Umdenken beim Anschluss

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Im August 2010 veröffentlichte das VDE Forum Netztechnik/Netzbetrieb (FNN) die Niederspannungsrichtlinie, offiziell heißt sie Anwendungsregel VDE AR-N-4105. Seit 1. Januar ist sie endgültig in Kraft. Die Richtlinie enthält einige Neuerungen, die Installateure direkt bei der Anlagenplanung berücksichtigen müssen: Anforderungen an die Blindleistungsbereitstellung, an das Schieflastverhalten, das die Verteilung der Einspeisung auf die drei Phasen des Stromnetzes regelt, und an den Netz- und Anlagenschutz.
Die Richtlinie beschreibt die technischen Mindestanforderungen für denAnschluss und den Parallelbetrieb von Photovoltaikanlagen am Niederspannungsnetz in Deutschland. Statt nur Strom zu wandeln, muss die heutige Generation von Wechselrichtern ab 1. Januar 2012 dabei mithelfen, den Netzbetrieb zu stabilisieren und zu sichern.
Ein wichtiger Punkt ist dabei die sogenannte Symmetrie der Phasen. Die drei Phasen der Wechselspannung unterscheiden sich nur dadurch, dass ihre Strom- und Spannungswerte zeitlich um knapp sieben Millisekunden verschoben fluktuieren. Die Synchronmaschinen in den großen Kraftwerken versorgen alle drei Phasen mit der gleichen elektrischenEnergie. Doch gerade im Niederspannungsnetz nutzen Verbraucher oft nur eine Phase – und Photovoltaikanlagen speisen oft nur in eine Phase ein. Das führt zu einer Unsymmetrie zwischen den drei Phasen, die Experten auch Schieflast nennen.

Weniger Schieflast

Ein Ziel der Niederspannungsrichtlinie ist es, die Spannungssymmetrie im Niederspannungsnetz zu verbessern. Daher gehören zu den wichtigsten Neuerungen auch Maßnahmen, um Unsymmetrien in der Einspeisung für alle in das Netz einspeisenden Solaranlagen zu verringern.Ab Januar 2012 gilt daher eine neue Schieflastgrenze von exakt 4,6 Kilovoltampere pro Phase – auch im Fehlerfall und unabhängig von der Leistung der Photovoltaikanlage. Im Prinzip war das auch bisher der Fall – mit einem kleinen, aber wichtigen Unterschied. Bisher war es bei einphasig angeschlossenen Wechselrichtern erlaubt, sich nach der Nennleistung der Wechselrichter zu richten und dann den Wert um zehn Prozent zu überschreiten, so dass die Anlage dann 110 Prozent der Nennleistung einphasig einspeisen durfte. Diese Möglichkeit entfällt nun.
Eine Fünf-Kilowatt-Anlage konnte bisher mit einem 4,6-Kilowatt-Wechselrichter angeschlossen werden, dessen Maximalleistung zehn Prozent darüber und damit bei 5,06 Kilowatt lag. Jetzt geht das nicht mehr, und Installateure müssen umdenken. Entweder man nutzt ein zwei- oder dreiphasiges Gerät mit fünf Kilowatt Nennleistung oder zwei einphasige Geräte, die in zwei verschiedene Phasen einspeisen, zum Beispiel mit zwei unddrei Kilowatt Leistung. Dazu gibt es aber eine einfachere Alternative: Wer mit einphasigen Geräten bauen will, würde vermutlich die Anlage kleiner dimensionieren, so dass ein 4,6-Kilowatt-Gerät ausreicht.
Dabei muss man auch berücksichtigen, dass der Wechselrichter Blindleistung bereitstellen muss – die Größe des Wechselrichters muss so gewählt werden, dass die Wechselrichterleistung sowohl für die Wirkleistung der Photovoltaikanlage als auch für die Blindleistungsanforderung des Netzbetreibers ausreicht. Die Blindleistungsanforderung hängt dabei von der Anlagengröße und der Anlagenleistung ab.
Für Anlagen größer als 13,8 Kilovoltampere kommt es zu einer wichtigen Änderung durch den Zusatz, dass die Schieflastgrenze auch im Fehlerfall eingehalten werden muss. War es bisher möglich, einphasige Wechselrichter zu verwenden und damit beispielsweise eine 28-Kilowatt-Anlage mit zwei Acht- und einem Zwölf-Kilowatt-Gerät anzuschließen, ist das in Zukunft nur noch erlaubt, wenn die Geräte kommuni- kativ gekoppelt sind und im Fehlerfall auf allen drei Phasen gleichmäßig abschalten. Denn wenn eines der Geräte ausfallen würde, wäre die Schieflast automatisch zu groß. Auch ist es nicht mehr möglich, eine 27,6-Kilowatt-Anlage mit sechs 4,6-Kilowatt-Wechselrichtern anzuschließen, von denen jeweils zwei in eine Phase einspeisen. Auch dabei würde die Grenze überschritten, wenn zwei Wechselrichter pro Phase ausfallen würden.
Maximal können also mit drei einphasigen Wechselrichtern Anlagen von 13,8 Kilovoltampere angeschlossen werden. Es wird also häufiger vorkommen, dass Installateure zu dreiphasigen Wechselrichtern greifen müssen. Allerdings ist es nach wie vor möglich zu stückeln. Eine 28-Kilowatt-Anlage kann mit zwei dreiphasigen Zwölf-Kilowatt-Geräten und einem einphasigen Vier-Kilowatt-Wechselrichter angeschlossen werden.

Netz- und Anlagenschutz

Grundlegende Neuigkeiten gibt es auch beim Netz- und Anlagenschutz für Solaranlagen. Der Netz und Anlagenschutz, kurz NA-Schutz, dient dazu, im Falle eines Netzfehlers die Anlage vom Netz zu trennen, um das Netz, die Anlage und Monteure, die unter Umständen am Netz arbeiten, zu schützen.
Bei einem NA-Schutz handelt es sich um eine typgeprüfte Schutzeinrichtung mit Konformitätsnachweis, die alle relevanten Netzparameter überwacht. Er hat die Aufgabe, eine Photovoltaikanlage bei unzulässigen Spannungs- und Frequenzwerten wie Über- oder Unterspannungen und Frequenzabweichungen am Einspeisepunkt vom Netz zu trennen. Befindet sich das Netz wieder innerhalb der zulässigen Parameter, wird der Wechselrichter wieder automatisch zugeschaltet.
Der externe NA-Schutz ersetzt die jederzeit zugängliche Freischaltstelle und eine eventuell vorhandene externe ENS.
Wie die Schutzeinrichtung realisiert werden muss, hängt von der Anlagengröße ab. Für Anlagen mit einer Scheinleistung kleiner als 30 Kilovoltampere gilt wie bislang, dass die Schutzfunktionen integraler Bestandteil des Wechselrichters sein dürfen. Das ist dann als „interner NA-Schutz“ angegeben. Das heißt, die Installation einer zusätzlichen Komponente im System ist nicht zwingend erforderlich, sofern derWechselrichter über einen internen NA-Schutz verfügt.
Für Anlagen mit einer Scheinleistung größer 30 Kilovoltampere muss der NA-Schutz extern angebracht werden – optimalerweise zentral am Zählerplatz. Das erhöht etwas den Aufwand, doch dafür entfällt die bisher erforderliche jederzeit zugängliche Freischaltstelle.
Sowohl der zentrale als auch der integrierte NA-Schutz muss den Anforderungen der sogenannten Einfehlersicherheit genügen – wie das auch bislang in der VDE 0126-1-1 gefordert war. Das heißt: Der NA-Schutz muss so aufgebaut sein, dass er seine ordnungsgemäße Funktion automatisch überwacht und dass selbst Fehler in einzelnen Bauteilen zur zuverlässigen Abschaltung des Wechselrichters führen.
Für eine Abschaltung innerhalb der geforderten maximalen Gesamtabschaltzeit von 200 Millisekunden wirkt der NA-Schutz auf einen zusätzlichen Kuppelschalter ein. Dieser ist redundant aus zwei in Reihe geschalteten elektrischen Schalteinrichtungen zu installieren. Beide Schalter sind als galvanische Trennschalter auszuführen. Es gilt zu beachten, dass bei einer Photovoltaikanlage, dieüber mehrere Stromzähler angeschlossen ist, für jeden separaten Abgang diese Kuppelschalter anzubringen sind.

Wichtig: richtiges Gerät kaufen

Durch die neue Richtlinie unterstützen die Geräte außerdem das Verbundnetz, so dass es bei Lastschwankungen und Kurzschlüssen aufrechterhalten werden kann. Außerdem müssen sich solare Stromerzeuger zur Verbesserung der Aufnahmefähigkeit der bestehenden Verteilnetze ab einer Scheinleistung von 3,68 Kilovoltampere an der statischen Spannungshaltung durch Blindleistungseinspeisung beteiligen. Sie dürfen bei einer Frequenzabweichung nicht gleichzeitig abschalten („50,2 Hertz Problem“), müssen die Leistung steuerbar machen und eine schlagartige Wiederzuschaltung der Gesamtleistung verhindern.
Installateure müssen für Blindleistungseinspeisung eines beachten: Die maximale Blindleistung, die eine Anlage bereitstellen muss, hängt von der Anlagenleistung ab. Wenn eine Anlage aus mehreren Wechselrichtern besteht, muss der Installateur jeden Wechselrichter entsprechend einstellen. Bei Wechselrichtern von Fronius gibt er dazu am Display die Gesamtanlagenleistung ein. In Sonderfällen verlangen Netzbetreiber eine besondere Kennlinie für die Blindleistungseinspeisung. Auch diese müssen die Installateure dann vor Ort einstellen. Diese Kennlinie gibt den nötigen Anteil der Blindleistung an der Gesamtleistung an.
Schieflastverhalten, Blindleistungseinstellungen und NA-Schutz, das sind die wichtigsten Punkte, bei denen die Installateure umdenken müssen. Ansonsten müssen sie vor allem sicherstellen, dass sie Geräte einbauen, die die anderen neuen Anforderungen der Richtlinie erfüllen. Die meisten Hersteller dokumentieren das auf dem Typenschild. Bei den entsprechenden Geräten von Fronius ist dort „AR-N 4105“ vermerkt, wo früher auf die alte Richtlinie „VDE 0126-1-1“ verwiesen wurde.
Marina Klubescheidt, 
Marketingleitung Solarelektronik Fronius Deutschland
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Einspeisemanagement und Abregelung

Nicht nur durch die neue Niederspannungsrichtlinie kommt es zu Änderungen, die den Anschluss der Anlagen an das Stromnetz betreffen. Die EEG-Novelle, die zum 1. Januar in Kraft trat, fordert nämlich außerdem, dass auch Anlagen am Niederspannungsnetz am Einspeisemanagement teilnehmen müssen (siehe Seite 74). Netzbetreiber können dann ferngesteuert die Einspeisung drosseln, wenn es die Netzstabilität verlangt. Für Anlagen mit einer Leistung kleiner als 100 Kilowatt gibt es die Möglichkeit zu einem vereinfachten Einspeisemanagement, bei dem Netzbetreiber weniger Daten übermittelt bekommt als bei Anlagen über 100 Kilowatt. Anlagen kleiner 30 Kilowatt können alternativ auf 70 Prozent ihrer Wirkleistung abgeregelt werden. Das führt zu Ertragsverlusten zwischen zwei und acht Prozent, spart aber die Schnittstelle zum Netzbetreiber.
Bei Redaktionsschluss war noch unklar, wie diese Regelungen umgesetzt werden sollen. Zurzeit stimmen sich Bundesregierung, Netzbetreiber und Solarbranche dazu ab.
Beim vereinfachten Netzmanagement ist das Problem, dass es noch nicht alle Netzbetreiber anbieten können. Bei der Abregelung ist unklar, wie diese nachgewiesen werden soll.
Nach Aussage des BSW-Solar zeichnet sich Folgendes ab. Ein einfacher An/Ausschalter („AC-Schütz“) kombiniert mit einem Rundsteuerempfänger soll ausreichen, um die Vorgaben des EEG zu erfüllen. In bestimmten Netzbereichen wird diese Technik mangels Notwendigkeit oder technischer Verfügbarkeit der Sendetechnik auf Seiten der Netzbetreiber voraussichtlich noch nicht angewendet werden. Dann wird vermutlich die Möglichkeit bestehen, über den Einspeisemanagement-fähigen Wechselrichter und den AC-Schütz hinaus vorerst keine zusätzliche Technik zum Einspeisemanagement zu verbauen.
Der BSW-Solar empfiehlt, Kontakt mit dem Netzbetreiber aufzunehmen, ihn nach seinen technischen Anforderungen zu fragen, sich diese schriftlich bestätigen zu lassen und diesen zu entsprechen.

Michael Fuhs

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Eine Zusammenstellung der neuen Anforderungen durch die Anwendungsregel 4105 finden sie auf  www.photovoltaik.eu

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