Global mithalten

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Die Fakten sind nicht neu, doch sie rücken zunehmend ins Bewusstein der Branche und der Politik: 80 Prozent aller Photovoltaikanlagen weltweit werden in Europa verkauft, aber der Anteil der europäischen Produktion nimmt immer weiter ab.

Nur noch 29 Prozent der Solarzellen wurden 2009 in Europa produziert, im Jahr 2010 sank der weltweite Anteil der europäischen Produktion weiter auf 13 Prozent ab. Ähnlich sieht die Situation bei den größten Solarzellenherstellern aus: Unter den Top Ten ist in diesem Jahr nur noch ein europäischer Hersteller, die Nase vorn haben die chinesischen und taiwanesischen Produzenten. Und die Regierungen dieser asiatischen Staaten haben „die strategische Bedeutung der Photovoltaikindustrie klar erkannt“, wie Eicke Weber, Chef des Freiburger ISE, aufdem SEMI-Forum betonte. „Europa hinkt hier hinterher.“ Mit zinsgünstigen Krediten in Höhe von 21 Milliarden US-Dollar förderte die chinesische Regierung in den vergangenen Jahren allein den Produktionsausbau von vier großen chinesischen Zellherstellern, hieß es auf der Veranstaltung.

Fördermittel nicht zu erwarten

Heißt das, dass in Europa nun nicht nur, wie in Deutschland, die Installation von Anlagen über Einspeisevergütungen, sondern auch deren Produktion massiv finanziell gefördert werden sollte? Angesichts leerer Kassen in Brüssel und der vielen Mitgliedsländer ist eine Erhöhung der Fördermittel insgesamt nicht realistisch, darüber waren sich die meisten Teilnehmer der SEMI-Veranstaltung einig. Doch Einigkeit herrschte darüber,dass die Förderung überdacht und angepasst werden sollte. „Wir müssen stärker als bisher Anreize schaffen, um nicht nur Forschung und Entwicklung zur fördern, sondern auch deren Anwendung und die Produktion“, gab Michael Catinat von der Europäischen Kommission die Richtung vor.

Zudem gehe es darum, die Förderung der Photovoltaikindustrie in Europa stärker auf wettbewerbsfähige Cluster zu konzentrieren. „Wir müssen eine kritische Größe erreichen, um global mithalten zu können“, unterstrich Catinat. Konkret heißt dies, dass die europäischen Fördermittel stärker auf bereits entwickelte Cluster wie im Osten oder Süden Deutschlands konzentriert werden sollten, sagte Weber.

Doch wie können die anderen europäischen Regionen davon überzeugt werden, dass auch sie von einer solchen Konzentration der Förderung profitieren? Dies war eine der großen offenen Fragen auf der Veranstaltung in Brüssel.. „Wir brauchen ein neues Selbstverständnis Europas. Mit einem kleinkarierten Nationalismus und einer entsprechend ausgerichteten Klientelpolitik werden wir unsere globale Konkurrenzfähigkeit verlieren“, sagte beispielsweise die französische Abgeordnete Geneviève Fioraso aus Grenoble.Ein langer Weg jedenfalls, der in den 27 demokratisch regierten EU-Mitgliedsstaaten und ihrem europäischen Überbau schwieriger zu gehen ist als in einem zentralistisch regierten China. Selbst eine stärkere Förderung der anwendungsorientierten Forschung ist in Europa nicht von heute auf morgen zu erreichen, da derzeit hauptsächlich nur eine vorwettbewerbliche Forschungsförderung möglich ist.

Enger zusammenarbeiten

Einfacher zu erreichen ist auf alle Fälle eine freiwillige engere Zusammenarbeit der europäischen Photovoltaikhersteller sowie eine noch stärkere Nutzung von Kostensenkungspotenzialen, vor allem beim Materialeinsatz.

Auf politischer EU-Ebene setzt die SEMI PV Group nun vor allem Hoffnungen auf eine sogenannte Gruppe Hoher Repräsentanten (The High Level Group, HLG) für Schlüsseltechnologien (Key Enabling Technologies, KET). Dieses Gremium wurde von der EU-Kommission im vergangenen Jahr eingerichtet, um industrielle Anwendungen von Schlüsseltechnologien wie beispielsweisePhotonik oder Nanoelektronik in Europa voranzubringen. Bis Juli soll das Gremium einen Bericht mit notwendigen Maßnahmen vorlegen.

„Da wird vieles auf den Prüfstand kommen“, sagte Eicke Weber, der in zwei Arbeitsgruppen des Expertengremiums mitarbeitet. Er plädierte für die Bereitstellung von 100 Milliarden Euro alsAusfallbürgschaften für die Photovoltaikindustrie, um eine Ausweitung und Modernisierung der Produktion zu ermöglichen. „Der schwierige Zugang zu Kapital ist eines der Hauptprobleme in Europa, nicht nur für die Photovoltaikindustrie“, betonte Weber. Hier sei eine „mutige europäische Industriepolitik“ nötig.

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