Batteriespeicher: Schlüsseltechnologie auf dem Weg zur Netzintegration?

Stromnetz, Sonnenuntergang, Pixabay

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Die Energietransformation erfordert einen grundlegenden Umbau der Energieversorgung. Das spiegelt sich insbesondere in einer Neuausrichtung der Stromversorgung wider: Weg von zentralen, fossilen Strukturen – hin zu einer dezentralen, erneuerbaren und flexiblen Versorgung. Das bedingt einen Systemumbau auf mehreren Ebenen. Die Erzeugung muss den steigenden Strombedarf decken und Netze müssen ertüchtigt werden, um Transport über größere Strecken und gestiegene dezentrale Auslastung zu ermöglichen. Batteriespeicher können dabei eine Schlüsselrolle einnehmen: Sie können schwankende Einspeisung ausgleichen, Netze entlasten, Versorgungssicherheit schaffen und bei der Teilnahme am kurzfristigen Börsenhandel (Day-Ahead oder Intraday) stark ansteigende Preise in Zeiten schwacher Photovoltaik- und/ oder Windstromerzeugung dämpfen helfen. Ihre Netzintegration ist hingegen rechtlich und wirtschaftlich anspruchsvoll.

Tatsächlich ist die Frage der (rechtlichen) Anschlusspflicht nach § 17 Abs. 1 EnWG auch nicht mehr das Hauptproblem. Problematisch wird immer mehr die (technisch) fehlende Netzkapazität sowohl für Einspeisungen wie für Entnahmen. Trotz gesetzlicher Vorgaben zur Netzplanung und ausdrücklich genannter Ablehnungsvoraussetzungen bestehen in der Praxis Unsicherheiten. Zwar ist eine pauschale Ablehnung mit Hinweis auf Kapazitätsengpässe regelmäßig unzulässig. Ist aber die Kapazität des Netzes (oder des Netzverknüpfungspunkts) nicht ausreichend, hilft dies dem Anschlusspetenten kaum weiter. Fehlende verbindliche Fristen, uneinheitliche Kriterien bei der Kapazitätsvergabe und die uneindeutige Behandlung von Baukostenzuschüssen stellen Investitionshemmnisse dar.

Flexible Netzanschlussvereinbarungen

Eine vielversprechende Lösung zur Erleichterung der Netzintegration von Batteriespeichern bietet § 17 Abs. 2b EnWG, der erstmals flexible Netzanschlussmodelle gesetzlich absichert. Die Differenzierung zwischen statischen, dynamischen und volldynamischen Leistungsbegrenzungen eröffnet so neue technische Spielräume. Für Anlagen im Sinne des EEG und Speicher am selben Netzverknüpfungspunkt regelt § 8a EEG flexible Netzanschlussvereinbarungen. Diese erlauben eine Überbauung der Netzkapazität und den gemeinsamen Betrieb mehrerer Anlagen („cable pooling“). So wird ein zentrales Problem der Energiewende adressiert: der Engpass beim Netzanschluss. Gerade in netzkapazitätsschwachen Regionen können solche Vereinbarungen Speicher zügiger und kostengünstiger ans Netz bringen – vorausgesetzt, Netzbetreiber und Anschlussnehmer einigen sich auf praktikable und technisch belastbare Regelungen. Der Speicherbetreiber muss dabei sicherstellen, dass Einspeisung und Entnahme innerhalb der vereinbarten Grenzen erfolgen.

Die „BESS-Branche“ begrüßt diesen Schritt und erhofft sich mehr Standortoptionen, schnellere Netzanschlüsse und eine flexiblere, wirtschaftlichere Integration von Batteriespeichern. Aber auch Netzbetreiber können damit gut umgehen. Können sie doch so Anschlussbegehren besser koordinieren. Dadurch profitieren Batteriespeicher mehrfach: Ihre Anschlussfähigkeit an wirtschaftlich sinnvollen Standorten wird verbessert, auch wenn die Netzkapazität eigentlich ausgeschöpft ist. Das fördert neue Geschäftsmodelle für hybride Speicherlösungen.

Trotzdem bleibt der Regelungsrahmen unausgereift. Es fehlt an klaren verfahrens­rechtlichen Leitlinien, um rechtliche Unsicherheiten auszuräumen. Ob sich flexible Modelle flächendeckend durchsetzen, hängt vom bilateralen Einvernehmen ab. Unklar ist weiterhin, wie die Bundesnetzagentur ihre Abweichungskompetenz nach § 17 Abs. 7 EnWG nutzen wird. Zudem fehlen Vorgaben für eine diskriminierungsfreie Anschlussvergabe in Engpassregionen, etwa bei der Anwendung des „first come, first served“-Prinzips oder dem Umgang mit gescheiterten Reservierungen – vergleichbar mit der Problematik, die zur KraftNAV führt.

Baukostenzuschüsse

Ein Dauerbrenner im Bereich des Netzanschlusses von Batteriespeichern bleibt der Baukostenzuschuss (BKZ), der Speicherbetreiber weiterhin finanziell belastet. Anknüpfungspunkt ist hierbei eine Einordnung von Batteriespeichern als (bloße) Letztverbraucher. So hatte die Bundesnetzagentur die Erhebungen von Baukostenzuschüssen uneingeschränkt als zulässig angesehen, ohne dabei allerdings die netzdienlichen Funktionen von Batteriespeichern bei der Einspeisung von Strom hinreichend zu würdigen. Das OLG Düsseldorf widersprach dem in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 2023 (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.12.2023 – 3 Kart 183/23): Die pauschale Einordnung verkenne die Doppelfunktion von Batteriespeichern. Dennoch hält die Bundesnetzagentur in ihrem Positionspapier vom 20. November 2024 an der bisherigen Praxis fest, Batteriespeicher bei der Einspeicherung als Letztverbraucher zu behandeln, wodurch Baukostenzuschüsse in voller Höhe verlangt werden können. Die daraus resultierenden Kosten treffen vor allem Projekte im Verteilnetz schwer und hemmen Investitionen in regionsübergreifender Weise. Zwar wurde das Leistungspreismodell zur BKZ-Berechnung leicht angepasst – ein Fünfjahresdurchschnitt soll Preisspitzen glätten –, doch strukturelle Entlastungen bleiben aus. Neue Rabattregelungen mit bis zu 80 Prozent Ermäßigung gelten nur in bestimmten Übertragungsnetzgebieten, wodurch sich ein verzerrter Anreiz zulasten des Verteilnetz­ausbaus ergeben dürfte.

Ungeklärt bleibt zudem die Abgrenzung zur KraftNAV: Obwohl § 8 Abs. 3 KraftNAV Baukostenzuschüsse für Erzeugungsanlagen ausschließt, ist offen, ob und wann Speicher darunterfallen – insbesondere im Hinblick auf die 100-Megawatt-Schwelle und ihre Anwendung auf Gesamtanlage oder einzelne Speicherblöcke.

Fazit und Ausblick

Batteriespeicher sind für Netzstabilität, Versorgungssicherheit und Integration erneuerbarer Energien entscheidend. Trotz der aufgezeigten Fortschritte bestehen erhebliche Unsicherheiten: Es fehlen bundeseinheitliche Verfahren, verbindliche Fristen für Netzanschlussanträge und rechtsklare BKZ-Regelungen. Die uneinheitliche Erhebung von Baukostenzuschüssen führen zu finanziellen Risiken und Fehlanreizen bei der Standortwahl – Speicher werden dort gebaut, wo der Baukostenzuschuss am geringsten ist, nicht dort, wo das Netz sie am dringendsten benötigt. Eine höchstrichterliche Klärung durch den BGH steht noch aus. Das wiegt schwer. Es ist unübersehbar, dass für die beidseitig bestehenden berechtigten Interessen wirtschaftlich belastbare Lösungen gefunden werden müssen.

Um den Hochlauf von Speicherprojekten effektiv zu fördern, ist daher ein kohärenter, speicherfreundlicher Rechtsrahmen unerlässlich. Verbindliche Fristen und klare Kriterien für Netzanschlussverfahren, insbesondere bei knappen Kapazitäten, sind ebenso erforderlich wie eine rechtsverbindliche und netzdienliche Reform der BKZ-Erhebung.

Ein Papier der Arbeitsgruppe 15 „Klima und Energie“ vom 24. März 2025 lässt hoffen: Speicher sollen gezielt dort angesiedelt werden, wo sie dem Netz nutzen und zudem gesetzlich als „im überragenden öffentlichen Interesse“ eingestuft werden. Speicher, die mit privilegierten Erneuerbaren-Anlagen verbunden sind, sollen ebenfalls von diesen Vorteilen profitieren. Geplant sind auch steuerliche Entlastungen. Zudem soll die regionale Nutzung von abgeregeltem, sonst ungenutztem Strom erleichtert und ein verlässlicher Investitionsrahmen geschaffen werden. Ziel sei eine marktorientierte Refinanzierung erneuerbarer Energien und Speicher. Ob diese Vorhaben in der Praxis greifen, bleibt offen – einige Punkte sind interpretationsbedürftig. Klar ist jedoch: Ohne eindeutige Regeln bleibt das Potenzial von Batteriespeichern ungenutzt.

Über die Autoren

Boris Scholtka

Boris Scholtka: Partner und Rechtsanwalt bei Addleshaw Goddard und Leiter der Energierechtspraxis in Deutschland. Er berät im deutschen und europäischen Energie-, Regulierungs- und Kartellrecht. Seine Expertise erstreckt sich über den gesamten Strom- und Gasmarkt, wobei er sich insbesondere auf Bereiche wie Erzeugung, erneuerbare Energien, Handel und Fernwärme konzentriert.

Franziska RotheFranziska Rothe: Rechtsanwältin bei Addleshaw Goddard. Sie berät Unternehmen in allen Fragen des Energie- und Regulierungsrechts. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Energiewirtschafts- und Vertragsrecht sowie in der Prozessführung und Schiedsgerichtsbarkeit.

Marija KrstanovicMarija Krstanović: Rechtsanwältin bei Addleshaw Goddard. Ihr Schwerpunkt liegt auf Energiewirtschafts-, Regulierungs- und Vertragsrecht sowie Prozessführung und Schiedsgerichtsbarkeit.

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