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Wer die Anmeldungen und Essensschlangen bei der diesjährigen Solar Power International in Anaheim/Kalifornien erlebt hat, fühlte sich an das nahe gelegene Disneyland erinnert. Über 25.000 Besucher kamen zur größten Fachmesse Nordamerikas. Angesichts des derzeitigen Überangebots und der sinkenden Preise fand die Veranstaltung zu einem für die Branche interessanten Zeitpunkt statt, denn die Hoffnungen für den US-Markt sind groß. Große Namen waren in diesem Jahr vertreten, so etwa US-Arbeitsministerin Hilda L. Solis, Robert F. Kennedy Jr. und der Schauspieler Ed Begley – ein Zeichen, dass sich auch die prominente Öffentlichkeit immer mehr für das Thema interessiert.

Energieversorger in Führung

Beim Gang durch die Ausstellung fiel im Vergleich zum letzten Jahr vor allem auf, dass viele der vorgestellten Produkte auf den Energieversorgermarkt abzielten. Der Grund: Durch ein im Oktober letzten Jahres verabschiedetes Gesetz kommen erstmals auch sie in den Genuss von Steuergutschriften.

Seit diesem Jahr können sogar Steuersubventionen in Anspruch genommen werden. Die Energiekonzerne haben klargestellt, dass sie im Solarsektor eine führende Rolle spielen wollen. Insbesondere diejenigen, die sich darum drängeln, staatliche Vorgaben zu erfüllen, die besagen, dass unterschiedliche prozentuale Anteile des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen werden müssen.

Dazu gehören beispielsweise Sempra Energy, die im Laufe der nächsten Jahre bis zu 500 Megawatt an eigener Solarkapazität bauen wollen, daneben Southern California Edison sowie Pacific Gas & Electric (PG&E), die jeweils 250 Megawatt an eigenen verteilten PV-Projekten planen und weitere 250 Megawatt von unabhängigen Solarentwicklern beziehen wollen – ganz abgesehen von den 1,3-Gigawatt-Solarthermie-Projekten in Zusammenarbeit mit dem Hersteller Brightsource Energy. PG&E hat zudem im Oktober verlauten lassen, dass Verträge über den Bezug von zusätzlichen 830 Megawatt an Solarstrom von unabhängigen Entwicklern unterzeichnet worden sind.

„Soweit ich sehe, sind die vertraglich zugesicherten Preise tatsächlich realistisch“, sagte Jenny Chase, Chefin der Solarforschung bei der britischen New Energy Research. „Hier könnten größere Projekte ablaufen als sonst irgendwo auf der Welt.“ Wenn so große Mengen an Solarstrom ins Netz eingespeist werden, stellt sich natürlich die Frage, wie man die für Solarstrom typischen Schwankungen ausgleichen kann. „So langsam denkt man darüber nach, wie Energiekonzerne 250 Megawatt an Solarstrom integrieren können, ohne dass die Lichter flimmern, wenn einmal Wolken über eine Solaranlage ziehen“, sagt Chase. Das wiederum öffnet die Tür für neuartige, innovative Lösungen für den Stromtransport und das sogenannte intelligente Stromnetz (Smart Grid). Eines der vielen Produkte, die auf der Messe für die Zielgruppe der Energieversorger vorgestellt wurden, ist Reliathon von Suntech Power, eine Plattform mit neuen Modulen für Großinstallationen und einer Garantie im „Kraftwerksmaßstab“ sowie rabattierten Preisen für Wechselrichter und Nachführsysteme von Advanced Energy, Array Technologies, Satcon, Siemens Industry und SMA. General Electric stellte einen 600-Kilowatt-Solarwechselrichter vor; er baut auf dem 1,5-Megawatt-Umrichter für Windkraftanlagen auf und wird mit einer Überwachungs- und Steuerungssoftware ausgeliefert. Sie stellt Informationen über diverse Solaranlagen so dar, dass sie eher wie bei fossilen Kraftwerken aussieht.

„Die Anzahl der Solarfirmen, die sich plötzlich für unsere Arbeit interessieren, ist wirklich ziemlich groß“, sagt Julia Hamm, Direktorin der Solar Electric Power Association des amerikanischen Solarindustrie-Verbandes. „Es ist so, als ob ihnen plötzlich ein Licht aufgegangen wäre, dass die Energieversorger für sie potenzielle Großkunden sind.“

Der Wettbewerb verschärft sich

Angesicht der ins Bodenlose sinkenden Preise ist es nicht verwunderlich, dass der Wettbewerb zwischen den Solarfirmen zunimmt. Ein sichtbares Anzeichen für diese Entwicklungen war die größere Anzahl der „Messehäschen“, also der langbeinigen und knapp bekleideten Damen, die Firmenbroschüren verteilten. „Angesichts von über 900 Firmen stellt sich eben die Frage: Wie kann ich dafür sorgen, dass meine Firma wiedererkannt wird“, sagt Rhone Resch, Präsident des US-amerikanischen Solarverbands Solar Energy Industries Association (SEIA). „Auf der SPI herrscht Wettbewerb, und das ist auch gut so.“

Auf der Konferenz wurde von den Sprechern auch auf die Konkurrenzsituation zwischen den USA und China eingegangen. In seiner Eröffnungsrede sprach Robert F. Kennedy von einem Wettrüsten um Solarstrom zwischen den USA und China. China hat viel mehr in erneuerbare Energien investiert als die US-Regierung. „Hier geht es nicht um Panzer und Flugzeuge, sondern darum, wer die meisten Solarmodule am effizientesten bauen kann“, so Kennedy. „Sie wollen uns aus diesem Geschäft verdrängen, und das wird ihnen bei vielen Firmen auch gelingen. Wir brauchen die Unterstützung der Regierung.“

Andere machten die neuen chinesischen Hersteller zumindest teilweise für das Überangebot verantwortlich. Einige seien einfach zum falschen Zeitpunkt in diesen Markt eingetreten, sagt Ron Kenedi, der Vice President der Sharp Solar Energy Solutions Group. „Es ist so ähnlich wie bei Eiskremherstellern, wenn viele Leute mit einer Diät anfangen.“ Seiner Schilderung zufolge sind viele der neuen Marktteilnehmer inzwischen baden gegangen. Dennoch hofft Sharp Solar laut Kenedi, dass der Wettbewerb zwischen den USA und China insofern sein Gutes hat, als er in beiden Ländern dazu führt, dass die Solarfirmen das Beste aus sich herausholen. Roger Efird, Präsident von Suntech America, erinnerte die Branche daran, wie wichtig es ist, dass beide Länder bei der Rettung des Planeten zusammenarbeiten, denn wenn nur ein Land etwas unternimmt, ist die Erde der Verlierer.

Viele Unternehmen vertreten die Meinung, dass niedrigere Preise für die Solarbranche ihr Gutes haben, da sie das Wachstum mit ankurbeln können. Wie es bei den Gewinnen aussieht, ist allerdings eine andere Sache. Die Solarinstallateure verkaufen zu Niedrigpreisen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, aber unter Umständen verdienen sie daran nichts. In dieser Branche ist es nicht einfach, den erwarteten niedrigen Preis anzubieten und gleichzeitig profitabel zu arbeiten, da höhere Kapazitäten – und eine konstante Produktion – die Voraussetzungen dafür sind, Skaleneffekte nutzen und die Kosten senken zu können, so Kenedi weiter.

Politik weiter offen

Zwar wird das Thema Erneuerbare Energien inzwischen von der US-Regierung stärker unterstützt als je zuvor, aber in der Branche werden Bedenken laut, ob diese Unterstützungen nicht wieder gekürzt werden, obwohl noch immer Bedarf besteht. „Diese Programme werden gerade eingeführt, man kann sich also nur schwer für eine Verlängerung einsetzen, aber es ist abzusehen, dass die Fristen auslaufen, bevor wir uns versehen“, sagt Kevin Walsh, einer der Geschäftsführer von GE Energy Financial Services.

So können beispielsweise Steuersubventionen in bar gegen Steuergutschriften fließen, und das in einem Markt, wo nur wenige Firmen wirklich genug verdienen, aber sehr wohl genug Steuern zahlen, um von den Gutschriften profitieren zu können. Die Steuersubventionen, die nächstes Jahr nach einer geplanten Laufzeit von zwei Jahren auslaufen, sind tatsächlich erst jetzt angelaufen. Wenn sie wirklich eingestellt werden, könnte so manche Firma ins Schwimmen geraten, denn nach Aussage mehrerer Experten kann man nicht davon ausgehen, dass im Tax-Equity-Markt, also bei der Besicherung von Krediten durch Investmentbanken und deren Weiterverkauf an Dritte, nächstes Jahr bereits Gelder zurückfließen. „Viele dieser Projekte sind langfristig ausgelegt, und die Tax-Equity-Märkte haben sich noch nicht erholt, und das wird in absehbarer Zeit auch nicht passieren“, sagt Katie Cullen, Partnerin bei SC Partners.

Ein weiteres großes Problem sind die staatlichen Anleihegarantien, mit deren Hilfe Unternehmen langfristig ihre Schulden für Infrastrukturprojekte „anschreiben“. Mit diesen Garantien profitieren Firmen eigentlich am meisten von staatlichen Geldern, denn sie können sich damit Finanzierungen für ihre Projekte beschaffen, die weit über die eigentliche Anleihe des Energieministeriums hinausgehen, so Walsh. Über zwei Milliarden Dollar wurden aus dem Programm abgezogen, um das „Cash for Clunkers“-Programm, die amerikanische Abwrackprämie, zu finanzieren. Autofahrern werden Rabatte angeboten, damit sie ihre Benzinfresser gegen sparsamere Autos eintauschen können.Walsh hätte diese Gelder gerne zurück: „Es wäre wirklich eine Schande, wenn das nicht passiert.“ Und sie fügt hinzu, dass die Abwrackprämie die staatlichen Investitionen nicht so wirksam nutzen würde wie die Anleihegarantien. Das Ironische an der Geschichte sei, so Jenny Chase, dass derzeit die Hoffnung auf Anleihegarantien den Markt ausbremst, denn die Firmen warten ab, ob sie sie überhaupt bekommen.

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