Warum erarbeitet der Weltklimarat bis zum Ende des nächsten Jahres einen Sonderbericht über erneuerbare Energien?
Ich nehme an, dass die Leser von photovoltaikgroße Fans der erneuerbaren Energien sind. Es gibt aber auch Leute, die meinen, dass die erneuerbaren Energien überhaupt keinen großen Beitrag bringen. Denken Sie an die Debatte in Deutschland: Viele Ökonomen sind der Meinung, es sei völlig absurd, die erneuerbaren Energien zu fördern, wenn ein Emissionshandel bereits eingeführt ist. Einige fordern sogar, das Einspeisegesetz abzuschaffen. Brauchen wir über den Emissionshandel hinaus weitere Förderungsinstrumente für die Erneuerbaren? Darauf sollte der Bericht eine Antwort geben. Viele glauben, dass diese Frage schon geklärt ist, aber wenn man sich einmal die wissenschaftliche Literatur ansieht, ist doch die Bandbreite der Einschätzungen sehr, sehr weit, und ich denke, hier die Unsicherheiten ein bisschen einzuschränken, ist sinnvoll.
Wie wollen Sie das tun?
Wir werden alle erneuerbaren Energieträger von Wind, Solar, Ozeanenergie, Geothermie technisch bewerten und sehen, wie sie in das bestehende Energiesystem integriert werden können. Wir beschäftigen uns auch mit der Frage, wie hoch das Vermeidungspotenzial und die Vermeidungskosten der erneuerbaren Energien sind, wenn die Emissionen bis 2050 um 50 bis zu 60 Prozent reduziert werden sollen. Das Schlusskapitel beschäftigt sich mit der Frage, welches die Instrumente für die Politik sind, um den Erneuerbaren in diesem Portfolio einen angemessenen Beitrag zu ermöglichen.
Welche Ergebnisse erwarten Sie?
Was man in den meisten Szenarien sieht, ist, dass ambitionierte Emissionsminderung ohne die erneuerbaren Energien schlechterdings nicht möglich ist. Die Erneuerbaren werden auf jeden Fall einen hohen Anteil haben, das ist keine Frage. Und zwar interessanterweise unabhängig davon, ob man der Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff oder ob man der Kernenergie ein größeres Gewicht beimessen will. Die entscheidende Frage ist jedoch, wie stark die
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erneuerbaren Energien in der Lage sind, die Vermeidungskosten zu senken. Das ist jetzt Gegenstand der Diskussion unter den Autoren.
Welche Rolle spielt die PV bei den erneuerbaren Energien?
Auf lange Sicht zeigen die Szenarien sicherlich, dass die Photovoltaik eine große Rolle spielen kann. Sie wird einen bedeutenden Anteil im Energiemix haben. Vor allem nach 2020 traue ich ihr eine ganze Menge an Potenzial zu. Nach 2020 werden die CO2-Preise kräftig steigen. Und das begünstigt die erneuerbaren Energien, weil es sich lohnt, in den Ausbau der Kapazitäten zu investieren, und das führt zu einer erheblichen Kostensenkung bei den erneuerbaren Energien. Das heißt natürlich nicht, dass man mit den Investitionen bis 2020 warten sollte. Im Gegenteil, der Anteil der Erneuerbaren kann langfristig nur steigen, wenn heute schon investiert wird.
Sie haben in der vergangenen Zeit die Art der Förderung erneuerbarer Energien kritisiert.
Aber nicht in meiner Rolle als IPCC-Vorsitzender, sondern als Ökonom. Ich plädiere für Förderinstrumente, die einen hohen Anreiz haben, die besten Standorte für die Erneuerbaren zu finden. Und das heißt eben, Solarenergie hauptsächlich dort zu fördern, wo die Sonneneinstrahlung hoch ist, beispielsweise im Süden von Spanien die solarthermische Stromerzeugung. Man sollte dann darüber nachdenken, wie solche Förderinstrumente aussehen könnten.
Heißt das, dass die Förderung in Deutschland, so wie sie jetzt stattfindet, Ihrer Meinung nach ineffektiv ist?
Das Einspeisegesetz hat dazu geführt, dass die installierte Kapazität ausgebaut wurde. Daran kann es keinen Zweifel geben. Es ist aus meiner Sicht aber auch wichtig, einen Kostenwettbewerb zu erzeugen. Da kann man sehr wohl darüber nachdenken, ob es nicht effizientere Fördermöglichkeiten gibt. Das wollen wir jetzt im IPCC-Bericht herausfinden. Wir werden uns mit allen Fördermaßnahmen beschäftigen, nicht nur mit den Einspeisegesetzen, sondern auch mit Investitionen in die Forschung und Entwicklung, mit Technology Performance Standards und Quotensystemen. Der Vergleich wirdzeigen, wie gut die einzelnen Förderinstrumente abschneiden.
Momentan steht die PV-Industrie schon unter einem hohen Kostendruck. Ist es sinnvoll, den noch weiter zu verstärken?
Beim Klimaschutz geht es darum, dass wir die Emissionsminderung
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mit den niedrigsten Kosten erbringen. Alles andere wäre Verschwendung. Wenn eine Technologie zu teuer ist, wird sie vom Markt verdrängt. Klimaschutz kann ja nicht darin bestehen, dauerhaft bestimmte Technologien zu subventionieren.
Die Wirtschaftskrise belastet die Branche zusätzlich. Was sollte die Politik tun?
Die Konjunkturprogramme sind noch nicht „grün“ genug. Es wäre aus meiner Sicht beispielsweise sinnvoll, Demonstrationsprojekte bei den Erneuerbaren zu fördern, zum Beispiel solarthermische Stromerzeugung oder interessante und weiterführende Forschungsprojekte im Bereich der Photovoltaik. Ich glaube, dass in Konjunkturkrisen andere Instrumente erforderlich sind als in normalen Zeiten des Wirtschaftswachstums.
In den USA wird derzeit ein Achtel des Konjunkturprogramms in ökologische Bereiche investiert. Wie werten Sie das im Vergleich zu Deutschland?
Konjunkturprogramme müssen „green and clean“ werden. Das Konjunkturprogramm von Obama bewerte ich daher sehr positiv. Aber die gesamte G-20 sollte in Technologien investieren, die die Emissionen langfristig senken. Wenn wir das versäumen, sanieren wir zwar kurzfristig die Wirtschaft, ruinieren aber langfristig das Klima. Das wäre eine absurde Wirtschaftspolitik. Wir sind aber nicht dazu verdammt, diesen irrwitzigen Weg einzuschlagen. Wir können die Konjunktur stabilisieren, indem wir langfristig in nachhaltige Technologien investieren.
Haben die ökonomische und ökologische Krise etwas miteinander zu tun?
Ja. Beide haben eine gemeinsame Wurzel, es sind Nachhaltigkeitskrisen. Das Gebot der Nachhaltigkeit fordert: Handle so, dass du die Grundlagen deines Handelns nicht zerstörst. Der Bankensektor hat durch seine riskanten Spekulationen seine eigene Geschäftsgrundlage ruiniert. Zugleich zerstören wir die Funktionsfähigkeit unseres Erdsystems durch einen ungebremsten Ausstoß von Treibhausgasen. Wir müssen lernen, dass wir so wirtschaften, dass wir dabei nicht die Grundlagen unseres Wirtschaftens zerstören. Man kann es auch so ausdrücken: Auf der Titanic ist im Casino ein Brand ausgebrochen, die Stimmung ist schlecht. Trotzdem steuert die Titanic weiter auf einen Eisberg zu. Ein guter Kapitän wird beides tun, den Brand löschen und einen anderen Kurs einschlagen. Wir haben gar nicht die Wahl, entweder die Wirtschaftskrise zu meistern oder die Klimakrise – wir müssen beides tun.
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