Lenck, Experte für Strommarktdesign und Risikomanagement bei Energy Brainpool.

In der zuvor erstellten Studie hatte das Institut ermittelt, dass es zwischen Dezember 2012 und Dezember 2013 an der deutsch-französischen Strombörse EPEX an insgesamt 97 Stunden zu negativen Strompreisen gekommen sei. In der Folge hätten die Verbraucher rund 90 Millionen Euro mehr für die Förderung erneuerbarer Energien zahlen müssen. Die Ursachen lägen vor allem in der Inflexibilität der Braunkohle- und Kernkraftwerke sowie des wärmeorientierten Betriebs von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Diese Anlagen hätten trotz des negativen Preissignals von der Börse Strom produziert, so das Fazit der ersten Studie. Gemeinsam mit dem von Erneuerbaren-Energien-Anlagen erzeugten Strom habe dies zu einem Überschuss geführt. Falls die Flexibilität der konventionellen Anlagen nicht steige, werde es im Jahr 2022 voraussichtlich an rund 1000 Stunden im Jahr einen negativen Strompreis geben, heißt es weiter. (Sandra Enkhardt)

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