Energieflüsse und Netzkapazitäten, Lastprofile und Kosten – diese und viele weitere Parameter fließen in die Modellierung von Energiesystemen ein. Die Vorstellungen und Präferenzen der Bürger spielen dagegen in der Regel keine Rolle. Das führt mitunter zu Widerstand gegen den lokalen Erneuerbaren-Ausbau und andere Energiewende-Projekte.
Wie lässt sich das ändern? Das hat jetzt ein Forscherteam der ETH Zürich, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit (RIFS) untersucht.
In ihrem Projekt haben sich die Wissenschaftler damit beschäftigt, wie sich gesellschaftliche Präferenzen in die Planung zukünftiger Energiesysteme integrieren lassen. Ziel war es, technische und wirtschaftliche Analysen mit sozialen Faktoren zu verbinden, um realistischere Szenarien für den Umbau der Energieversorgung zu entwickeln. Die Studie ist hier abrufbar.
„Zwar werden Energiesystemmodelle ausgefeilter, detaillierter und zeigen, wie funktionierende und kostengünstige erneuerbare Energiesysteme aufgebaut werden können“, sagt Leitautor Tim Tröndle von der ETH Zürich – „aber sie bergen die Gefahr, irrelevante Ergebnisse zu liefern, weil sie die sozialen Faktoren ignorieren, die eine Entwicklung vor Ort einschränkt oder vorantreiben kann“
Die Einbeziehung solcher Faktoren könne den Forschern zufolge dazu beitragen, Energieszenarien zu entwickeln, die sowohl technisch machbar als auch gesellschaftlich tragfähig sind.
Niedrige Kosten haben nicht zwingend höchste Priorität
Die Forscher haben in ihrer Studie Daten aus Entscheidungsexperimenten in vier europäischen Ländern mit Energiesystemmodellen kombiniert. Das erlaubt Prognosen darüber, worauf Bürger bei der Gestaltung von Energiesystemen Wert legen.
„Interessant war etwa, dass Bürger tendenziell Solarenergie gegenüber Windkraft bevorzugen, auch wenn das aus Kostensicht nicht die erste Wahl wäre“, sagt Johan Lilliestam von der FAU. Hohen Wert messen sich auch einer dezentralen Energieversorgung mit geringeren Importabhängigkeiten bei – was durch die Invasion Russlands in die Ukraine noch verstärkt haben dürfte, mutmaßen Autorin und Autoren. Auch dafür sind sie bereit, Abstriche bei der Wirtschaftlichkeit zu machen.
Die Forscher leiten aus der Studie ab, dass ein Hinzuziehen von sozialen Daten die Ergebnisse der Modellierung von Energiesystemen grundlegend verändern könnte – auch weil Menschen eben nicht unbedingt kostenoptimale Lösungen bevorzugen.
Von dem erweiterten Ansatz könnten auch politische Entscheidungsprozesse profitieren, da sie dadurch besser auf gesellschaftliche Erwartungen abgestimmt werden, so die Wissenschaftler. Sie schlagen deshalb vor, Bürgerpräferenzen systematisch in nationale und regionale Planungsprozesse einzubinden – etwa durch repräsentative Befragungen oder Entscheidungsexperimente. Dies könne helfen, den Übergang zu einer klimaneutralen Stromversorgung demokratischer, effizienter und weniger konfliktreich zu gestalten.
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