In die Forderung nach einer Erneuerung der bauaufsichtlichen Zulassung für Photovoltaik-Module größer als zwei Quadratmeter ist seit Oktober 2023 Bewegung gekommen. Mit der Aufnahme der Drei-Quadratmeter-Regel in die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBT) ebnet die Politik den Weg für Rechtssicherheit bei der Installation größerer Module auf Dächern in Deutschland, schafft Raum für Wettbewerbsfähigkeit und kommt damit auch den Bedürfnissen des Marktes nach. Ein Überblick über die Situation in den einzelnen Bundesländern.
Bisher hatten Solarmodule mit einer Einzelfläche von mehr als zwei Quadratmetern für Dächer mit bis zu 75 Grad Neigung keine baurechtliche Zulassung. Für Installationen dieser Art war eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung notwendig, die komplex und zeitaufwendig ist. Die Grundlage dieser Bestimmung ist in der MVV TB des Deutschen Instituts für Bautechnik festgehalten, die wiederum als Grundlage für die Umsetzung in Landesrecht dient.
Im Oktober 2023 erneuerte das DIBT die entsprechende Vorschrift und erhöhte die zulässige Einzelfläche für Solarmodule mit mechanisch gehaltenen Glasdeckflächen auf bis zu drei Quadratmeter. Einige Bundesländer sind der Neuregelung inzwischen gefolgt, darunter Hessen, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, und haben ihre Landesbauordnungen (LBO) angepasst. Demnächst folgt dann auch Baden-Württemberg. Die Mehrheit der übrigen Bundesländer plant noch bis Ende des Jahres die neue Drei-Quadratmeter-Regel in Landesrecht umzusetzen.
Drei-Quadratmeter-Regel erhöht die Wettbewerbsfähigkeit und setzt den Rahmen für eine schnellere Umsetzung der klimapolitischen Ziele
Die Novellierung der MVV TB war ein wichtiger und längst überfälliger Schritt. Installateure können damit größere Module für Photovoltaik-Dachanlagen rechtssicher verbauen. Die Produktvielfalt nimmt zu und Installateursbetriebe sind noch besser in der Lage, das richtige Produkt für das jeweilige Dach und die individuellen Bedürfnisse zu wählen.
Neue Standardisierungen, etwa bei der Wafer-Größe, auf dem weltweiten Photovoltaik-Markt führen häufig zu einer entsprechenden Veränderung der Modulgrößen. Erst im August 2023 haben sich namhafte Photovoltaik-Hersteller, darunter azcg Longi, auf eine neue Standardabmessung für Module und rechteckige Wafer geeinigt. Vor diesem Hintergrund war und ist es wichtig, auch in Deutschland die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen zu setzen, um in Europa und global wettbewerbsfähig zu bleiben. Vereinheitlichungen und neue Standards stellen für die Photovoltaik-Branche ein wichtiges Instrument dar, um Kosten zu reduzieren und Risiken zu senken. Von den niedrigeren sogenannten Stromgestehungskosten (LCOE) profitieren dann auch Anbieter und Kunden. Solarenergie ist im Vergleich zu vor 10 Jahren zur günstigsten und damit erschwinglichsten Energiequelle avanciert. Sie ist ein wichtiger Hebel für eine sozial gerechte Energiewende. Gleichzeitig ist eine weitere konsequente Steigerung der Zubauraten im Solarbereich notwendig, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen.
Hohe Leistungsklassen sind beliebt – doch die Frage nach der Effizienz bleibt
Zuletzt ist die Nachfrage nach höheren Leistungsklassen regelmäßig gewachsen. Die werden zum einen aus technologischer Sicht über die Zell- und Moduleffizienz erreicht, zum anderen über die schiere Größe der Wafer und damit Module. Doch auch hier gibt es Grenzen, vor allem in physischer Hinsicht. Die Nutzung sehr großer Module auf geneigten Dächern kann einschränkend sein. Ein Großteil der Installateure erledigt die Montage weiterhin mit reiner Muskelkraft – ohne den Einsatz von zusätzlichem Gerät. Im Idealfall sollten Module daher hinsichtlich Größe und Gewicht für die Montage durch eine Person geeignet sein, insbesondere bei Aufdachkonstruktionen mit steiler Neigung. Bestand hat weiterhin: Nicht ausschließlich die Größe eines Moduls ist wichtig, sondern seine Effizienz. Der Wirkungsgrad eines Solarmoduls bezieht sich auf seine Fähigkeit, Sonnenlicht in Strom umzuwandeln. Es gibt kleinere Solarmodule, die einen höheren Wirkungsgrad haben und somit mehr Watt pro Quadratmeter liefern als größere Module.
In der Juni-Ausgabe des pv magazine Deutschland haben wir uns auch mit der neuen Regelung eingehender befasst. Lesen Sie dazu den Artikel „Drei-Quadratmeter-Module aufs Dach“ (nur für Abonnenten)
Übersicht zur Umsetzung der Drei-Quadratmeter-Regel in den Bundesländern
Knapp neun Monate nach der Novellierung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen und der Musterbauordnung (MBO) des DIBT blicken wir auf die Bundesländer und den Stand der Entwicklungen bei der Einführung der neuen Regelung. Die nachfolgende Auflistung ist das Resultat der Rückmeldungen aus den jeweiligen Landesbehörden. Mit Ausnahme von einem Bundesland, Schleswig-Holstein, haben alle Bundesländer entweder die Einführung bereits abgeschlossen oder geplant. Vier Bundesländer, Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, haben die neue Bestimmung bereits zügig umgesetzt. Baden-Württemberg plant die Einführung Ende Juni 2024. Damit wären flächenmäßig rund 70 Prozent des deutschen Marktes bereits abgedeckt. Sieben Bundesländer richten ihre Umsetzung an der aktuell laufenden Anpassung des MVV TB 2024/1 aus und planen sie bis zu drei Monate nach der Veröffentlichung. Nach erfolgreicher Notifizierung der Änderungen der MVV TB 2024/1 nach der Richtlinie (EU) 2015/1535 würde die Veröffentlichung spätestens im Herbst erwartet, teilte das DIBT mit. Alle weiteren gaben an, die Regelung noch 2024 in Landesrecht umsetzen zu wollen, mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt, das sich die Möglichkeit der Umsetzung bis zum 2. Quartal 2025 offenhält.
Tabelle der Bundesländer und Stand zur Umsetzung der Drei-Quadratmeter-Regel
(Stand, 30.5.24 – Alle Angaben sind ohne Gewähr da sie regelmäßigen Veränderungen durch die Behörden unterliegen.)
Bundesland | Landesbauordnung | Umsetzung der 3qm-Regel |
Baden-Württemberg | Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO)
| geplant für Ende Juni 2024 |
Bayern | Bayerische Bauordnung (BayBO)
| im November 2023 umgesetzt |
Berlin | Bauordnung für Berlin (BauO Bln) | geplant für 2024 nach VÖ der neuen MVV TB 2024/1
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Brandenburg | Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) | geplant für 2024 nach VÖ der neuen MVV TB 2024/1
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Bremen | Bremische Landesbauordnung | geplant bis März 2025
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Hamburg | Hamburgische Bauordnung (HBauO) | geplant für 2024 nach VÖ der neuen MVV TB 2024/1
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Hessen | Hessische Bauordnung (HBO) | umgesetzt im August 2023
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Mecklenburg-Vorpommern | Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) | geplant für 2024 nach VÖ der neuen MVV TB 2024/1
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Niedersachsen | Niedersächsische Bauordnung (NBauO) | umgesetzt im Dezember 2023
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Nordrhein-Westfalen | Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen | umgesetzt im März 2023
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Rheinland-Pfalz | Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO) | geplant zwischen August und Oktober 2024
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Saarland | Saarländische Landesbauordnung (LBO) | geplant für 2024 nach VÖ der neuen MVV TB 2024/1
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Sachsen | Sächsische Bauordnung | geplant für 2024 nach VÖ der neuen MVV TB 2024/1
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Sachsen-Anhalt | Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BauO LSA) | geplant für 2024, ggfls. 2025, nach VÖ der neuen MVV TB 2024/1
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Schleswig-Holstein | Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein (Landesbauordnung – LBO) | offen
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Thüringen | Thüringer Bauordnung (ThürBO) | geplant für 2024
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— Der Autor Stephan Krauss ist Sales Manager bei Longi Solar DG in Deutschland. —
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Wo bitte soll das in NRW umgesetzt worden sein?
Im letzten Jahr sind die Abstände zu Brandwänden geklärt worden, die 2qm-Regel steht aber immer noch in den maßgeblichen Technischen Baubestimmungen!
Eine Frage: Bei Rheinland-Pfalz steht „geplant zwischen August und Oktober 2023“ Ist das ein Schreibfehler und es soll „2024“ heißen?
Danke für ein Klärung.
Danke für den Hinweis. Es ist korrigiert auf 2024.
Danke für die Übersicht. Es besteht noch Hoffnung, daß Politik Probleme erkennt und Mißstände beseitigt. Ich bin positiv überrascht!
Hier der Link für NRW : https://www.kommunen.nrw/informationen/mitteilungen/datenbank/detailansicht/dokument/erleichterungen-fuer-pv-module-mit-mechanisch-gehaltenen-glasdeckflaechen-mit-einzelglasflaechen-bis-3-1.html#:~:text=Nrn.,im%20Zusammenhang%20mit%20PV%2D%20bzw
Super Regelungen die unsere Politiker da wieder treffen auf dem Rücken unserer Mitarbeiter. Bei den meisten Hausdachanlagen ist es nicht möglich die Module mit einem Kran zu legen. Und wenn es möglich wäre müssten die Module mindestens viermal so groß sein damit man die wirtschaftlich mit dem Kran verlegen kann. So braucht man halt zwei Mitarbeiter mehr für die selbe Arbeit was eine Solaranlage dann so langsam nicht mehr rentabel macht für die meisten Kunden.
Zusätzlich kommt hinzu das mit größeren Modulen auf Dachflächen die nicht rechtwinklig sind oft weniger Leistung installiert werden kann wie mit kleineren Modulen. Extrem wird es wenn noch Dachfenster verbaut sind. Da kann es schnell mal sein das zwei Platten mit 450W nicht passen während es mit 300W Panelen nur eins gewesen wäre.
Sehe da jetzt kein Problem. Die Betriebe sind ja nicht dumm. Wenn größere Panels mehr Arbeitsaufwand bedeuten werden die dann halt nicht verplant. Die Erlaubnis führt zu mehr Flexibilität, nicht weniger. Man kann doch nicht ernsthaft glauben das unter 2qm Panels jetzt verschwinden nur weil Deutschland größere erlaubt.
Sieh es doch als weitere Option an, die den Freiheitsgrad weiter steigert. Niemand wird gezwungen große Module zu verbauen. Man kann Aufträge auch ablehnen oder einfach mit besseren Argumenten überzeugen.
Einerseits ist der Solarteur, wenn sich die Anlage für den Kunden nicht rechnet, schlicht zu teuer.
Andererseits bleibt bei den Modulen vermutlich langfristig eher keine Wahl, aus Gründen der Skalierung wird es ein Mainstream-Format geben. Wenn dies dann 3qm groß ist, wird tatsächlich nur noch zu zwei gearbeitet werden können. Aber das ist heute bereits üblich weil sinnvoll.
Bei unserer Dachfläche (nicht ganz 4*4 m Dachgaube) erreiche ich mit den größeren Modulen eine bessere Flächenausnutzung und Leistung als mit den kleineren. Platz ist für 6 Stück, die jeweils drei 24 Jahre alte 110 Watt-Module ersetzen.
Ich glaube es ist eher eine Frage, ob man es darf oder nicht. Man findet immer mehr Module, besonders für Balkonkraftwerke Komplettangebote, die 500Wp oder so haben. Diese Module sind größer als 2qm und durften bislang nicht ans Haus geschraubt werden. Jetzt darf man das. Es passt damit eigentlich auch zu den neuen VDE Richtlinien mit ihren 800W AC und 940Wp (oder so ähnlich) für Balkonkraftwerke.
Hätte man die Regel nicht einfach komplett streichen können?
Mindestens ist das ein Beweis, dass die alte 2 Quadratmeter-Grenze unsinnig war und wohl nur wegen früheren Modulgrößen so festgelegt wurde.
Hier geht es jetzt um bauaufsichtliche Fragen – Arbeitsschutz und daraus resultierende Gewichtsgrenzen werden woanders behandelt.
Habe NRW nicht auf demSchirm mit 3qm Regelung.
Teil B bleibt unverändert.
Die Erweiterung auf 3qm wird uns eine großen Schritt weiter bringen. Vielen Dank daher einerseits. Andererseits suggeriert der Artikel, dass die 3 qm-Regelung bereits veröffentlicht sei, was aber nicht der Fall ist. Die Erweiterung wurde im Oktober 2023 in die „Anhörung zur MVV TB – Ausgabe 2024/1“ übernommen. Der Anhörungszeitraum endete zwar Ende 2023. Bisher ist die Novelle jedoch nicht veröffentlicht. Nach meinem Verständnis stützen sich viele Bundesländer auf die aktuellste veröffentlichte Fassung. Daher wäre bei Veröffentlichung mit kurzfristiger Umsetzung zu rechnen.
https://www.dibt.de/de/wir-bieten/technische-baubestimmungen
https://www.dibt.de/de/aktuelles/meldungen/nachricht-detail/meldung/anhoerung-nachtrag-muster-verwaltungsvorschrift-technische-baubestimmungen-ausgabe-20241
Leider sind vor dem Hintergrund zentrale Aussagen in Ihrem Artikel nicht richtig.