EU-Ladeinfrastruktur: Ausbau weit hinter den Zielen

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Bis 2030 sollen in der Europäischen Union 3,5 Millionen öffentliche Ladepunkte für Elektroautos zur Verfügung stehen. Davon ist die EU derzeit weit entfernt: Laut einer aktuellen Analyse von Motointegrator und Datapulse Research sind aktuell rund 910.000 Ladepunkte in Betrieb.

Die Studie beziffert die aktuelle Zubaurate auf 150.000 Ladepunkte pro Jahr. Hielte dieses Tempo an, läge die EU 2030 bei lediglich 1,7 Millionen Ladepunkten. Tatsächlich wären jedoch rund 520.000 zusätzliche Ladepunkte jährlich nötig, um das Ziel zu erreichen. Der Verband der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) hält den Bedarf sogar für deutlich höher: Er geht von 8,8 Millionen Ladepunkten bis 2030 aus. Das entspräche einem jährlichen Ausbau von etwa 1,5 Millionen, wie es in der Studie heißt.

Deutschland mit vielen Ladepunkten, aber unter EU-Mittelwert

Deutschland strebt im Masterplan Ladeinfrastruktur II bis 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte an. Mit derzeit 181.000 Ladepunkten stellt das Land zwar die größte Zahl in Europa, liegt aber beim Verhältnis zur Bevölkerung unter dem EU-Durchschnitt.
Der Medianwert in Europa beträgt wie in der Schweiz 269 Ladepunkte pro 100.000 Einwohner. In Deutschland sind es 217. Österreich erreicht 666, Belgien, Luxemburg und Dänemark führen mit 938, 758 und 724 Ladepunkten pro 100.000 Einwohner. Am unteren Ende liegen Rumänien, Bulgarien und Estland mit 19, 28 und 30 Ladepunkten.

Beim Anteil der Schnelllader mit über 150 Kilowatt Ladeleistung liegt Deutschland über dem EU-Median. Laut Studie sind 15,9 Prozent der Ladepunkte hierzulande entsprechend leistungsfähig. Demgegenüber stehen 9,2 Prozent im EU-Mittel. Österreich erreicht 11,2, die Schweiz 8,2 Prozent. Spitzenreiter ist Norwegen mit 30,8 Prozent, gefolgt von Island (22,1 Prozent) und Finnland (17,9 Prozent). Die niedrigsten Werte verzeichnen Malta (2,1 Prozent), Niederlande (2,3 Prozent) und Zypern (3,2 Prozent).

Zersplitterter Markt

Die Betreiberlandschaft unterscheidet sich in Europa stark. In Dänemark teilen sich vier Unternehmen, Clever, E.on-Drive, OK a.m.b.a. und Spirii 68 Prozent des Marktes. In Deutschland hält EnBW mit elf Prozent den größten Anteil, während sich der Rest auf über 1.200 Betreiber verteilt. Die Studie spricht von einem „außergewöhnlich hohen Fragmentierungsgrad“ im europäischen Vergleich.

Größter Betreiber in Europa ist TotalEnergies mit 25.073 Ladepunkten, hauptsächlich in Belgien, den Niederlanden und Frankreich. Es folgen Vattenfall Incharge und Enel X. Das größte deutsche Unternehmen ist Eon Drive auf Platz 5 mit 16.002 Ladepunkten, vor allem in Dänemark und Schweden. Lidl spielt eine große Rolle: Mit 8.855 Ladepunkten zählt die Supermarktkette zu den zwölf größten Betreibern Europas – und betreibt mehr Ladepunkte als 15 Mitgliedstaaten, darunter Litauen, Slowenien und Rumänien.

Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur verzeichnet die Türkei mit 141,5 Prozent das höchste Wachstum, gefolgt von Estland (63,8 Prozent) und Litauen (49,1 Prozent). Norwegen (-6,4 Prozent), Spanien (-0,4 Prozent) und Malta (+5,2 Prozent) bilden das Schlusslicht.
Deutschland und Österreich legten zwischen 2023 und 2024 um 20,4 beziehungsweise 20,8 Prozent zu, die Schweiz um 25,4 Prozent.

Als Datenbasis für die Analyse zogen die Autoren die TEN-V-Datenbank heran und ergänzten die Daten mit Informationen von nationalen Regulierungsbehörden.

Die ganze Studie samt interaktiver Grafiken lässt sich hier nachlesen.

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