Der Schreck am Morgen sitz tief: Das Handy ist leer! Abends spät nach Hause gekommen, vergessen, es aufzuladen – und jetzt müsste es dringend funktionieren. Normalerweise ein Riesenproblem. Doch heute ist alles anders. Denn heute werde ich sie ausprobieren – die Tasche mit Solarzelle. Mit der man Handys und dergleichen aufladen kann, bequem auf dem Weg zum ersten Termin.
Geheimfach im Deckel
Die Idee ist eigentlich recht simpel: In den Deckel der Tasche ist eine Solarzelle eingelassen, etwa zwei Handteller groß. Aus dem Deckel führt ein Kabel zu einer kleinen Zwischentasche. Dort eingenäht ist die Elektronik, die den Strom für das Telefon aufbereitet. Und aus diesem Geheimfach ragt ein zweites Kabel heraus, das in einem Stecker endet. Auf diesen Stecker muss nur noch ein Adapter für mein Telefon gesteckt werden, und los geht’s.
Zugegeben – ich habe diese Tasche kaum verwendet. Sie ist für meine Ansprüche ein wenig klein. Außerdem hat es gut ein halbes Jahr gedauert, bis die Firma eine funktionierende Elektronik einbauen konnte. Aber einen Versuch ist es wert. Hinaus also ins herbstliche Köln, einen Blick auf die Ladeanzeige des Telefons werfen und … Nichts tut sich.
Der Leser möge an dieser Stelle mal von seiner Lektüre auf- und durch das ihm nächstliegende Fenster in die Außenwelt blicken: Herbst ist Wolken- und Nebelzeit. Das hatte ich nicht bedacht.
Um die elektrischen Eigenschaften der Tasche nutzen zu können, muss aber die Sonne scheinen. Und der Weg zur Arbeit muss zu Fuß zurückgelegt werden – ein Umstand, der sicher der Gesundheit ihres Trägers förderlich ist. Zur Arbeit wird also gegangen. Möglichst mit der Tasche zur Sonnenseite – und auf den Arm achtgeben. Der darf die Solarzelle nicht verschatten. Sonst lädt da nichts.
Ich habe es ausprobiert, jetzt fällt es mir wieder ein: Bahnfahren – womöglich gar mit der U-Bahn – führt ebenfalls nur zu leeren Telefonen. Und über dem eigenen Haar oder der Solarzelle darf sich auch kein Busdachhimmel wölben, sonst ist das kleine, elektronische Terminkalenderchen bald leer und ohne Funktion.
Problem Nordlage
Aber auch der heutige Versuch, die Tasche durch konsequentes Ins-Büro-Gehen zum Laden des Telefons zu bewegen, bleibt erfolglos. Erst verhindert Hochnebel, dass sich ein Strom erzeugender Sonnenstrahl zur schwarzen Fläche auf dem Deckel der Tasche stiehlt. Und als dann doch die Sonne durchbricht, rächt sich die Tatsache, dass ich im Süden meines Büros wohne: Wie bei Häusern muss die Taschensolarzelle zur Sonne zeigen. Doch ich gehe nach Norden – die Tasche, an meiner Seite hängend, weist gen Osten. Und selbst das kurze Stück, auf dem im Sommer das Laden funktionierte, führt heute nicht zum Erfolg: hohe, gründerzeitliche Häuser hindern etwa seit Mitte September jeden Sonnenstrahl daran, das Pflaster zu erreichen.
Das nicht repräsentative Test-Fazit: Wer eine solche Tasche gewinnbringend einsetzen will, sollte es im Sommer tun. Oder er muss sichergehen, dass seine Wege vorzugsweise von Ost nach West führen oder umgekehrt. (Von einem Umzug ist allerdings abzuraten – eine betriebswirtschaftliche Analyse würde höchstwahrscheinlich ergeben, dass die Einsparungen die Kosten für den Umzug nicht zu Lebzeiten des Telefonbesitzers wieder einspielen würden.)
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