„Diese Probleme werden uns in Zukunft noch sehr intensiv beschäftigen“, warnt Christian Keilholz vom Solar-Sachverständigenbüro Solarklima. Gemeint sind Risiken und Schäden, die bei Photovoltaik-Steckverbindern im Verlauf ihrer Alterung auftreten können. Der große Unsicherheitsfaktor sei das Langzeitverhalten der Steckermaterialien Gummi und Kunststoff bei einer Verwendung im Außenbereich. „Die Materiallebensdauer muss bei Photovoltaikprodukten deutlich über der Marke von 20 Jahren liegen“, sagt Keilholz. Ein Steckverbinder für Photovoltaikanlagen, der keine so lange Lebensdauer garantieren könne, werde zu einem unkalkulierbaren Risiko. Da stellt sich die Frage, ob die Steckverbinder denn keine genormten Tests durchlaufen müssen, bevor sie verwendet werden.
Lange Zeit war das in der Tat nicht der Fall.
Erst im Juni 2004 fanden sich Vertreter mehrerer Hersteller zu einem Ad-hoc-Arbeitskreis bei der DKE zusammen, der für die Normung zuständigen Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik. Im Dezember 2006 hat diese eine Vornorm vorgelegt, wie es dem üblichen Prozedere entspricht. Aus der Vornorm kann, wenn sie sich bewährt, eine Norm werden.
Umfangreiche Tests
Diese Vornorm mit der sperrigen Bezeichnung DIN V VDE V 0126-3 definiert Sicherheitsanforderungen und legt unter anderem fest, welchen Prüfungen sich Photovoltaik-Steckverbinder unterziehen müssen. Eingeflossen sind Anforderungen aus den Modulnormen, aus der Norm für Industrie-Steckverbinder und bereits existitierende Anforderungen des TÜV Rheinland. Darin enthalten sind mechanische, thermische, klimatische Prüfungen, Lebensdauerprüfungen, Prüfungen zum Schutz gegen elektrischen Schlag und Isolationsprüfungen.
Arno Bergmann vom VDE und als Referent der DKE zuständig für das Komitee K373 „Photovoltaische Solarenergie-Systeme“ verweist bei der Frage nach dem Unterschied zu anderen Photovoltaik-Normen darauf, dass die thermischen und klimatischen Tests „sehr anspruchsvoll sind“. So muss beispielsweise die Erwärmung des PV-Steckverbinders bei einer Umgebungstemperatur von 85 Grad Celsius gemessen werden. Eine weitere hohe Hürde sei die Temperaturwechselprüfung. Mit 200 thermischen Zyklen zwischen minus 40 und plus 85 Grad Celsius dient sie dazu nachzuweisen, dass der Steckverbinder nach solchen Belastungen keine Beschädigungen aufweist, die den bestimmungsgemäßen Gebrauch beeinträchtigen könnten. Das gleiche Resultat muss auch die Feuchte-Wärme-Prüfung ergeben, nachdem der Prüfling 1000 Stunden lang einer Temperatur von 85 Grad Celsius und einer relativen Feuchte von 85 Prozent standgehalten hat. Fazit: Mit ihren Anforderungen geht die Vornorm in einigen Punkten deutlich über das hinaus, was in den Modulnormen, in der Norm für Industriesteckverbinder oder in der TÜV-Spezifikation festgelegt ist.
„Die Vornorm dient nun schon seit einiger Zeit als Grundlage bei Zertifizierungen“, sagt Bergmann. Das habe man zum Anlass genommen, sie auf die europäische Ebene zu heben. Die deutsche Vornorm wurde also beim Europäischen Komitee für Elektrotechnische Normung (CENELEC) eingereicht und dort mittlerweile als Entwurf angenommen. Die deutsche Endfassung wird laut Bergmann mit einigen wenigen Änderungen gegenüber der ursprünglichen deutschen Vornorm im Spätsommer als DIN EN 50521 erscheinen.
Endgültige Sicherheit fehlt
Doch ob die Norm helfen wird, ist für Christian Keilholz ungewiss: „Sicher wird die Mehrzahl der PV-Steckverbinder normenkonform produziert und auch von unabhängigen Prüfinstituten zertifiziert“, sagt der Experte, weist aber gleichzeitig auf ein in seinen Augen schwerwiegendes Manko hin: „Mit keiner der Prüfungen, weder mit denen der einschlägigen Modul- und Steckverbindernormen noch mit denen der hier besprochenen Vornorm, lässt sich eine Lebensdauer von mehr als 20 Jahren simulieren.“ Er vermisst Erfahrung in der Konstruktion und Fertigung von PV-Steckverbindern für den langjährigen Einsatz im Außenbereich. Die Firma Lapp greift zum Beispiel deshalb auf Materialien und Verfahren zurück, die schon seit vielen Jahren im Einsatz sind.
DKE-Referent Arno Bergmann zweifelt dagegen nicht an seiner Arbeit. Der Vornorm sei ja die Norm für Industriesteckverbinder zu Grunde gelegt, in der das „Langzeitverhalten für die elektrische Sicherheit voll berücksichtigt ist.“ Diese Tests hätten sich über einen längeren Zeitraum bewährt, so dass sie auch durch die Erfahrung begründet seien.
Auch Stefan Wendels bei der Firma Amphenol-Tuchel zuständig für Patente und Normung und gleichzeitig Obmann des DKE-Arbeitskreises für Steckverbinder in Photovoltaikanlagen hält die Bedenken nicht für begründet. „Allerdings können weitergehende Prüfungen dann sinnvoll sein, wenn an die PV-Steckverbinder erhöhte Anforderungen gestellt werden, wie beispielsweise beim Einsatz in Wüsten- oder Tropenregionen“, sagt er.
Darüber könnte bald ein Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE und des TÜV Rheinland Auskunft geben. Sie testen in verschiedenen Klimazonen der Erde Module im Freiland, um das tatsächliche Alterungsverhalten von Modulen über einen längeren Zeitraum zu ermitteln und mit Ergebnissen von beschleunigten Alterungstests zu vergleichen. Ein Zwischenergebnis (siehe photovoltaik 02/09) lässt vermuten, dass zumindest für Module selbst bei Einsatz in gemäßigten Klimata die üblichen Lebensdauertests nicht ausreichen.
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