Drohende Verfassungsklage soll Politik zur Einsicht zwingen

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Die geplante Belastung des Eigenverbrauchs treibt die Solarbranche massiv um. Auch wenn Gabriel im nun verabschiedeten EEG-Gesetzentwurf die anteilig zu zahlende EEG-Umlage bei Photovoltaik-Anlagen von 70 auf 50 Prozent gesenkt hat, hilft dies niemanden wirklich weiter. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatten bereits angesichts der sich abzeichnenden Belastung des Eigenverbrauchs ein Rechtsgutachten beauftragt. Die Berliner Rechtsanwältin Margarete von Oppen von der Kanzlei Geiser und Oppen hat nun in einem Kurzgutachten aufgezeigt, welche Regelungen verfassungsrechtlich bedenklich sein könnten. Da solarer Eigenverbrauch dem Gesetzesziel diene und die Energiewende praktisch umsetze, könne die geplante EEG-Abgabe als „unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 Grundgesetz“ gewertet werden, so von Oppen auf einer Pressekonferenz in Berlin. Hinzu komme ein möglicher Verstoß gegen das Recht auf Gleichbehandlung, da der Eigenverbrauch der stromintensiven und verarbeitenden Industrie nur mit 15 Prozent der EEG-Umlage belastet werden solle. In ihrem Fazit ihres Kurzgutachtens empfiehlt Rechtsanwältin von Oppen daher auch, die Verfassungsmäßigkeit der Belastung des solaren Eigenverbrauchs mit der EEG-Umlage vor dem Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen.

Ein solches Verfahren birgt aber auch Risiken. Diesem sind sich die Vertreter des BSW-Solar als auch die Verbraucherschützer bewusst. Je nach Art des Verfahrens könne es mehrere Monate bis hin zu zwei Jahren dauern, ehe eine Entscheidung falle. Daher schließen die Verbandsvertreter eine Klage weiterhin nicht aus, hoffen aber doch noch auf ein Entgegenkommen der Politik im laufenden Gesetzesprozess. „Es ist kein Selbstzweck hier zu klagen“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. Er weist nochmals eindringlich daraufhin, dass eine Belastung des Eigenverbrauchs dramatische Folgen für den weiteren Photovoltaik-Ausbau hätte. Gewerbe, Handel und Dienstleistungsbetriebe könnten dann von Investitionen in Photovoltaik-Anlagen Abstand nehmen. Dieses Segment sei aber wesentlich, um den gewünschten Zubau von 2500 Megawatt im Jahr überhaupt zu erreichen. Körnig kritisiert weiter, dass auch die geplante Belastung von 100 Prozent EEG-Umlage im Falle einer Direktbelieferung von Mietern mit Solarstrom die gerade entstehenden Geschäftsmodelle kaputt mache. Zudem werde mit dieser Neuregelung auch die Markteinführung der Speicher unnötig verzögert, sagt Körnig weiter. Er kritisierte zudem, wie in diesem Fall die Abstimmung zwischen Bund und Ländern gelaufen sei. Bundesenergieminister Sigmar Gabriel (SPD) habe das Thema immer weiter nach hinten verschoben und schließlich bei den Gesprächen mehr oder weniger unter den Tisch fallen lassen.

Holger Krawinkel, Energieexperte des vzbv, fordert einen vollständigen Verzicht auf die Belastung des Eigenverbrauchs bei Erneuerbaren-Energien-Anlagen. „Es gibt noch Hoffnung und Signale aus den Regierungsparteien, dass es noch Änderungen geben wird“, sagt der Verbraucherschützer. Mit dem Gutachten wolle man der Politik nun mögliche Konsequenzen ihres Handels aufzeigen. „Die Politik hat Angst vor Kontrollverlust“, vermutet Krawinkel hinter diesen Regelungen. Zudem gebe es durchaus auch Bedenken von Seiten des Justizministeriums an der geplanten Regelung, so die Verbandsvertreter weiter. Auch die Entlastung für die Verbraucher seien minimal. Der vzbv hat ermittelt, dass ein Durchschnitthaushalt mit einem Energieverbrauch von 3500 Kilowattstunden im Jahr eine jährliche Entlastung von 0,54 Euro bis zum Jahr 2018 durch die Belastung des Eigenverbrauchs bei Photovoltaik-Anlagen erwarten könne. „Eine Abgabe auf umweltfreundlichen Solarstrom ist Unsinn. Neue Photovoltaik-Anlagen verursachen keine nennenswerten Mehrkosten für die Verbraucher, entlasten aber erheblich die Umwelt. Die Eigenerzeugung ist ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Doch die aktuellen Pläne bremsen die Verbraucher aus, die zu einer umweltfreundlichen Stromerzeugung beitragen“, erklärt Holger Krawinkel.

Ad absurdum wird die ganze Neuregelung auch noch dadurch geführt, dass wegen der Belastung des solaren Eigenverbrauchs mit derzeit geplanten 3,12 Cent je Kilowattstunde eine Kompensation bei der Einspeisevergütung für diese Photovoltaik-Anlagen erfolgen soll. Momentan sind im EEG-Gesetzentwurf dafür 0,3 Cent je Kilowattstunde vorgeschrieben. „Dies kompensiert nicht die geplante Belastung des Eigenverbrauchs“, erklärt Körnig. Auch eine Gegenrechnung zeige, dass damit unterm Strich die Kosten höher sein könnten und das EEG-Umlagekonten zusätzlich belastet und nicht entlastet werde. (Sandra Enkhardt)

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