China orientiert sich neu

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Die 4. CIPV Expo, nun Teil der Clean Energy Expo China, fand vom 23. bis 25. Februar in der chinesischen Hauptstadt Peking statt. Die angekündigten Einschnitte bei der deutschen Photovoltaik-Einspeisevergütung waren das Hauptthema auf der Messe. Aber auch die rechtlichen Schritte von Solarworld in den USA und eventuell auch in Europa sorgten für Diskussion über die bestmögliche Orientierung der chinesischen Photovoltaik-Branche.

Weitere Kostensenkungen

Das Solar PV Power Forum am 24. Februar brachte interessante Einblicke in die zukünftige Entwicklung der chinesischen Photovoltaik-Industrie. Gemäß einer Ankündigung des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie wird China seine Photovoltaik-Produktion weiter ankurbeln. Offizielles Ziel ist es, die Solarstromkosten bis 2015 auf 0,8 Renminbi (umgerechnet etwa 9,5 Eurocent) pro Kilowattstunde zu senken und bis 2020 auf 0,6 Renminbi (ca. 7 Eurocent) pro Kilowattstunde. Die chinesische Regierung forciert auch die weitere Konsolidierung der Solarbranche mit folgenden Vorgaben für die Photovoltaik-Industrie bis 2015: für Polysilizium-Hersteller eine Mindestkapazität von 50.000 Tonnen pro Jahr und für Modulhersteller eine Produktionskapazität von mindestens fünf Gigawatt im Jahr.

Wu Zhonghu von der China Energy Research Society (chinesische Forschungsgesellschaft für Energie) wird von der Tageszeitung "China Daily" in ihrer Ausgabe wie folgt zitiert: „Die Branche hat eine viel versprechende Zukunft, aber zum heutigen Zeitpunkt gibt es noch viele Hindernisse, darunter hohe Kosten, schrumpfende Auslandsmärkte und fehlende Gesetze und Regularien, um die Branche zu kontrollieren.“

Starker Gegenwind

Mit den angekündigten harten Einschnitten bei der Solarförderung in Deutschland scheint es, dass chinesische Hersteller nun an zwei Fronten zu kämpfen haben. Im Osten, auf der anderen Seite des Pazifiks, in einer Handelsauseinandersetzung, bei der es immer wahrscheinlicher wird, dass es zu Strafzöllen gegenüber kristallinen Zellen und Modulen aus China kommen wird. Und im Westen, mit dem Photovoltaik-Leitmarkt Deutschland, wo eine deutliche Senkung der Einspeisevergütung vorgesehen ist, sollten die vorgeschlagenen Änderungen der Regierung vom Bundestag abgesegnet werden.

Deutsche Referenten hatten auf der Konferenz recht düstere Einschätzungen zu den Auswirkungen dieser Einschnitte auf den deutschen Photovoltaik-Markt und Europa im Allgemeinen. Dazu gehörten Sven-Uwe Müller, Programmdirektor für Erneuerbare Energie China der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und Petra Leue-Bahns, CEO des internationalen Solarentwicklers Ecolutions. Müller war vorsichtig optimistisch über zukünftige Entwicklungen, wogegen Leue-Bahns, deren Firma insbesondere im Großanlagenmarkt tätig ist, den kompletten Ausschluss von der Einspeisevergütung für Anlagen mit mehr als 10 Megawatt Leistung scharf kritisierte. Dieser Ausschluss würde laut Leue-Bahns „den kompletten Niedergang des Großanlagensegments in Deutschland bedeuten.“

Grundsätzlich sieht sie die deutschen Einschnitte als Hiobsbotschaft für den gesamten europäischen Photovoltaik-Markt. Stattdessen sieht sie China und andere Märkte mit hoher Sonneneinstrahlung als zukünftigen Fokus der Branche. Gerade Afrika hält sie für einen bald aufstrebenden Markt. Chinesische Hersteller könnten von den guten Beziehungen zwischen China und vielen afrikanischen Ländern profitieren.

Neue Weltanschauung

Durch die sinkenden Einspeisevergütungen in Europa und die drohenden Handelsschranken in Nordamerika scheint eine weltweite Umorientierung von Nöten. Im heimischen Markt offenbarte die CIPV Expo den Drang der chinesischen Photovoltaikelite auch den Aufdachmarkt zu einem bedeutenden Markt zu machen. Um dort hinzukommen wird auch die gebäudeintegrierte Photovoltaik (auch „Building-Integrated PV“ oder „BIPV“) wichtig werden, die schon auf der letzten CIPV Expo eine entscheidende Rolle spielte und auch in diesem Jahr wieder ein Schwerpunktthema war. Auf der Messe entstand jedoch der Eindruck, dass die bestehenden Förderprogramme der chinesischen Regierung noch nicht hinreichend vom Markt wahrgenommen werden. So stellte Jianguang Su, Direktor Globaler Einkauf von Trina Solar, klar, dass zur Förderung des Aufdachmarktes Steuererleichterungen nötig sind, sowie bedeutende Zuschüsse von 50 Prozent der Anschaffungskosten und Darlehenssummen von bis zu 70 Prozent der geplanten Investitionen.

Enormes Potenzial im eigenen Land

Sollten die herkömmlichen Märkte in Europa und Nordamerika ihre Unterstützung reduzieren oder Handelsschranken aufbauen, wird China seine heimische Photovoltaik-Industrie nicht vor die Wand fahren lassen. Dies wurde auf der diesjährigen CIPV Expo klar deutlich. Es darf mit weiteren Maßnahmen der chinesischen Regierung gerechnet werden, die den Großanlagenmarkt im sonnigen Westen Chinas unterstützen oder den Aufdachmarkt als weiteren wichtigen Binnenmarkt in den riesigen Bevölkerungszentren entlang der Ostküste positionieren.

Nach Angaben von Trina-Direktor Su, bietet China fünf Milliarden Quadratmeter Dachfläche und nach Süden gerichtete Fassadenfläche, die für Photovoltaik-Systeme geeignet sind.  Auch wenn nur 20 Prozent dieser Flächen für Photovoltaik eingesetzt würden, ergäbe dies eine installierte Stromkapazität von 100 Gigawatt. Nehmen wir Chinas gewaltigen Ausbau von Solarthermie-Anlagen als Wegweiser, könnte dieser neue Markt ein großer Sprung nach vorne im chinesischen Solarmarkt werden. (Eckhart Gouras)

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