EU-Kommission verabschiedet sich von der Energiewende

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Nach dem Willen der EU-Kommission müssen die Mitgliedsstaaten künftig nicht mehr verbindlich zusagen, wie sie den nationalen Ausbau der Erneuerbaren gestalten wollen. Bislang mussten die EU-Länder ihre im Nationalen Ausbauplan (NAP) festgelegten Ziele für Photovoltaik, Windkraft und Biomasse nach Brüssel melden. Nach teils hitzigen Diskussionen innerhalb der Kommission will der Präsident Jose Manuel Barroso diese Pflicht 2020 auslaufen lassen. Damit müssten die Länder nicht mehr angeben, welchen Anteil an erneuerbaren Energien sie bis 2030 erreichen wollen, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf Kommissionskreise in Brüssel. Auch bei den Zielen zur Steigerung der Energieeffizienz müssten sich die Mitgliedsstaaten künftig nicht mehr verbindlich festlegen. Einzig bei der Verminderung der Treibhausgase soll es ein für 2030 verbindliches Klimaziel geben, heißt es in dem Bericht weiter.

Die EU-Kommission werde kommenden Mittwoch die neuen Klimaziele präsentieren. Diese seien Teil der europäischen Klima- und Energiepolitik bis 2030 und dienten als Ausgangspunkt für die Verhandlungen über ein neues internationalen Klimaschutzabkommen. Für 2020 hat die EU-Kommission bislang eine klare Marschroute ausgegeben – der Anteil der Erneuerbaren soll sich um 20 Prozent erhöhen, die CO2-Emissionen um 20 Prozent sinken und die Energieeffizienz um 20 Prozent gesteigert werden, immer in Relation zum Stand 1990. Nun sollen diese verbindlichen Zielsetzungen durch freiwillige Angaben ersetzt werden. Die SZ berichtet weiter, dass die EU-Mitgliedsstaaten künftig selbst bestimmen dürften, wie stark sie Photovoltaik, Windkraft und Biomasse weiter förderten und ausbauten. EU-Kommissionspräsident Barroso wolle lediglich vorschlagen, dass Europa seinen Anteil an Erneuerbaren bis 2030 auf insgesamt 24 bis 27 Prozent erhöhen wolle. Damit dürfte die EU aber weltweit kein Land mehr animieren, selbst stärker in die Energiewende zu investieren. Europa dürfte damit seine bisherige Vorreiterrolle beim Ausbau der Erneuerbaren verlieren, so die Befürchtungen.

Großbritannien feiert diese Entwicklung als eigenen Sieg. In der „Times“ wird berichtet, dass die EU-Kommission dem britischen Argument gefolgt sei und die EU-Mitgliedsstaaten nun frei seien, wie sie ihre CO2-Emissionen senkten. Großbritannien wolle dies offensichtlich über mehr Atomstrom und weniger Energie aus Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen lösen. So urteilt auch Greenpeace über die vorliegenden Berichte. „Ein Abschied von ernsthaften und verbindlichen Zielen wäre das Todesurteil für den europäischen Klimaschutz. Wenn die EU-Kommission nicht als Steigbügelhalter der britischen Atom- und der deutsch-polnischen Kohleindustrie gelten will, muss sie kommende Woche drei ernsthafte Klimaziele für 2030 vorlegen“, fordert Martin Kaiser, Leiter Internationale Klimapolitik bei Greenpeace.

Enttäuschung dürfte bei den Unterzeichnern eines gemeinsamen Aufrufs an die EU-Klimaschutzkommissarin Connie Hedegaard und EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) herrschen. Energie- und Umweltminister aus acht EU-Staaten, darunter auch Deutschland, forderten von der EU-Kommission ehrgeizigere Ziele bei Erneuerbaren und Klimaschutz. Im Sinne eines weiteren Ausbaus von Photovoltaik, Windkraft und Biomasse müsse die EU-Kommission auch für 2030 verbindliche Ziele festlegen. Nur die verbindlichen Vorgaben für den Ausbau bis 2020 hätten in Europa dazu geführt, dass sich der Markt bislang so entwickelt habe und zahlreiche Jobs geschaffen worden. Neben dem deutschen Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) unterzeichneten auch Vertreter aus Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien und Portugal diesen Aufruf.

In einem zweiten Schreiben forderten Energieminister Gabriel und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks gemeinsam mit ihren Amtskollegen, dass es ein EU-internes Ziel von mindestens 40 Prozent für den Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2030 geben sollte. "Deutschland ist dabei insbesondere auch ein verbindliches Ziel für den Ausbau der erneuerbaren Energien wichtig. Nur durch diese eigenständigen Ziele lassen sich ein angemessenes Gesamtziel sowie ein gleichmäßiges Tempo beim Umbau unserer Energieversorgungssysteme bis zum Jahr 2050 sicherstellen und werden die notwendigen Investitionssignale gegeben", heißt es in einer aktuellen Reaktion der beiden SPD-Minister auf die Berichte aus Brüssel. (Sandra Enkhardt)

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