Gigantisches Wachstum

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Kein Geschäftsbereich in der Photovoltaikbranche wächst so rasant wie der EPC-Bereich (Engineering, Procurement and Construction, zu Deutsch: Planen, Beschaffen und Bauen). „50 Prozent Wachstum sind der Durchschnitt“, sagt Henning Wicht vom Marktforschungs- und Beratungsunternehmen iSuppli in München. Einige Projektierer wachsen noch viel schneller. Dabei beobachten die Marktforscher und Analysten eine starke geografische Verlagerung. „In Deutschland gab es in diesem Jahr noch viele große Parkprojekte“, so Analyst Christian Rath von der HSBC-Bank. „Für das nächste Jahr erwarten wir jedoch eine deutliche Abschwächung. Neue Märkte sind vor allem in den USA und sicher auch in Italien.“

Es gibt zwei Geschäftsmodelle, nach denen die Projektierer arbeiten. Zum einen planen, beschaffen und bauen sie im Auftrag eines Kunden, die Anlage ist also von vornherein verkauft. „All die produktiven Firmen, wie Sun Power, First Solar oder beispielsweise Q-Cells, können dafür nicht so viel Kapital binden“, sagt Wicht. „Sie brauchen es an anderen Stellen.“ Beim zweiten Modell errichten die Projektierer die Freiflächen- oder Großanlage auf eigene Faust. Sie wird erst dann an einen Betreiber verkauft, wenn sie am Netz ist.

Wenn Projektierer mit bereits verkauften Anlagen nicht rechtzeitig fertig sind, kassieren sie empfindliche Vertragsstrafen oder riskieren über eine Klausel im Vertrag den Rücktritt des Kun-den. Als Eigentümer und Betreiber könnten sie dann auf einer unverkäuflichen oder gerade noch zu Schleuderpreisen abzusetzenden Anlage sitzen bleiben. Komplizierte bürokratische Hürden nicht zu bewältigen und dadurch Verluste einzufahren, dieses Risiko besteht in vielen Ländern, und das bei Projekten, die sehr viel Kapital binden. Das schreckt offensichtlich nicht so stark ab, im Gegenteil, wie die installierten Leistungen zeigen.

Projektierer zu ranken, ist kein so leichtes Unterfangen. Es ist ein hoch volatiler Markt. Außerdem liegen hier noch nicht allzu viele Erfahrungen vor, im Gegensatz etwa zum Ranken von Zell- oder Modulherstellern. Es kann durchaus sein, dass es in China den einen oder anderen Projektierer gibt, der hier unter den Top 15 fehlt, weil er seine Daten noch nicht bekannt gegeben hat und auch sonst in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung tritt. Zudem verraten die für ein Jahr ermittelten Megawatt-Leistungen nichts darüber, wie viele Projekte gerade kurz vor dem Abschluss stehen und deshalb zum Stichtag noch nicht in die Bewertung mit eingerechnet wurden. Dies ist besonders bedeutend, weil die EPC-Unternehmen nicht so viele, aber dafür große Projekte realisieren.

Sixpack in XXL

Angeführt wird die starke Sechsergruppe der EPC-Unternehmen bezüglich der installierten Leistung von Beck Energy mit Hauptsitz in Deutschland. Die Nummer eins verdreifacht ihren Umsatz in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr und kommt damit auf eine installierte Jahresleistung von 268,7 Megawatt. Das Unternehmen hat bisher weltweit 121 Freiflächenanlagen mit einer Gesamtleistung von 420 Megawatt fertiggestellt, 65 Prozent davon in Deutschland.

Die internationalen Aktivitäten werden im nächsten Jahr gegenüber dem Inlandsengagement noch verstärkt. „Ich schätze mal, dass es in Richtung 50 zu 50 gehen wird“, so Geschäftsführer Martin Zembsch. „50 Prozent Deutschland, der Rest im Ausland.“ In Europa ist Beck Energy in Italien und Frankreich besonders stark vertreten. Über die weitere Zukunft sagt Zembsch: „Man kann in der Photovoltaikbranche kaum langfristige Prognosen abgeben, da sich die Rahmenbedingungen von Land zu Land unterscheiden und sich in Zukunft noch verändern werden.“ Spanien habe noch Potenzial, so der Unternehmenschef, wenn auch nicht mehr das von 2008.

Beck Energy besitzt Niederlassungen in 13 Ländern und ist von der Westküste der USA bis nach Indien aktiv. Zur geplanten Megawatt-Gesamtleistung im kommenden Jahr will Zembsch sich nicht äußern. Der ungewöhnliche Erfolg des Unternehmens mit Hauptsitz in Deutschland überrascht selbst die Insider. „In der Größenordnung hatte ich sie bisher nicht auf dem Radarschirm“, räumt Marktforscher

Dirk Morbitzer von Renewable Analytics in San Francisco ein. Damit ist er nicht allein. Es kursieren nicht allzu viele Informationen über das Unternehmen aus dem fränkischen Kolitzheim.

Auch die Nachfragen von photovoltaikan Geschäftsführer Zembsch und Marketingchef Claus Rendler nach dem Erfolgsrezept des Unternehmens brachten nicht viel Substanzielles. Großkunde und wichtiger Betreiber von Beck-Energy-Solarparks in Deutschland ist die Commerz Real, ein Unternehmen der Commerzbank-Gruppe. Beck Energy realisiert seine Solarparks unabhängig von Subunternehmen und wird sich im nächsten Jahr in Belectric umbenennen. Unter diesem Markennamen tritt das Unternehmen bereits im Ausland auf.

Juwi kommt für das Jahr 2010 mit 200 Megawatt installierter Leistung auf Platz zwei. „Juwi liefert, was erwartet wird: solide entwickelte und gemanagte Projekte“, urteilt Morbitzer. Kommunen, die auf erneuerbare Energien umsteigen wollen, bietet Juwi komplette Energieversorgungspakete aus einer Hand an, mit Wind-, Bio- und Solarenergie. Damit hat sich Juwi ein neues Marktsegment geschaffen. Das sei sehr sinnvoll, so Wicht. „Bei künftig stark zurückgefahrenen Förderungen, die wir insbesondere ab 2012 für Deutschland erwarten, werden reine Finanzinvestoren wahrscheinlich nicht mehr so viel Spaß haben.“

Über umfangreiche Langfristverträge bezieht Juwi Cadmiumtellurid-Module von First Solar, genau wie Beck Energy, Phoenix Solar, Gehrlicher und Colexon große Rahmenvertragspartner von First Solar sind. „Unternehmen, die einen Rahmenvertrag mit First Solar haben, wissen genau, wie viel sie in jedem Jahr planen und bauen können oder müssen“, weiß Morbitzer. Bisher sei das für die Projektierer positiv gewesen. „Sie kennen die Preise, zu denen sie bauen werden, und haben damit eine gewisse Sicherheit gegenüber anderen Unternehmen.“ Wer aber einen Rahmenvertrag mit First Solar hat, wird es zum Beispiel schwerhaben, im Wachstumsmarkt USA bei Projektgeschäften gegen First Solar zu konkurrieren. Renewable-Analytiker Morbitzer wird noch deutlicher: „Gegen ein First-Solar-

Projekt anzutreten ist denen dann kaum möglich.“ Noch ist Juwi sehr auf Deutschland konzentriert. Wenn das Unternehmen weiterhin so erfolgreich sein will, muss es sich noch mehr internationalisieren.

Module und Solarparks

Sun Power, die Nummer drei, ist eigentlich Produzent von hocheffizienten und teuren Modulen. „Dafür suchen sie langfristig einen Absatzkanal“, erklärt Morbitzer. Und der lasse sich am besten schaffen, indem das US-amerikanische Unternehmen seine Module selbst verbaue. Sun Power hat viele Projekte in der Pipeline und außerdem Anfang dieses Jahres den Projektierer Sunray gekauft. Der wiederum gibt an, ebenfalls noch viele Projekte in petto zu haben, mehrere hundert Megawatt in Italien, Griechenland, Israel und Großbritannien. „Da hat sich der Modulhersteller seine Absatzpipeline gekauft“, so Morbitzer. „Wie werthaltig diese Akquisition wirklich ist, muss sich in den nächsten Jahren erst noch zeigen.“ Sie hätten sehr viel Geld bezahlt, urteilt Dirk Morbitzer. In diesem Jahr seien noch viele Projekte im Planungsstadium. Aber im kommenden werde sich zeigen, wie viele eigene Module dann wirklich zusätzlich verbaut werden könnten.

Riskante Großprojekte

Eine Steigerung des Umsatzes um 1.500 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr kann der Projektierer Sun Edison vermelden. Das US-Unternehmen ist vor allem in Amerika und Italien stark, zwei vielversprechenden Märkten „Sie haben eine spannende Pipeline“, schätzt Morbitzer es ein. „Jetzt geht es eben darum, das umzusetzen. Sun Edison wirkt sich aber jetzt schon positiv auf die Muttergesellschaft MEMC aus. Das heißt, es schlägt sich mittlerweile schon in einem positiven Wertbeitrag in den Ergebnissen von MEMC nieder.“

Q-Cells International, eine 100-prozentige Tochter von Q-Cells, steigert seine installierte Leistung in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr nicht. Das kann durchaus sinnvoll sein, denn in diesem Jahr ist der Zellhersteller seine Ware zu höheren Margen losgeworden, als bei eigenen Großprojekten zu erzielen wären. Außerdem: „Bei Q-Cells haben wir deutlich gesehen, welche Risiken mit der Finanzierung von solchen Großprojekten einhergehen können“, gibt HSBC-Analyst Rath zu bedenken. „Sobald es Finanzierungsschwierigkeiten gibt oder die Projekte nicht verkauft werden können, schlägt sich das in der Bilanz des Mutterunternehmens nieder.“ Q-Cells ist im kanadischen Ontario und in den USA gut aufgestellt, hat dort mittlerweile auch eine volle Pipeline an Projekten.

Die nächste Nummer eins?

„Im nächsten Jahr wird First Solar mit weitem Abstand auf Platz eins sein“, prognostiziert Morbitzer. First Solar habe allein in den USA Projekte am Start, die zusammen weit über 300 Megawatt ausmachen, und alles solide finanziert. Die anderen Analysten und Marktforscher loben das US-Unternehmen ebenfalls.

Es wird spannend bleiben bei den Projektierern. Vor allem die US-amerikanischen Unternehmen bleiben wohl auf der Überholspur. Selbst wenn sie nur einen Teil ihrer Projekte umsetzen können, dürften die Steigerungsraten im nächsten Jahr nicht hinter denen des laufenden zurückbleiben. Und wenn Module künftig wieder schwerer abzusetzen sind, werden die EPC-Unternehmen auch für die Modulhersteller weiter an Bedeutung gewinnen.

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