Ist es egoistisch, bei der Diskussion um das EEG nur Deutschland im Blick zu haben? Diese Frage braucht man vermutlich gar nicht zu beantworten. Es ist vor allem kurzsichtig, wie ein Gedankenspiel zeigt. Innerhalb der globalen Photovoltaikindustrie hängen die nationalen Interessen und politischen Förderanreize auf der einen Seite und die Entwicklungen auf dem Weltmarkt auf der anderen Seite nämlich zusammen. Das gilt besonders für die großen Konsumentenmärkte – allen voran Deutschland, mit rund 54 Prozent Weltmarktanteil 2010.
Nach Berechnungen des Bonner Marktforschungsinstituts EuPD Research wuchs die deutsche PV-Nachfrage 2010 von 3,8 auf zuletzt geschätzte 7,2 Gigawatt. Das entspricht einer Wachstumsrate von 90 Prozent. 2011 könnte es so weitergehen. Selbst ein Zubau von über neun Gigawatt scheint möglich. Diese Zuwächse, die Deutschland trotz abgesenkter Fördertarife verzeichnen konnte, rufen nun erneut die Skeptiker auf den Plan. Vermutlich kommt es schon Mitte 2011 zu weiteren Absenkungen, spätestens aber 2012. Denn zum 1. Januar wird die Einspeisevergütung auch regulär um 21 Prozent sinken, sollte der Zubau über 6,5 Gigawatt liegen. Mit der geplanten EEG-Novelle könnte es für die Solarbranche aber noch viel schlimmer kommen. Laut des im August 2010 von der Bundesregierung vorgestellten „Nationalen Aktionsplans für Erneuerbare Energien“ liegt das Zubauziel für 2020 bei rund 52 Gigawatt kumulierter PV-Leistung. Bei einem Zubau von 9,8 Gigawatt 2011 würde sich für die Jahre 2012 bis 2020 ein jährlicher Zubau von 2,98 Gigawatt ergeben.
Egal ob der deutsche Markt über einen Deckel (siehe photovoltaik01/2010, Seite 18) oder über starke Absenkungen der Einspeisevergütung auf drei Gigawatt Zubau pro Jahr reguliert wird – beides ist zurzeit in Diskussion –, hat das erhebliche Auswirkungen auf die globale Entwicklung der Photovoltaikbranche.
Geht man von einem Zubau von 9,8 Gigawatt in Deutschland für 2011 und lediglich drei Gigawatt für 2012 aus, so müssten die verbliebenen Märkte eine Lücke von annähernd sieben Gigawatt schließen. Gelingt dies, wäre damit immer noch kein Marktwachstum erreicht, sondern lediglich eine Stagnation – die erste in der Geschichte der Photovoltaik. Aus derzeitiger Sicht erscheint aber selbst dieses Nullwachstum noch als optimistisches Szenario. Um den Marktrückgang von sieben Gigawatt in Deutschland zu kompensieren, müssten wichtige Märkte wie Italien, Japan, Frankreich und die USA zwischen 2010 und 2012 um 100 oder 150 Prozent wachsen. Im gleichen Zeitraum müssten auch alle restlichen Märkte weltweit ihren Zubau verdoppeln und 2012 ein Gesamtvolumen von rund fünf Gigawatt aufnehmen. „So ein Szenario ist ein Gedankenspiel, zeigt aber, wie sehr der weltweite Photovoltaikmarkt verzahnt ist und wie stark auch ausländische Märkte von den Entwicklungen in Deutschland abhängen“, erklärt EuPD-Experte Jan Winkler.
Angesichts der Umgebungsfaktoren erscheint die Aufnahme von derartigen Mengen unwahrscheinlich. In Spanien, Österreich und der Schweiz gibt es eine Zubaubegrenzung auf relativ niedrigem Niveau. In Frankreich, Griechenland und Italien gibt es zwar keine tatsächliche Mengenbegrenzung, aufgrund der bürokratischen Hindernisse ist aber auch hier das realisierbare Volumen künstlich limitiert. Zudem gibt es in all diesen Ländern nationale Aktionspläne, in denen der Zielzubau für die einzelnen Erneuerbaren festgelegt ist, und eine hohe Sensibilisierung mit Blick auf die Kosten der Förderung. Ein übermäßiges Marktwachstum würde dort – genau wie in Deutschland – wohl zu kurzfristigen Eingriffen in die Fördersätze führen. Auch andere Länder wie Japan, Kanada oder Indien werden aufgrund ihrer restriktiven Local Content Requirements nur bedingt kompensieren. Am Ende dieses Gedankenspiels ständen im besten Fall ein stagnierender Weltmarkt und ein starker Druck auf der Anbieterseite. Durch das zu erwartende starke Wachstum in Märkten außerhalb von Deutschland entständen auch hier ein zunehmender Kostendruck und die Gefahr einer Förderanpassung. Die mögliche Folge: ein unkontrollierbarer Domino-Effekt der Förderungsreduzierung.
Es käme zu einem Überangebot von Komponenten, so dass die Preise dramatisch fallen und Unternehmenspleiten sich häufen würden. Der nächste Schritt wäre eine Ausweitung der Pleiten entlang der Wertschöpfung, und letztlich würden darunter auch deutsche Maschinenbauer und vor- sowie nachgelagerte Stufen leiden.
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