Planmäßiger Ausbau von Photovoltaik und Windkraft senkt Börsenstrompreise um bis zu 23 Prozent bis 2030

Solarpark mit Windrädern im Hintergrund und bei Sonnenuntergang

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Der „Realitätscheck für die Energiewende“, den die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) angekündigt hat, steht noch aus. Die Analyse „Erneuerbare Energien senken Strompreise unabhängig von der Nachfrage“, mit der Agora Energiewende die Analysten von Aurora Energy Research beauftragte, sollte dabei zumindest betrachtet werden. Im Kern geht es um Berechnungen, wie wirkt sich der weitere Zubau von Photovoltaik, Windkraft und anderen Erneuerbaren auf die Entwicklung des Börsenstrompreises aus. Es werden dabei zwei Szenarien verglichen.

Ergebnis der Analyse: „Der durchschnittliche Börsenstrompreis kann bis 2030 um bis zu 23 Prozent sinken, wenn die Bundesregierung am geplanten Ausbaupfad der erneuerbaren Energien festhält – verglichen mit einer Kappung der derzeitigen Ausbauraten für Wind- und Solarenergie um rund 45 Prozent.“ Dies gelte auch, wenn die Stromnachfrage 2030 geringer ausfällt als bislang angenommen, etwa weil es weniger Elektroautos oder Wärmepumpen in Deutschland geben wird.

Im ersten Szenario, das Aurora Energy Research berechnet hat, wird ein schneller Hochlauf von klimaneutraler Industrieproduktion, Elektroautos und Wärmepumpen angenommen, der in einem starken Anstieg des Strombedarfs bis 2030 mündet. Das zweite Szenario geht dagegen von einem niedrigeren Strombedarf aus. In beiden Szenarien falle der durchschnittliche Börsenstrompreis 2030 um 20 Euro pro Megawattstunde niedriger aus, wenn an den aktuell geltenden Ausbauzielen für Photovoltaik und Windkraft festgehalten werde. Diese sehen eine installierte Leistung von 215 Gigawatt für die Photovoltaik und 115 Gigawatt für die Windkraft an Land.

Im Szenario mit einem schwächeren Anstieg der Stromnachfrage auf 609 Terawattstunden und einer Drosselung der Ausbauziele von Photovoltaik und Windkraft um 45 Prozent bis 2030 ergibt sich ein Börsenstrompreis von rund 85 Euro pro Megawattstunde. Sollten die Zubauziele dagegen auf 157 Gigawatt Photovoltaik und 97 Gigawatt Windkraft an Land bis 2030 reduziert werden, würde der durchschnittliche Börsenstrompreis bei gleicher Stromnachfrage um rund 23 Prozent auf 65 Euro pro Megawattstunde sinken, so die Studie von Agora Energiewende. Das bedeute eine Entlastung der Stromverbraucher von 12 Milliarden Euro jährlich, wobei zusätzliche Ausgaben für die Förderung Erneuerbarer-Anlagen in Höhe von 7 bis 7,8 Milliarden Euro anfielen. „Somit erzielt umgerechnet jeder Euro, der aus dem Bundeshaushalt für die Förderung des Ausbaus Erneuerbarer Energien verwendet wird, eine Strompreissenkung von 1,60 Euro“, heißt es weiter.

Im Szenario mit einer Stromnachfrage von 708 Terawattstunde bis 2030 würde der Börsenstrompreis von 101 Euro auf 81 Euro pro Megawattstunde, also um 20 Prozent, sinken, wenn die Zubauziele erreicht werden. Daraus ergibt sich nach den Berechnungen eine jährliche Entlastung der Stromverbraucher von 14 Milliarden Euro sowie ein zusätzlicher Förderbedarf für neue Photovoltaik- und Windkraftanlagen pro Jahr zwischen 7,5 und 7,7 Milliarden Euro, verglichen mit einem schwächeren Erneuerbaren-Ausbau. Im Ergebnis würde dann jeder Euro an staatlicher Förderung eine durchschnittliche Strompreissenkung von rund 1,90 Euro je Megawattstunde erzielen.

„Der Ausbau der erneuerbaren Energien schafft die Grundlage für dauerhaft attraktive Strompreise, von denen alle profitieren: Unternehmen und private Haushalte. Die Bundesregierung sollte daher unbedingt am eingeschlagenen Ausbaupfad festhalten“, erklärte Markus Steigenberger, Geschäftsführer der Agora Think Tanks. „Staatliche Zuschüsse, wie die Absenkung der Stromsteuer und Netzentgelte, sind angesichts der gestiegenen Kosten infolge der fossilen Energiepreiskrise zwar durchaus sinnvoll.“ Mittel- und langfristig würden sich jedoch Investitionen in Erneuerbaren-Anlagen mehr lohnen, um den Strompreis dauerhaft zu senken.

Der Merit-Order-Effekt an der Strombörse sei wesentlich für die berechneten Preisvorteile des Erneuerbaren-Ausbaus für Stromkundinnen verantwortlich. Die Erneuerbaren verdrängen dabei mit ihrer vermehrten Einspeisung die fossilen Gas- und Kohlekraftwerke, die teurer und beim Merit-Order-Effekt oftmals preissetzend sind. Nach der Agora-Analyse hätten die Stromnetzkosten dabei keine Auswirkungen auf die Strompreise – unabhängig vom Ausbautempo der Erneuerbaren bis 2030. Wegen der langen Planungs- und Realisierungsfristen seien die Netzkosten für die nächsten Jahre bereits weitgehend festgelegt.

„Die Diskussion über eine Reduktion der Erneuerbaren-Ausbauziele verkennt das eigentliche Problem“, sagt Markus Steigenberger. „Denn die aktuell stagnierende Stromnachfrage ist in erster Linie auf eine schwache Konjunktur und Versäumnisse beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien in den Bereichen Gebäude und Verkehr zurückzuführen.“ Doch gerade in diesen Sektoren seien günstige Strompreise die Voraussetzung dafür, dass sich für Verbraucher der Umstieg auf Elektroautos und Wärmepumpen lohnt.

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