„Dann sind wir genau da, wo der Strom hin muss“

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Wie viel plant und baut Belectric derzeit auf Freiflächen?

Im Jahr 2011 werden wir weltweit Solarkraftwerke mit einer Gesamtleistung von etwa 350 Megawatt errichten.

Entstehen alle diese Anlagen auf Konversionsflächen?

Nein, von den 350 Megawatt errichten wir etwa 200 Megawatt in Deutschland, den Rest im Ausland. Von diesen 200 Megawatt werden mehr als 50 Prozent auf Konversionsflächen entstehen.

Und sind Sie damit nicht zufrieden?

Der Nachteil bei der Konversion sind drei Themen: Das eine ist grundsätzlich der hohe Pacht- oder Kaufpreis für das Grundstück. Das zweite Thema ist die Altlastenbeseitigung und auch die Demunitionierungskosten. Drittens sind Konversionsflächen zwar vergütungsfähig, jedoch erhalten wir auf vielen Flächen kein Baurecht, weil diese als Naturschutzgebiete oder FFH-Gebiete ausgewiesen sind.

Wie viel höher schätzen Sie die Kosten für diese Freiflächen-Kraftwerke gegenüber Anlagen auf Acker-

und Wiesenfläche oder auf Brachland?

Insgesamt liegen die Projektentwicklungskosten etwa 25 Prozent höher. Dabei sind die Investitionen einberechnet, die sich für Altlastenbeseitigung und Demunitionierung ergeben.

Gibt es denn noch genügend Flächen, auf denen nach dem EEG förderfähige Solarparks entstehen könnten?

Die Anzahl an Konversionsflächen, die noch bebaubar wären, ist sehr überschaubar, weil die Branche sich in den letzten ein, zwei Jahren extrem auf Konversionsflächen gestürzt hat. Es gibt auch eine Vielzahl von Konversionsflächen, die entweder unter Naturschutz stehen oder sonstige Belastungen haben, so dass hier baurechtlich die Errichtung eines Solarkraftwerkes gar nicht zulässig ist, auch wenn wir einen Einspeisetarif dafür bekommen könnten. Also auch dieses Thema, dass wir jetzt in Schutzgebieten bauen können, ist ja schön, aber Sie brauchen auch das entsprechende Baurecht dazu. Eine Solaranlage oder ein Freiflächen-Solarkraftwerk gilt als bauliche Anlage, und ein Gebäude im Naturschutzgebiet zu errichten, ist hinsichtlich des Baurechts nahezu unmöglich. Das heißt, wir haben zwar die Vergütungsfähigkeit, aber wir haben kein Baurecht.

Sie haben nun gefordert, Photovoltaikkraftwerke wieder auf Grünland zuzulassen. Warum?

Das ist eine hervorragende Lösung: Wir haben jetzt 115 Kraftwerke in den letzten zehn Jahren gebaut. Wir haben bei dem einen oder anderen am Standort nachgewiesen, dass die Population an seltenen Tieren und auch das Wachstum an seltenen Gräsern sich deutlich erhöht haben. In einem Solarkraftwerk herrscht ein biotopähnlicher Zustand. Wir müssen das Kraftwerk einzäunen, und wir haben im Zaun eine Durchschlupfmöglichkeit für die Tiere. Dementsprechend haben die da einen vollkommen unberührten Lebensraum, weil außer unserem Servicetechniker, der zweimal im Jahr kommt, niemand diese Fläche betritt. Also haben die da einen komplett belastungsfreien Lebensraum, und es können sich seltene Tierarten wieder ansiedeln.

Sie sagen also, dass sich Photovoltaik und Ökologie problemlos vereinbaren lassen?

Selbstverständlich. Vor allen Dingen, weil wir die Flächen mehr aufwerten, als dass wir sie abwerten. Wir versiegeln die Fläche mit weniger als 0,25 Prozent der Gesamtfläche.

Gibt es denn dann überhaupt eine Flächenkonkurrenz in Deutschland?

Überhaupt nicht. Man muss mal eines sehen: Es gibt insgesamt knapp 20 Millionen Hektar Ackerland. Von diesen 20 Millionen Hektar Ackerland hat die Photovoltaik momentan 6.000 Hektar belegt. Für nachwachsende Rohstoffe ist ein Vielfaches des Ganzen bereits heute schon verbraucht. Selbst wenn wir die Anzahl der Kilowattstunden, die heute von allen Atomkraftwerken produziert werden, nur mit Photovoltaik ausgleichen würden, dann würden wir weniger als ein Prozent der Gesamtfläche der Ackerflächen benötigen. Grünland und Brachflächen sind hier noch nicht mit eingerechnet. Somit ist die Flächendiskussion, wir würden den Landwirten die Fläche wegnehmen oder dass wir alle bald nichts mehr zu essen haben, vollkommener Blödsinn.

Aber Sie fordern dennoch nicht „zurück aufs Ackerland“, sondern Sie haben eigene Vorstellungen entwickelt, wo zukünftig mehr Freiflächenanlagen gebaut werden können.

Richtig.

Welche Flächen sollte die Bundesregierung freigeben, um mehr Anlagen zu ermöglichen?

Wir sind ganz klar gegen den Wildwuchs von Anlagen. Sie müssen ins Landschaftsbild passen. Deswegen war unsere Idee, die Kraftwerke an den Stromoberleitungen zu bauen, die das Landschaftsbild sowieso schon belasten. Dies sollte aber damit verknüpft werden, dass der Anlagenbetreiber mit seinem Solarkraftwerk auch Netzdienstleistungen anbietet, sprich Netzstabilisierungsmaßnahmen und eventuell auch einen Speicher. Nur wenn er das anbietet, sollte man ihn auch auf diese Flächen lassen. Dann sind wir genau da, wo der Strom hinmuss, nämlich am Netz, und können da auch dann die entsprechenden Dienstleistungen anbieten. Das Landschaftsbild wird auch nicht zerstört, denn ein Strommast ist teilweise bis zu 60 Meter hoch und ein Solarkraftwerk drei Meter.

Was hätte das denn für Vorteile, wenn die Investoren gleichzeitig Netzstabilisierung und Speicher anbieten?

Insgesamt wird der Photovoltaik-Vergütungstarif für Freiflächen-Solarkraftwerke nächstes Jahr fast auf dem Niveau der Offshore-Windkraft sein. Erstens sind wir dann wirtschaftlich genauso günstig oder teuer wie Offshore-Windkraft. Der zweite Punkt ist aber, dass dadurch erforderliche Netzausbaumaßnahmen verhindert werden können und damit wieder eine Entlastung bei den Verbraucherkosten eintritt, da der Netzausbau auch auf die Verbraucher über die Stromtarife umgelegt wird. Somit haben wir dann die Chance, das Netz auf der 20- und 110-Kilovolt-Ebene zu stabilisieren. Damit ist auf der 380-Kilovolt-Ebene wieder mehr Platz, und dann kann auch mehr Offshore-Windstrom vom Norden in den Süden transportiert werden, ohne dass man zusätzliche Leitungstrassen bauen muss. Somit ist die einzige Lösung, den Zubau für Offshore-Windenergieanlagen und Freiflächen-Solarkraftwerke auf dem gleichen Niveau zu halten. Dies wird jedoch im aktuellen Gesetzentwurf geradezu verhindert. Zugleich würde dadurch der nötige Netzausbau auf der 20-Kilovolt-Ebene deutlich reduziert.

Gibt es weitere Flächen, die aus Ihrer Sicht als Projektierer ins EEG aufgenommen werden sollten?

Grundsätzlich würden wir uns wünschen, dass Gewerbegebiete generell, also auch neu ausgewiesene Gewerbegebiete, mit Photovoltaikanlagen bebaut werden dürfen. Denn ein Solarkraftwerk ist ein Gewerbebetrieb. Wir glauben, dass die Kommunen, wenn sie ein Gewerbegebiet ausweisen, eine höhere Sorgfalt walten lassen als bei einem Sondergebiet Photovoltaik, weil sie ja auch eventuell andere Betriebe dort mit ansiedeln müssen. Wir könnten auch nur Teile eines Gewerbegebietes nutzen, so dass sich andere Betriebe direkt neben der Stromproduktion ansiedeln könnten. Das heißt, man wird nicht irgendwo in der schönsten Ecke mitten im Tourismusgebiet ein Gewerbegebiet ausweisen. Das macht kein Mensch in Deutschland. Außerdem besteht in der Politik die Fehlinterpretation, dass gerade in Ostdeutschland eine Vielzahl von Gewerbegebieten zur Verfügung steht. In der Realität dürfen diese Gewerbegebiete aber aufgrund von Landesvorschriften nicht mit Solarkraftwerken bebaut werden.

Das Interview führte Sandra Enkhardt.

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Zitat

„Ein Strommast ist teilweise bis zu 60 Meter hoch, ein Solarkraftwerk drei Meter“

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